Bochum.. Beim Bochumer Konsumverein konnten Arbeiter Lebensmittel günstig einkaufen. Das Aufkommen der Supermärkte bedeutete das Ende für die “Wohlfahrt“.

„Ich bin doch nicht die Wohlfahrt!“ – Ältere kennen diesen Satz noch, der einst immer dann kam, wenn einer „nichts zu verschenken“ hatte. Was kaum noch jemand weiß, ist, dass mit der „Wohlfahrt“ – jedenfalls im Ruhrgebiet – nicht unbedingt die staatliche Fürsorge gemeint war, sondern der gleichnamige Konsumverein aus Bochum.

Blick in die Stadtgeschichte

Vieles, was einmal in Bochum war, ist inzwischen vergessen. Aber manches wissen die alten Bochumer noch von früher. Und die jungen sind neugierig, es zu erfahren.Mit „Bochum historisch“ wirft die WAZ einen Blick in die Stadtgeschichte. Unter dem Motto „So sah Bochum einmal aus“ werden verschwundene und noch sichtbare Gebäude besucht.Alle bisherigen Folgen finden Sie in dieser Übersicht.Wegen des großen Anklangs, den die Reihe findet, ist „Bochum historisch“ im Herbst 2016 auch als Buch im Klartext-Verlag erschienen. ISBN: 978-3-8375-1674-6; 12,95 Euro.Übrigens: Jürgen Boebers-Süßmann, der Autor von "Bochum historisch", ist auch auf Facebook.

Die zwischen 1914 und 1916 errichteten Gebäude des auch „Roter Konsum“ genannten Konsumvereins an der Königsallee sind heute, gut renoviert, als Gewerbepark Ehrenfeld erhalten. Die „Wohlfahrt“ hatte von hier aus ihr umfangreiches Vertriebsstellennetz aufgebaut, das die Arbeiter und Bergleute mit günstigen Lebensmitteln und Haushaltswaren versorgte.

Produkte sollten für die arbeitende Bevölkerung günstiger sein

Ende des 19. Jahrhunderts waren die demokratisch organisierten Konsumgenossenschaften aufgekommen: Erstens wollte man durch den Großeinkauf beim Produzenten, unter Ausschaltung des verteuernden Zwischenhandels, die Einkaufspreise senken, so dass die Produkte für die arbeitende Bevölkerung günstiger wurden.

Zweitens sollte die Abhängigkeit der unternehmenseigenen Konsumanstalten abgebaut werden; u.a. unterhielten die Krupp-Werke ein Lebensmittel- und Haushaltsvertriebssystem, so einen „Konsum“ in der Hordeler Kappskolonie, wo nur werksangehörige Familien einkaufen durften.

Wuchtige Gebäude stehen heute noch

Der „Konsumverein Wohlfahrt GmbH Bochum“ entstand 1912. Nach Plänen des Architekten Heinrich Schmiedeknecht wurden zunächst das fast 100 Meter breite Lager- und Betriebsgebäude sowie das Verwaltungsgebäude an der Königsallee errichtet.

Nach dem Ersten Weltkrieg entstand neben der Verwaltung ein Wohnblock mit Dienstwohnungen, dem als letzter Bauteil 1927 noch das Ladengebäude folgte. Wenn man heute aus der Innenstadt über die Königsallee in Richtung Außenring spaziert, kann man dieses wuchtige Gebäude auf sich wirken lassen.

Erste Blüte in der Weimarer Republik

Eine erste Blüte hatte der Bochumer Konsumverein während der Weimarer Republik; bis 1925 wuchs die Zahl der Mitglieder auf 38.000, die in 113 Vertriebsstellen einkaufen konnten. Wie andere Genossenschaften wurde auch die „Wohlfahrt“ in der NS-Zeit „gleichgeschaltet“ und in die DAF Deutsche Arbeitsfront überführt.

Nach dem Krieg folgte die Neugründung und ein Anwachsen der Organisation auf bis zu 44.000 Mitglieder. Als die Supermärkte und Discounter mehr und mehr aufkamen, ging es mit der „Wohlfahrt“ zu Ende. 1962 von der Konsumgenossenschaft Dortmund-Hamm übernommen, gelangten beide 1969 in die Dortmunder COOP, die bald zahlreiche Verkaufsstellen und auch die alte Bochumer Zentrale aufgab.