Bochum. Einen Ausflug in luftige Höhen haben zehn WAZ-Leser im Rahmen unserer Sommerserie „WAZ öffnet Pforten“ unternommen. Es ging hinauf auf den Turm von St. Peter und Paul, der höchsten Kirche Bochums. Propst Michael Ludwig informierte über die lange Geschichte des Gotteshauses.

Bei dieser Frage muss Michael Ludwig passen. Der Propst der Pfarrei St. Peter und Paul kann viele, fast alle Fragen beantworten, die „seine“ Kirche betreffen. Aber die Namen der sechs Glocken, die die Messen ebenso ankündigen wie Kirchfeste und natürlich die Zeit, hat er nicht parat. „Ich habe intensiv gesucht“, sagt er. Diese Namen herauszubekommen gestaltet sich aber offensichtlich deutlich schwieriger, als unfallfrei den Kirchturm zu besteigen.

Dass das durchaus anspruchsvoll ist, davon machten sich an diesem Donnerstag zehn WAZ-Leser eigenständig ein Bild.

Festes Schuhwerk, schwindelfrei, ein wenig Dreck an Händen und Füßen und vielleicht an Hemd, Pullover oder Bluse akzeptieren. Es gibt keinen anderen Termin bei „Die WAZ öffnet Pforten“, wo man so vorbereitet sein muss. Das aber lohnt. Da sind sich alle einig. „Man kommt ja sonst nicht so einfach den Turm hinauf“, sagt Reinhard Pipper (64), ein ehemaliger Feuerwehrmann, der den Turm der Propsteikirche schon einmal hoch ist. Als Feuerwehrmann. Seine Frau hat ihn überrascht mit dem erneuten Besuch des Kirchturms der höchsten Kirche Bochums.

Leere Vitrinen in der Schatzkammer

Warum sie es ist, hat Michael Ludwig den WAZ-Lesern bereits vor der Kirche erzählt. Als kleine Einführungsrunde klärte er kurz darüber auf, warum die umliegenden Straßen so heißen wie sie heißen. Die Beckstraße, „weil hier die Becke floss“, die Bleichstraße, „weil hier die Gerber saßen und ihre Felle gebleicht haben“. Und das mit der Höhe hat auch einen einfachen Grund: „Es war halt sehr lange gegen Strafe verboten, eine andere Kirche höher zu bauen.“

Dann geht es auch schon hinein in die bei diesen hochsommerlichen Temperaturen angenehm kühle Kirche. Es bleibt jedoch nicht lange so schweißfrei. Eine enge Wendeltreppe hinauf geht es bis zur ersten Plattform. „Hier hat es früher die Schatzkammer der Kirche gegeben“, sagt Ludwig. Davon übrig geblieben sind leere Stellkästen und Vitrinen. „Wir hatten halt immer mal wieder Wasserschäden hier“, sagt Ludwig. „Da war es besser, die Schätze anderweitig unterzubringen.“

Dass sie fehlen, stört nicht, weil es so viel zu entdecken gibt. Eine schmale Treppe höher können die Besucher von oben auf die Kuppeln der Kirche blicken. Hier oben, fast 40 Meter über dem Kirchenboden, blickt man auf wenig hübsche Schamott-Steine. „Da kann man nicht drauf“, sagt Ludwig. „Wenn man es machen würde, hätte man seine persönliche Himmelfahrt.“ Es ginge hinunter in die Kirche. Darauf hat keiner Lust.

Eher darauf, noch höher zu steigen. Es wird steiler, auch staubiger. WAZ-Leser sind häufiger hier als Putzfrauen. Das wären in unmittelbarer Hörweite der Glocken allerdings auch unhaltbare Arbeitszustände. Propst Ludwig lässt drei mal Probe halber anklingen. Das ist LAUT. „Wenn die alle läuten“, sagt WAZ-Leser Herbert Bredenbröker (74), dann merken sie das auch draußen auf dem Kirchturm. Dann vibriert alles.“ Er hat es erlebt und kann sich erinnern. „Vor 60 Jahren habe ich eine Lehrer zum Dachdecker gemacht. Da war ich draußen auf dem Dach und habe Schieferplatten ausgetauscht.“

Stimmen

Franz-Josef Vergin (66): „Eigentlich hatte sich meine Frau beworben. Sie hat hier in Sichtweite der Kirche früher gewohnt. Der Kirchplatz war sozusagen ihr Spielplatz. Jedes mal wenn wir in der Stadt sind, schauen wir nach, was sich hier rund um die Kirche verändert hat. Meine Frau konnte aber leider nicht kommen. Deshalb bin ich da und werde ihr berichten.“

Georg Schmitz (48): „Ich bin historisch-geschichtlich interessiert, deshalb wollte ich rauf auf den Turm. Ich komme gar nicht aus Bochum, sondern aus Nettersheim, aus dem Kreis Euskirchen. Ich bin wegen meiner Lebensgefährtin nach Bochum gekommen und ich versuche mir jetzt nach und nach die Stadt zu erschließen. In der Pauluskirche war ich schon.“

Herbert Bredenböker (74): „Mich verbindet eine besondere Geschichte mit dieser Kirche, diesem Turm. Vor 60 Jahren habe ich eine Dachdeckerlehre begonnen und war dann auch auf dem Turm. Zusammen mit meinem Vater August. Wir waren bei der gleichen Firma, bei Heinrich Beins. Ich habe damals mitgeholfen, das Dach zu reparieren.“

Helma Pipper (62): „Ich habe mich beworben, weil ich meinem Mann eine Freude machen wollte. Ich glaube, das ist mir gelungen. Er hat lange als Feuerwehrmann gearbeitet, war auch schon hier auf dem Turm von Peter und Paul. Wir nutzen gerne solche Gelegenheiten, um Orte kennenzulernen, die man sonst nicht zu sehen bekommt.“