Wattenscheid. Behutsam sammeln Experten die Fische aus dem Rückhaltebecken der ehemaligen Zeche Holland in Wattenscheid. Dann wird das Wasser abgelassen.

Das Wetter zeigt sich wie bestellt für die eher ungewöhnliche Aktion im Regenrückhaltebecken zwischen West- und Josef-Haumann-Straße mit Sonnenschein und Temperaturen morgens schon über 15 Grad. Der jetzt mächtig herbeirückende Frühling macht allerdings auch klar, "dass es nur ein sehr schmales Zeitfenster dafür gibt", wie Marko Siekmann, Abteilungsleiter im Bochumer Tiefbauamt, unterstreicht. In dem großen Betonbecken sammelt eine Essener Fachfirma den Fischbesatz ab. Anschließend wird das Wasser bis auf einen kleinen Rest abgelassen und der Technische Betrieb der Stadt räumt hier auf.

Denn ganz ausgewogen ist an dem idyllischen Flecken nicht alles, so dicht zwischen Gewerbegebiet und Wohnsiedlungen gelegen. "Letztens erst haben wir hier sechs E-Scooter rausgeholt", berichtet einer der Techniker in oranger Warnweste. Die Mitarbeiter der Essener Firma Limares tragen sogar Wathosen oder mindestens wasserdichte Stiefel. Mit Angeln hat das Ganze hier aber wenig gemeinsam.

Fachfirma sammelt Fische in Wattenscheid ab

Auch, wenn die drei Mann in dem kleinen Boot erst einmal ein Netz quer durch das Becken gespannt haben. Und ihre "Beute" haben sie nicht am Haken, sondern fischen sie vorsichtig per Käscher ab. Limares ist spezialisiert auf fisch-ökologische Fragestellungen und entnimmt und dokumentiert hier den Fischbesatz.

"Es geht schon los damit", zeigt Markio Siekmann, "dass die Temperatur passen muss, um die Fische erst einmal in einem Bottich ans Ufer zu bringen. Das Wasser darin darf einfach nicht zu warm werden", was gegen den Sommer spricht, um so etwas zu unternehmen.

Mit Rücksicht auf die Tiere

Weitgehende Rücksicht auf die Fische und auch auf die Gänse, Enten und Blässhühner, die den Beckenrand bevölkern, ist hier oberstes Ziel. Am Beckenrand werden die Fische aus dem Sammelbottich gleich wieder nach heimischen Arten und anderen getrennt. Denn das steckt vor allem hinter dem Einsatz in Leithe.

Im vergangenen Jahr hatte das Tiefbauamt, das dieses immer noch technische Bauwerk überwacht und wartet, zwei Fischarten entdeckt, die offenbar aus Aquarien ausgesetzt wurden. Der Blaubandbärbling und die Dickkopfelritze können verdränge heimische Arten verdrängen und Pflanzen schaden, die wichtig für das Ökosystem sind, weil sie das Wasser reinigen und mit Sauerstoff versorgen. Die Elritze kann heimische Fische mit der tödlichen Rotmaulkrankheit anstecken.

Maßnahme wird streng überwacht

"Wir wollen verhindern, dass die beiden Arten sich an der falschen Stelle ausbreiten", erklärt Siekmann. Denn sowohl die vorgefundenen heimischen wie die beiden exotischen Arten werden sorgfältig abtransportiert und umgesetzt, also am Leben erhalten.

Denn die elektrische Spannung, die heute Morgen von dem kleinen Boot aus im Wasser eingesetzt wird, lockt die Fische aus den versteckten Bereichen in Ufernähe in Richtung des Käschers, so dass sie einfacher zu entnehmen sind. "Aber nichts für Hobbyangler", meint Siekmann schmunzelnd. Es handele sich um eine äußerst schonende, aber immer genehmigungspflichtige Methode, die jedes Mal bei der Fischereibehörde beantragt werden muss und deren Einsatz detailliert dokumentiert wird.

Was auch für das Sammelergebnis über die nächsten Tage gilt, denn mit allein 150 "Karpfenartigen" ist in dem Becken zu rechnen. Ein erster Bärbling zappelt auch schon im Käscher.

Verwaltung musste abwägen

Stadtsprecher Peter van Dyk dankt im Rahmen des Einsatzes ausdrücklich den aufmerksamen Besuchern des Regenrückhaltbeckens, die noch einmal auf mögliche Beeinträchtigungen für die Wasservögel hingewiesen hatten. "Darauf achten wir sehr wohl. Das Tiefbauamt musste den Umfang der Maßnahme und den Zeitpunkt mit der Unteren Naturschutzbehörde sehr genau abwägen."

Weder den Fischen noch den Wasservögeln solle etwas geschehen, aber es müssten Schäden für Natur und Umwelt befürchtet werden, wenn die beiden nicht-einheimischen Arten sich hier oder von hier aus verbreiten würden.