Bochum. Bochum wandelt mit seiner Wohnungspolitik auf Abwegen. Davon sind 19 Gruppen und Initiativen überzeugt. Sie erhöhen den Druck auf die Politik.
Der Wohnungsbau in Bochum nimmt allmählich Fahrt auf, mehrere Hundert neue Wohnungen werden jedes Jahr gebaut. „Aber damit lösen wir die Probleme nicht“, argumentieren 19 Vereine und Initiativen. Sie fordern eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik. Wie das gelingen soll, wollen sie den Mitgliedern des Bochumer Stadtrats am Donnerstag (3. März) vermitteln.
Handlungskonzept Wohnen steht auf dem Prüfstand
Vor Beginn der Ratssitzung im Ruhrcongress, wo die Lokalpolitik einmal mehr coronabedingt zusammenkommt, werden Vertreter des losen Bündnisses ihre Erklärung „Für eine soziale und ökologisch zukunftsfähige Wohnungspolitik in Bochum“ verteilen. Die darin formulierten Forderungen sollen, so der Tenor, in die Fortschreibung des „Handlungskonzepts Wohnen“ einfließen. Das von der Stadt 2017 verabschiedete Handlungskonzept soll in diesem Jahr auf den Prüfstand kommen. Umstritten ist etwa das Ziel von 800 neu zu bauenden Wohnungen jährlich.
Aus Sicht des losen Bündnisses geht es aber um viel mehr. Es fordert, „ökologische und soziale Interessen stärker zu berücksichtigen und für eine tattsächliche Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei Entscheidungsprozessen zu gewährleisten“, so Michael Wenzel (Mieterverein Bochum), Andrea Wirtz (Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung) und Sabine Schöning (Bürgerinitiative Gerthe West). Sie beklagen, dass allzu oft ökologische und soziale Fragen für wirtschaftliche Interessen geopfert werden.
Vorwurf: Wirtschaftliche Interessen haben Übergewicht
Die im Sommer 2021 gegründete „Allianz für Wohnen“ habe einen „Geburtsfehler“, so Mieterverein-Geschäftsführer Wenzel. Sie berücksichtige nicht die Interessen von Mietern und kennzeichne sich durch ein Übergewicht von Mitgliedern mit wirtschaftlichen Interessen. „Bochum liegt bundesweit schon an siebter Stelle unter den Städten mit den meisten versiegelten Flächen“, so BI-Sprecherin Schöning. Es müsse daher nicht mehr neu gebaut und weitere Flächen versiegelt, sondern vor allem der Bestand modernisiert werden. „Wo Neubau unvermeidlich ist, liegt die Priorität beim Bauen im bereits erschlossenen Bereich“, heißt es in der Erklärung des Bündnisses.
Bauen auf der grünen Wiese sei nicht die Lösung, vielmehr müssten bereits versiegelte Flächen umgenutzt werden. Leerstehende Büro- und Gewerbeflächen sollten in bezahlbaren Wohnraum umgewandelt werden. Dass im Lohring-Hochhaus an der Wittener Straße nun genau das Gegenteil geschehe, nämlich Wohnungen zu Büros umgebauten werden, sei fatal.
Initiativen fordern echte Beteiligung
Den Schlüssel für eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik sehen die Unterzeichner der Erklärung in einer „frühzeitigen und umfassenden Information der Öffentlichkeit“ und in echten Beteiligungsformaten. Die Bochumerinnen und Bochumer müssten eingebunden werden, bevor die Festlegung von Planungszielen beginne. „Nach unserer Erfahrung bewegt sich die Stadt bislang nur auf Druck“, so Sabine Schöning. Das müsse sich ändern.