Bochum. Das Museum Bochum macht auf einen wenig bekannten Künstler aufmerksam: Anselme Boix-Vives. Dessen „Malerei für den Frieden“ lohnt die Entdeckung.
Mit der aktuellen Hauptausstellung macht das Kunstmuseum Bochum auf einen Künstler aufmerksam, der hierzulande kaum bekannt sein dürfte: Anselme Boix-Vives. Dabei gehört dessen „Malerei für den Frieden“, so auch der Ausstellungstitel, im Nachbarland Frankreich zum geläufigen Kunst-Kanon. Es lässt sich also eine Entdeckung machen.
Überraschender Eindruck im Kunstmuseum Bochum
Wer sich die Ausstellung im 1. Obergeschoss anschaut, wird überrascht sein. Es präsentiert sich ein Sammelsurium an Gemälden und Zeichnungen, die figurativ und bunt sind, die mal adrett nebeneinander platziert, mal in Form einer Petersburger Hängung quadratmeterweise auf der Wand verteilt sind. Der Eindruck des Unfertigen macht sich breit, und doch spürt man gleich, dass diese Kunst beredt und in ihrer Formen- und Ausdruckssprache stark und singulär zugleich ist.
Tatsächlich gleicht das Oeuvre von Anselme Boix-Vives (1899-1969) einer kreativen Explosion aus Vitalität und Erfindungsreichtum. Der Künstler gilt als ein Vertreter der Art brut, jener Kunstströmung, die seit den 1950er Jahren autodidaktische Kunst im als „ursprünglich“ verstandenem Zustand in die Museen trug. Aufgekommen war die Art brut (franz.: „rohe Kunst“) aus der Einsicht, dass Bilderzeugnissen z.B. von Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung über die diagnostische Bedeutung hinaus auch einen ästhetischen Wert haben.
Erste Einzelpräsentation in einem deutschen Museum
„Es ist dies die erste Einzelpräsentation des Werkes von Boix-Vives in einem deutschen Museum“, so Kurator Sepp Hickisch-Picard, der die Schau mit dem zum Jahresende 2020 ausgeschiedenen Direktor Hans Günter Golinski vorbereitet hat. Die neue Museumschefin Noor Mertens wird im November ihre erste Exposition präsentieren.
In nur sieben Jahren, zwischen seiner Pensionierung 1962 und seinem Tod, malte der Autodidakt Boix-Vives mehr als 2400 Werke. Er war überzeugt, durch seine Bilder die Welt verbessern zu können. Als Gemüsehändler, bevor er anfing zu malen, verfasste er Pläne zur Schaffung des Weltfriedens, die er dem Papst, den Vereinten Nationen und namhaften Politikern zukommen ließ.
Der Weltfrieden war das Anliegen des Künstlers
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Enttäuscht über die mangelnde Resonanz, brachte er seine Friedens-Utopien nunmehr in seine Bilder ein. Den Mord an Kennedy griff er bildnerisch ebenso auf wie Martin Luther Kings Marsch auf Washington, wobei er sich durch Bilder aus dem Fernsehen inspirieren ließ. Farbintensiv sind diese Werke, wie unbehauen, und sehr unmittelbar. Ein wiederkehrendes Motiv sind Figuren mit großen, runden Augen, wobei Menschen und Nichtmenschen nah miteinander verbunden zu sein scheinen. Landschaften und abstrakte Kompositionen lassen sich ebenso entdecken.
Leihgaben aus öffentlichen und privaten Sammlungen
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Die Ausstellung versammelt Leihgaben aus öffentlichen und privaten Sammlungen, konzentriert sich aber auf Papierarbeiten und Skizzenbücher der Sammlung der Enkelkinder Julia und Philippe Boix-Vives, die mit der Ausstellungskonzeption verbunden sind. So ist die Performance „Die Frau mit der Pfeife“ der bildenden Künstlerin Julia Boix-Vives geplant, ebenso (beim Ruhr-Jazz-Festival an diesem Wochenende) die Uraufführung einer Komposition des Musikers Philippe Boix-Vives, die sich mit dem Friedens- und Welterneuerungsplan des Großvaters auseinandersetzt.
>>> „Anselme Boix-Vives – Malerei für den Frieden“, bis 7. November im Kunstmuseum Bochum, Kortumstraße 147. Info: www.kunstmuseumbochum.de