Bochum. Seit März gilt die Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen. In Bochum halten sich 680 Beschäftigte bislang nicht daran. Die Folgen?

Seit dem 15. März müssen alle Beschäftigten in Gesundheitsberufen vollständig geimpft sein. 680 von etwa 20.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Bochumer Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, ambulanten Pflegediensten, Arztpraxen und Praxen humanmedizinischer Heilberufe wie Podologen oder Ergotherapeuten haben aber immer noch keinen Impfschutz.

Noch keine Sanktionen gegen Ungeimpfte im Gesundheitswesen

Noch hat es deswegen keine Sanktionen gegeben. Das Gesundheitsamt muss in letzter Konsequenz gegen nichtgeimpfte Beschäftigte im Gesundheitswesen Arbeitsverbote aussprechen. Das ist nach Auskunft der Stadt bislang aber noch nicht geschehen, „da die entsprechenden Verwaltungsverfahren zur Aussprache eines Tätigkeits- bzw. Betretungsverbotes noch nicht abgeschlossen sind“, so die Stadt. Dem Vernehmen nach gilt bis Ende Juni eine Übergangsfrist. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Woche entschieden, dass die Impfpflicht in Gesundheitsberufen rechtens ist.

In anderen Bereichen der Arbeitswelt ist es im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bereits zu Klagen und Gerichtsprozessen gekommen. So verhandelt das Arbeitsgericht Bochum am 3. Juni etwa in einem Fall wegen des Vorwurfs des Handels mit gefälschten Corona-Ausweisen.

Unternehmen entlässt Testverweigerer

Die ersten „Corona-Prozesse“ vor dem Arbeitsgericht Bochum hat es bereits gegeben. Im Februar hatte eine Testverweigerer gegen seine fristlose Kündigung geklagt. Der Monteur hatte einen Tag vor Beginn der 3G-Regel am Arbeitsplatz angekündigt, sich nicht testen lassen zu wollen und stattdessen krankschreiben zu lassen, um der Nachweispflicht zu entgehen. Der Arbeitgeber hatte ihn nach der dann tatsächlich erfolgten Krankschreibung erst abgemahnt und später fristlos gekündigt. Das Urteil des Gerichts: Gekündigt hat der Arbeitgeber zurecht, in einem Gütetermin einigten sich beide Seiten aber darauf, dass die fristlose in eine fristgerechte Kündigung umgewandelt wird.

Mit einem Vergleich endete der Konflikt bei der Direct Call GmbH, einer Tochtergesellschaft der Faber-Gruppe. Sie hatte Ende 2020 einem Beschäftigten gekündigt. Der Callcenter-Agent hatte mit aus Sicht des Unternehmens zweifelhaften Attesten vermeiden wollen, am Arbeitsplatz eine Corona-Maske zu tragen.

Arbeitsgericht rügt „maßlose“ Beschuldigung eines Klägers

Bis vor das Landesarbeitsgericht Hamm ging der Fall eines einem Schwerbehinderten gleichgestellten Mechanikers, der fast 26 Jahre für ein Bochumer Maschinenbauunternehmen gearbeitet hat und dem zum Ende April 2020 fristlos gekündigt worden war. Er hatte der Firma vorgeworfen, „aus purer Bosheit und ohne rechtlichen Grund“ sowie verbotenerweise dazu eingeteilt zu haben, etwa 70 Mitarbeitern vor dem Betreten des Betriebs ohne jegliche Schutzkleidung Fieber zu messen. Der Mechaniker klagte vor dem Arbeitsgericht, stellte Strafanzeige wegen Körperverletzung und führte an, dass eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses allenfalls gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 100.000 Euro möglich sei.

Das Arbeitsgericht Bochum hatte die Klage im Juli 2021 abgewiesen. Die Beschuldigung des Klägers seien maßlos und unverantwortlich. Vor dem Landesarbeitsgericht einigten sich beide Parteien auf eine fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2020.

Schutz aller Arbeitnehmer geht vor Einzelinteressen

Entschieden hat das Arbeitsgericht vor einigen Tagen außerdem in einem Fall von „Maskenverweigerung“. Eine kaufmännische Angestellte, die mehr als drei Jahre u.a. wegen Elternzeit beruflich pausiert hatte, sollte Anfang 2021 wieder ihre Tätigkeit aufnehmen. Sie verwies darauf, aus medizinischen Gründen keinen Mund-Nase-Schutz tragen zu können und forderte, ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten. Ihr Arbeitgeber hatte ihr ein Einzelbüro angeboten. Sie wurde freigestellt, klagte im April 2021 und verlangte u.a. die Löschung einer Abmahnung aus der Personalakte.

Das Gericht entschied, der Arbeitgeber müsse an die ehemalige Mitarbeiterin noch ausstehendes Urlaubsgeld sowie Weihnachtsgeld bezahlen und die Abmahnung aus der Personalakte streichen. Alle weiteren Klagepunkte wie die Weiterbeschäftigung ohne Verpflichtung, einen Mund-/Nasenschutz zu tragen, wies das Gericht ab. Im Urteil heißt es: „Zwar kann die Klägerin unstreitig aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen keinen Mund-Nase-Schutz tragen. Allerdings gehen die Interessen des Arbeitgebers, die Gesamtheit der Arbeitnehmer und auch die Klägerin möglichst vor einer Corona-Infektion zu schützen, den Interessen der Klägerin, ohne Mund-Nase-Schutz zu arbeiten vor.“