Bochum. Gut oder grottig? Die Werbeaufsteller in der Bochumer City sorgen für Ärger. Auf den Einkaufsstraßen sind sie verboten, auf den Plätzen erlaubt.

Seit sechs Jahren betreibt Thomas Funke sein Geschäft „Gold Funke“ auf der Huestraße. Seit sechs Jahren wirbt ein gebührenpflichtiger Aufsteller vor der Ladentür für den Ankauf von Edelmetallen. Damit ist es vorbei. Die neue Gestaltungssatzung für die Innenstadt verbietet die Poller. Allerdings nur auf den Einkaufsstraßen. Auf den zentralen Plätzen und auf dem Boulevard bleiben sie erlaubt. Das sorgt für Ärger.

Grelle LED-Anzeigen, allerlei Bling-Bling und Reklametafeln von zweifelhafter Anmut: Seit Jahren beklagen weite Teile des Handels einen Werbe-Wildwuchs in der Innenstadt. Die Stadt und die Werbegemeinschaft IBO reagierten. 2018 wurde für 100.000 Euro ein Gestaltungshandbuch auf den Weg gebracht. Erstellt vom Architekturbüro Farwick und Grote aus Dortmund/Ahaus, bestimmt das Regelwerk, wie Fassaden, Schaufenster und Werbeträger für eine schönere Bochumer City aussehen sollen.

Ärger um Werbetafeln in Bochum: Gutachter warnen vor „Überfrachtung“

Als „großen Qualitätsverlust“ machen die Gutachter „die Überfrachtung mit Werbeanlagen (...) im öffentlichen Raum“ aus. Sie führten „zu einer wachsenden Verunstaltung“ und erzeugten „Unruhe im Stadtbild“.

Im September 2020 wurde die Satzung vom Rat beschlossen. „Seither wurde sie aber nicht konsequent umgesetzt. In der Corona-Krise hatte der kommunale Ordnungsdienst in den vergangenen Monaten wichtigere Aufgaben“, erklärt IBO-Vorsitzender Marc Mauer.

Ordnungsdienst schreitet jetzt ein: Die Poller müssen weg

Seit Wochen sinken die Inzidenzen. Zeit, das Handbuch nun mit Leben zu füllen und darauf zu achten, ob die Vorgaben eingehalten werden. So wie bei „Gold Funke“. „Vor einigen Tagen stand ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes im Geschäft“, berichtet Thomas Funke. „Er hinterließ ein Schreiben des Stadtplanungsamtes und sagte, dass unser Werbeaufsteller verschwinden muss.“

Als Beleg für den Werbe-Wildwuchs in der Bochumer Innenstadt wertet die Werbegemeinschaft IBO diese Aufnahme von der unteren Kortumstraße. Mehrere Kundenstopper blockieren den Weg.
Als Beleg für den Werbe-Wildwuchs in der Bochumer Innenstadt wertet die Werbegemeinschaft IBO diese Aufnahme von der unteren Kortumstraße. Mehrere Kundenstopper blockieren den Weg. © Unbekannt | IBO Bochum

Für den 56-Jährigen, der vier weitere Läden in Dortmund, Essen, Duisburg und Lünen unterhält, ist das Vorgehen der Stadt Bochum unverständlich. „In der Pandemie hat die Kaufmannschaft viel Geld verloren. Viele kämpfen um ihre Existenz. Und jetzt nimmt man uns auch noch die Werbepoller weg, die gerade mal ein Meter groß sind und jahrelang niemanden gestört haben?“

Händler prangert Ungleichbehandlung in der City an

Richtig wütend wurde Thomas Funke, als er das Handbuch genauer studierte. Während alle anderen Leitlinien für die gesamte Innenstadt gelten, wird bei den „mobilen Werbeträgern“ unterschieden. Auf dem Husemann-, Dr.-Ruer-, Willy-Brandt- und Kurt-Schumacher-Platz bleiben sie ebenso gestattet wie auf dem Boulevard. „In den übrigen öffentlichen Verkehrsräumen“ indes sind sie nicht mehr zulässig, etwa auf der Kortum- und Huestraße.

Ein Kundenstopper pro Geschäft

Die erzürnten Händler auf den Einkaufsstraßen in der Innenstadt dürften sich kaum von einer Beschränkung besänftigen lassen, auf die die Stadt auf WAZ-Anfrage hinweist:Auf den City-Plätzen und auf dem Boulevard darf laut neuer Gestaltungssatzung nur ein Kundenstopper pro Ladenlokal aufgestellt werden.

Thomas Funke erkennt darin eine Ungleichbehandlung, womöglich eine Wettbewerbsverzerrung. Er fordert: „Gleiche Regeln für alle!“

IBO: Es geht um die Durchlässigkeit für die Kunden

IBO-Chef Marc Mauer verteidigt das Vorgehen. Grundsätzlich sei es richtig, die zuletzt immer zahlreicheren und größeren „Passanten-Stopper“ aus der Innenstadt zu verbannen: „Es mag einige gute geben, aber es gibt auch ganz viele schlechte.“ Neben der Optik gehe es um die Durchlässigkeit für die Kunden. Und die sei auf den großzügigen City-Plätzen und auf dem breiten Boulevard auch mit Pollern deutlich besser gewährleistet als auf den engeren Einkaufsstraßen.

Kritik an dem „rechtssicheren“ Handbuch weisen Stadt und IBO zurück. Der Leitfaden sei in einem zweijährigen Prozess breitflächig diskutiert und frühzeitig kommuniziert worden. “Jeder hatte die Chance, sich einzubringen“, betont Mauer und berichtet von weiteren Beschwerden über „Gold Funke“ hinaus. Die IBO bleibe bei ihrer Linie: „Wir setzen auf Einsicht und wollen möglichst alle mitnehmen.“