Bochum-Langendreer. An der Alten Bahnhofstraße nutzen Vereine, Initiativen, Geschäftsleute und Gemeinden den offenen Sonntag in Bochum. Viele Gruppen sind neu dabei.
Das Tempo in der Bochumer Innenstadt braucht hier kein Mensch. Auf der Alten Bahnhofstraße ist ja auch keine Triathlon-Strecke an diesem Sonntag, hier wird flaniert, entsteht endlich wieder ein kunterbuntes Puzzle von Initiativen, Vereinen, Verbänden, Geschäftsleuten und Hausgemeinschaften. Es herrscht die Aufforderung „Bänke raus!“, und sie machen mit.
Unter Corona-Schutzbestimmungen hatte es eine Verschiebung des Stadtteilfestes am Alten Bahnhof in den Herbstmarkt gegeben und eine digitale Ausgabe. Was bei den Menschen im Bochumer Osten, noch dazu im Rahmen der Bürgerwoche, besser ankommt, zeigt der Blick auf die Besucherströme zwischen der Lutherkirche mit Schwerpunkt am Stern und bis hin zur Ümminger Straße. Schon zum ersten Programmpunkt, traditionell dem ökumenischen Gottesdienst, ist die Straße voll, die Bänke vor der Bühne sind gut besetzt.
Bochum: Ökumenischer Gottesdienst mit aktuellen Bezügen
Stadtteilfest "Bänke raus" in Langendreer
Die Fürbitten vor dem Vaterunser, denen viele Besucher folgen, sind dabei hochaktuell gestaltet. Die Amokfahrt in Berlin wird angesprochen, der Menschen gedacht, die noch unter den Folgen von Corona leiden, der Krieg in der Ukraine ist Thema, und die Umwelt, das Konsumverhalten, der Schutz der Natur. Mitgestaltet hat die Andacht der Ökumenische Gospelchor.
Kurz darauf übernehmen die Musikschüler, die Bläserklasse, die Bühne, und eröffnen mit „Mamma mia“ von Abba, die Günnigfelder Combo „Rock it“ kann am Stern nach dem ersten Applaus abklatschen und in die Saiten greifen.
Offene Sonntage
Im laufenden Jahr sind noch einige verkaufsoffene Sonntage geplant. Die Übersicht: 19. Juni, Stadtfest 700 Jahre Bochum, Innenstadt von 13 bis 18 Uhr, 28. August, Bochumer Musiksommer, Innenstadt von 13 bis 18 Uhr, 11. September, Lindener Meile an der Hattinger Straße in Linden von 13 bis 18 Uhr, 18. September, Wattenscheider Weinfest, Alter Markt und Fußgängerzone in Wattenscheid von 13 bis 18 Uhr, 11. Dezember, Bochumer Weihnachtsmarkt Innenstadt von 13 bis 18 Uhr.
Spendensammlung für die Ukraine
Ein inhaltlicher Schwerpunkt der diesjährigen Aktion zeigt sich eher am Rande. Es gibt verschiedene Ansätze, um der Flüchtlingshilfe für die Kriegsbetroffenen in der Ukraine und die Flüchtlinge vor Ort zu unterstützen. So ist die Kollekte des Gottesdienstes unter dieses Zeichen gestellt, am Stand von „Langendreer hat’s“ werden historische Ansichten aus dem Stadtteil versteigert, und am Stand für die Pfandchips wird auch diese Währung als Spende angenommen.
Überhaupt machen die Stände auf beiden Seiten der Straße nicht den Eindruck, als müssten hier zwei verlorene Corona-Jahre aufgeholt werden. Die Nelson-Mandela-Schule bietet ein volles, neues Sortiment an selbst Eingemachtem, die Freibadinitiative sammelt Unterschriften gegen die Schließung des Hallenbades am Eschweg, die Naturfreunde stellen ihre Vorstellungen von Langendreer als „Vorbildstadtteil“ in Sachen einer fahrradfreundlichen Gestaltung dar.
Kleingärtner verschenken Tomaten
Erstmals mit dabei ist der Kleingartenverein Am Neggenborn, der sogar junge Tomatenpflanzen zu verschenken hat. Tim Linder, Pastor der Freien evangelischen Gemeinde, und Stadtteilmanager Karsten Höser müssen einen Moment nachdenken und in der Liste nachschlagen, wer denn alles zum ersten Mal dabei ist.
Das sind nicht eben wenige: Die Basketballer mit ihrem Streetball-Turnier direkt neben der Marien-Kirche, die Obdachloseninitiative Bodo, das Medizinische Qualitäts-Netzwerk, die Bochumer Ehrenamtsagentur, die BiB-Initiative mit einem Überblick über die gemeinschaftlichen Leihgeräte, und mit einer eigenen Parzelle auch die Musikschule Bochum-Ost.
„Rund 70 Teilnehmer“, überschlägt Höser, und Linder kommentiert: „Aber mehr Parzellen.“ Er hat den Tag über viel zu tun, die ewig lange Baustelle zum Gemeindezentrum präsentiert sich heute als „offenes Haus“ mit stündlichen Führungen.
Termine 2023 überdenken
„Aber dieses Jahr soll sich da richtig was tun“, ist er überzeugt, „bald ist der Putz komplett dran und dann kommen die Maler.“
Bei allein drei verkaufsoffenen Sonntagen an diesem Wochenende in ganz Bochum, jeweils zu Veranstaltungen, müsse man sich zusammensetzen und für 2023 die Einzeltermine neu überlegen, meint Karsten Höser, den der rege Besuch natürlich freut. Es seien zwar insgesamt weniger Sonntage für die Öffnung, und zum Glück lägen die diesmal mit Wattenscheid, Linden und Langendreer auch weit auseinander.
„Dem hier tut das jedenfalls keinen Abbruch“, ist er sicher, „das lebt als Stadtteilfest.“ Bald sollen außerdem die konkreten Vorbereitungen für das Langendreerer Dorffest am letzten Ferienwochenende im August und für den Weihnachtsmarkt beginnen.