Bochum. Erdbeeren als Ladenhüter? In Zeiten drastisch steigender Kosten gelten die Früchte als Luxus. Das sind die Erfahrungen und Preise in Bochum.
Verzichtbar? „Für mich nicht!“, sagt Karin Mrosz (63) und trägt einen Korb mit 1,5 Kilo Erdbeeren zum Auto. Eine Kauf-Zurückhaltung machen Erdbeerbauern in Deutschland wegen der stark steigenden Verbraucherpreise aus. Als verzichtbar würden vielen Kunden die süßen Früchte trotz unveränderter, zum Teil gesunkener Preise gelten, sorgt sich die Landwirtschaftskammer NRW. Nicht so auf der „Erdbeerscholle“ in Laer. „Klar, das Geld wird knapper. Aber diesen Genuss leiste ich mir auch weiterhin“, meint Karin Mrosz. Obstanbauer Thomas Schulze Scholle bekräftigt: „Unsere Umsätze sind stabil.“
Seit 30 Jahren beackern der Münsterländer und seine Frau Elke ein gepachtetes Zwei-Hektar-Feld an der Alten Wittener Straße. Am 20. Mai hat die Saison begonnen. Seither ist der Parkstreifen in Höhe der Verkaufswagen regelmäßig besetzt. Es gebe kaum Einbußen im Vergleich zu den Vorjahren, berichtet Thomas Schulze Scholle. Und das, obwohl Erdbeeren 2020 und 2021 in Zeiten von Corona-Lockdowns und Restaurant-Schließungen begehrten denn je waren.
Erdbeeren in Bochum: Selbstpflücker zahlen ab 4,50 Euro pro Kilo
Die Früchte haben 2022 einen Frühstart hingelegt. Das sonnig-warme Wetter im März und April habe dazu geführt, dass die ersten Erdbeeren ein bis zwei Wochen vor der regulären Ernteperiode reif waren. „Wir haben Christi Himmelfahrt gepflückt. Das gab’s noch nie“, sagt Schulze Scholle.
Die Nachfrage sei vom Start weg gut gewesen. Wohl auch, weil trotz der drastisch gestiegenen Kosten nicht an der Preisschraube gedreht worden sei. Selbstpflücker zahlen 4,70 Kilogramm pro Kilo (das ist die Mindestpflückmenge). Ab fünf Kilo werden 4,50 Euro berechnet. Was – in Maßen – auf dem Feld schnabuliert wird, ist ein Geschenk von Mutter Natur.
Pfingstmontag war das Erdbeerfeld komplett gerupft
Zwei von drei Kunden legen selbst Hand an, sagt Elke Schulze Scholle. Wer die Erdbeeren direkt kauft, zahlt vier Euro für die 500-Gramm-Schale (drei Schalen 11,50 Euro). Alle Preise seien weitgehend unverändert.
Wie groß der Run ist, zeigte sich am Pfingstmontag. Mittags war in Laer das komplette Feld abgerupft. „Wir haben die Kunden auf unseren zweiten Revier-Standort in Dortmund verwiesen, gut 15 Autominuten entfernt. Viele haben davon Gebrauch gemacht“, schildert Schulze Scholle.
Die Saison, schätzt der Landwirt, dauert voraussichtlich noch bis Ende Juni (sonst Mitte Juli). Öffnungszeiten sind montags bis samstags von 8 bis 19 Uhr, sonntags bis 17 Uhr.
Zufriedenheit im Edeka-Markt – Sorgen im Bauernladen
Die ungebrochene Leidenschaft für Erdbeeren bestätigt Daniel Driller, Inhaber des Edeka-Marktes an der Castroper Straße. Zwar taugten die beiden Corona-Vorjahre nur bedingt als Maßstab. „Wir liegen bei den Zahlen aber über dem Jahr 2019. Das gilt insgesamt für Obst und Gemüse“, sagt Driller, der 500 Gramm Erdbeeren aktuell für 2,99 Euro offeriert.
Erdbeer-Pflücken: Rabatt mit WAZ-Coupon
Die WAZ lädt am Sonntag (12.) zum Erdbeer-Pflücken auf dem Hof Appelbaum in Wattenscheid (In den Höfen 2) ein,Von 10 bis 16 Uhr können die Früchte knackfrisch auf dem Feld geerntet werden. Die Mindestabnahme pro Person beträgt zwei Kilo.Gegen Vorlage des WAZ-Coupons erhalten unsere Leserinnen und Leser 20 Prozent Rabatt auf selbstgepflückte Erdbeeren.
Ein anderes Bild bietet sich in Wattenscheid. Bei Familie Westerhoff an der Westenfelder Straße weist der Daumen nach unten – ebenso wie die Umsätze. „Wir Hof- und Bauernläden leiden besonders unter der Inflation und den drastisch steigenden Verbraucherpreisen“, sagt Ernst-Wilhelm Westerhoff. „Viele Kunden verzichten ganz oder greifen zur ausländischen Billigware im Discounter.“ Folge: „In der Woche ist es bei uns erheblich ruhiger als sonst. Nur am Wochenende lohnt sich das Geschäft noch“, berichtet Westerhoff, der das Kilo Erdbeeren für 7,80 Euro verkauft. „Top-Qualität. Aber die muss man sich in diesen Zeiten halt leisten können.“