Bochum-Westend. Ruf des Westends verbesserte sich nicht erst seit dem Stadtumbau. Die meisten Menschen leben gern hier, wenn auch die Probleme größer sind als anderswo.

Kaum etwas ist so schwer abzuschütteln wie ein schlechter Ruf. Stahlhausen und Griesenbruch, das waren jahrelang Schlacke, Staub und Stahl. „Ein dunkler, grauer Flecken Erde war das“, sagt Uwe Danz über die Zeit, in der die meisten Bewohner des „Blaubuchsenviertels“ bei den Krupp-Werken malochten und im Griesenbruch zwei Dutzend Kneipen waren. Dann wurden die Stahlwerke geschlossen und viele Menschen im Viertel arbeitslos. Und heute? „Wer heute mit offenen Augen durch Stahlhausen geht, kann sehen, wie schön es dort geworden ist“, so Danz, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft der Polizei in Bochum.

Laut Sozialstatistik stellt das Leben die Menschen im Westend vor größere Herausforderungen. Die Infrastruktur im Stadtteil gilt als mangelhaft, das Einkommensniveau ist unterdurchschnittlich und die Vielfalt der Kulturen und Religionen ist, wie überall, gelegentlich auch ein Problem. Ein bedeutender Teil der Bevölkerung ist auf staatliche Leistungen angewiesen, Deutsche wie Zugewanderte.

Im Westend gibt es noch günstigen Wohnraum

„Meiner zweijährigen Tochter würde ich manchmal gerne eine heilere Welt präsentieren“, sagt Petra Handschmann. Eine Welt ohne Bildungsdefizite und Ressentiments, ohne Betrunkene auf der Straße. Die 37-jährige Sozialpädagogin lebt seit 14 Jahren mit ihrem Mann, einem Architekten, im Griesenbruch. „Aber ich mag auch, dass die sozialen Milieus hier so unterschiedlich sind.“

Eine heile Welt kann allerdings auch darin bestehen, dazu zu gehören. „Meine Kinder erleben sich hier nicht als ‚türkische‘ Kinder, die irgendwie anders sind“, sagt Ayşe Balyemez von der interkulturellen Organisation Plan B Ruhr. „Wir haben hier nie rassistische Angriffe erlebt.“ Weil es im Westend noch günstigen Wohnraum gibt, ziehen zudem immer mehr Kreative und Studierende dorthin.

Drogen sind im Westend leicht zu bekommen

Freitags landet im Griesenbruch ein Ufo: Menschen, die nie zuvor im Westend waren, werden auf dem Springerplatz gesichtet. Es ist Abendmarkt und ganz Bochum geht hin. „Ist das hier wirklich schon Griesenbruch?“, fragt ein Computerfachmann aus Stiepel, während er auf seinen Antipasti-Teller wartet. „Und dahinten Stahlhausen? Wirklich? Ach!“

Samstags und sonntags landet ein weiteres Ufo im Griesenbruch. An diesen Tagen wird am oberen Ende des Springerplatzes Methadon an Süchtige ausgegeben. Aus ganz Bochum kommen Bedürftige dorthin. Im Westend kann man sich auch leichtere Drogen wie Marihuana beschaffen – wie an vielen anderen Orten auch. Aber Drogen sind im Westend kein größeres Problem als in anderen Stadtteilen, wie Friedhelm Lemm, Geschäftsführer der Krisenhilfe Bochum, erklärt. „Fast keiner unserer Klienten stammt aus dem Westend.“

Nejla Elif Usta von der Ifak arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren in Stahlhausen und ärgert sich, wenn das Viertel mal wieder für gefährlich und verkommen gehalten wird. „Das ist ein ganz normaler Stadtteil mit Familien, Kindern, Geschäften. Die Menschen fühlen sich hier wohl, es gibt einen ganz normalen Alltag, sehr familiär, sehr solidarisch.“