Bochum.. Die Anwohner an der Riemker Straße leiden unter dem „Messie-Syndrom“ ihrer Nachbarn. Obst gammelt in alten Paletten vor sich hin, Mülleimer quillen über. Sogar ein altes Schiff verrottet vor der Haustür.
Auch heute muss die Terrassentür geschlossen bleiben. Trotz Sommerwetters kann Familie Hartwig ihr Mittagessen mal wieder nicht auf der Terrasse genießen, wie immer. Es stinkt zum Himmel – und das gewaltig. Der Grund dafür liegt ein Haus weiter, an der Riemker Straße: Obst gammelt in alten Paletten vor sich hin, auf einem Anhänger stapeln sich Tüten und Kartons nebst alten Schüsseln und dreckigen Pfannen, die Mülleimer quillen über, gelbe Säcke aus längst vergangenen Tagen stehen zwischen vier verrosteten Autos.
Sogar ein altes Schiff verrottet vor der Haustür des dunklen und völlig verwilderten Anwesens. „Titanic“ nennen es die Nachbarn scherzhaft, doch das Lachen ist ihnen eigentlich längst vergangen. „Sechs Ratten hatte ich schon vor der Tür, alle tot, von der Katze angeschleppt“, erzählt Eugenie Koch. Seit 82 Jahren lebt sie in der Straße, seit ihrer Geburt – und immer fühlte sie sich wohl. Sie kannte die Eltern der jetzigen „Messies“ gut. Saubere Leute waren es, nie gab es Reibereien, bis beide verstarben und dem Sohn und der Schwiegertochter wohl ein Wohnrecht auf Lebenszeit einräumten: Das war vor etwa 20 Jahren. Seither verschlimmerte sich die Situation von Jahr zu Jahr.
„Das größte Problem sind die Ratten“
„Mir ist ja gleich, was die Familie im Haus anstellt, ob sie dort sauber machen oder nicht. Aber durch die Vermüllung des Grundstücks können wir unseren Garten kaum nutzen“, schimpft Nachbarin Elisabeth Hartwig, die seit 39 Jahren in der Straße lebt. „Das größte Problem sind die Ratten.“ Regelmäßig kriechen sie aus dem Kanal und bedienen sich an den Essensresten des Anwesens. „Ich habe zwei Töchter, beide sechs Jahre alt“, so die 37-jährige Christine Hinz-Hartwig. Natürlich macht sie sich Sorgen, wenn die beiden Mädchen draußen spielen. „Schließlich verbreitet wohl kaum ein Ungeziefer mehr Krankheiten“, sagt sie mit Blick auf das vermüllte Nachbargrundstück.
Die Stadt haben die Nachbarn längst informiert, schon vor Jahren. Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, des Umwelt- sowie Grünflächenamtes kamen und kontrollierten das Grundstück. So machte die Stadt dem Ehepaar mehrfach deutlich, dass sich die Situation ändern müsse und bot darüber hinaus einen Container an. Zwar entsorgte die Familie daraufhin wenigstens die Essensreste aus dem Garten. Doch nur wenige Tage später sah es laut Aussage der Nachbarn wieder aus wie zuvor. In einem Schreiben der Stadt heißt es: „Erst bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist ein ordnungsrechtliches Einschreiten der Behörde begründet. Eine rein optische Störung reicht dazu nicht aus. Trotzdem arbeitet die Stadt Bochum natürlich an einer dauerhaften Verbesserung der Situation.“
Auf diese Verbesserung warten Familie Hartwig, Eugenie Koch, Angela Wiecorek und Hildegard Stenzel schon lange. „Das sind unfassbare Zustände, die hier herrschen“, sagen sie unisono. Und alle wünschen sich bloß: Frische Luft und bitte keine Ratten!