Bochum. Am Tag nach der Wahl in Bochum geht der Blick schon nach vorn. SPD und Grüne wollen Koalitionsverhandlungen starten. Es gibt auch Misstöne.
Der Tag nach der Wahl: Für die einen bringt er die Gelegenheit, um den Erfolg des Vortags zu verdauen, manche lecken ihre Wunden, wieder andere erinnern sich an alte Rechnungen, die es jetzt zu präsentieren gilt. Das ist in Bochum nicht anders als anderswo. Die stärkste Kraft – trotz des Verlustes von drei Ratsmandaten – bleibt die SPD (29 Sitze) und die freut sich, dass der künftige Oberbürgermeister der alte ist und dazu noch das SPD-Parteibuch besitzt. Vorsitzender Karsten Rudolph kündigt daher selbstbewusst an: „Wir möchten jetzt zügig in Koalitionsverhandlungen mit den Grünen treten.“
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Und er freut sich, dass „wir rechtzeitig die richtigen strategischen Entscheidungen getroffen haben“. So nimmt es nicht wunder, dass am Montag bei Karsten Rudolph häufiger das Telefon schellte. Genossen aus Nachbarstädten wollten wissen, warum es in Bochum für die SPD ein wenig besser gelaufen ist als anderswo. „Vielleicht hat auch eine Rolle gespielt, dass wir ganz bewusst davon gesprochen haben, was bei uns klappt, wo es vorangeht.“ Eben die alte Frage, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist.
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Fernab solcher strategischen Überlegungen ist der grüne Kreissprecher Hans Bischoff am Montagmorgen schon mit dem Rad unterwegs. „Wir haben drei Direktmandate im Stadtzentrum geholt, erstmals in unserer Parteigeschichte.“ (insgesamt 19 Sitze) Er zählt weitere Wahlbezirke, wo es knapp lief, im ehemaligen Arbeiterstadtteil Grumme etwa, oder rund um die Ruhr-Universität. Jetzt wollen die Grünen intern und auf einer großen Mitgliederversammlung die Ergebnisse analysieren. In welche Richtung es auch immer geht. Sie sind der große Gewinner der Wahl, auch wenn nicht so, wie sich es vielleicht manche erträumt haben.
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Bei manchen liegen die Nerven blank
Wenig Grund zur Freude hat das bürgerliche Lager insgesamt, allen voran natürlich Christian Haardt. „Ich freue mich natürlich, dass ich nun schon zum wiederholten Male meinen Wahlbezirk gewonnen habe.“ Insgesamt kommt die CDU als drittstärkste Kraft noch auf 18 Sitze. Sein Mandat will er auf jeden Fall antreten, das sei er seinen Wählerinnen und Wählern schuldig. Doch wie dünnhäutig manche mittlerweile sind, zeigte eine Attacke von Stadtgestalter (zwei Sitze) Volker Steude vom Wahlabend, der Haardt ins Gesicht sagte, er sei dafür verantwortlich, dass es nicht gelungen sei, einen gemeinsamen bürgerlichen OB-Kandidaten aufzustellen.
Wie es nun in der Politik weiter geht
In den nächsten Wochen tagen noch einige städtische Gremien in alter Besetzung, darunter die Bezirksvertretungen und etwa der Kulturausschuss oder der Planungsausschuss. Der Rat tritt zum letzten Mal in seiner derzeitigen Zusammensetzung am 29. Oktober zusammen.
Die konstituierende Sitzung des neuen Rates ist für Donnerstag, 19. November, 11 Uhr, terminiert. Im Laufe dieser Sitzung wird auch Thomas Eiskirch für seine zweite Amtsperiode in sein Amt eingeführt.
Im Gespräch mit der WAZ, bestritt er, selbst dafür der richtige Mann zu sein: „Aber es ist doch so: Die CDU tritt jedesmal zum Verlieren an. Christian Haardt ist einfach kein strategisch denkender Politiker.“ Nach Informationen der WAZ soll es im Vorfeld dieser Wahl durchaus Gespräche mit verschiedenen Personen gegeben haben, um den scheinbar übermächtigen Thomas Eiskirch zu fordern. Das Ergebnis ist bekannt.
Während nun die AfD (fünf Mandate) den gleichstarken Linken am anderen Flügel gegenübersteht, gibt es dazwischen ein zersplittertes Bild. Jeweils drei Mandate haben UWG:Freie Bürger und die FDP. Von kaum jemandem vermisst wird sicherlich die NPD.
Gleising verlässt nach 16 Jahren den Rat
Ein wenig überrascht von seinem Ausscheiden aus dem Rat ist sicherlich Günter Gleising. Der 70-jährige saß seit 2004 ununterbrochen im Stadtrat. Er war die treibende Kraft hinter der Sozialen Liste, die sich einst gründete, um den umstrittenen Cross-Boarder-Verträgen der Stadt um das städtische Kanalnetz und später den Hartz-IV Paroli zu bieten. Gleising klingt nicht verbittert. Bei manchen Initiativen erarbeitete er sich durchaus die Anerkennung anderer Parteien: „Uns ist es einfach nicht gelungen, bei den jungen Leuten zu punkten“, räumt er ein.
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Die eigentliche Überraschung des Wahlabends ist die Partei „Die Partei“ (zwei Mandate) mit Spitzenmann Nils-Frederick Brandt. Der gelernte Klempner freut sich schon auf den Politikbetrieb und berichtet stolz, dass sogar Thomas Eiskirch gewünscht habe, dass er auch gewählt wird. „Eins ist sicher, wir werden realpolitische Themen ansprechen, natürlich verzichten wir dabei nicht auf satirische Elemente.“
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