Bochum. Damit der Konzertsaal des neuen Bochumer Musikforums nach der Fertigstellung gut klingt, gibt es einiges zu beachten.
Die Marienkirche als Foyer, rechts davon die Räume der Musikschule und auf der linken Seite der Konzertsaal – beides jeweils in einem kubischen Gebäude. Von außen soll das Musikforum in der Innenstadt eine unkonventionelle Kombination aus alt und neu darstellen. Die Inneneinrichtung hingegen soll mit amerikanischer Kirsche an Wänden und Brüstungen sowie hellen Polstern in den Sitzreihen eher klassisch ausfallen.
Doch Optik ist bei einem Bau wie diesem nur eine Sache. Wichtiger ist noch die Frage: Wie wird es klingen, wenn die Symphoniker im nächsten Jahr hier (endlich) ihr erstes Konzert spielen? Raumakustiker kümmern sich darum, dass die Antwort darauf positiv ausfällt. Eckard Mommertz von der bayerischen Ingenieur-Firma Müller-BBM, die beim Bau des Musikforums behilflich ist, weiß: „Die beste Akustik ist die, die man nicht sieht.“
Saal in Form eines Schuhkartons
Schon bei der Saalgeometrie müssen Architekten eine wichtige Entscheidung treffen, denn allgemein wird hier zwischen zwei Typen unterschieden. Zum einen wäre da der „Schuhkarton“, ein klassischer Rechteckraum. Hier hebt der Widerhall der Seitenwände die hohen Töne bei lauten Musikpassagen hervor; die Töne werden in Richtung der Zuhörer geleitet. Das Ergebnis: Die Musik klingt dynamischer. Auch das Bochumer Musikforum, ebenso wie die Essener Philharmonie und das Konzerthaus Dortmund, ist ein klassischer „Schuhkarton“. Neue Gebäude werden häufig vieleckig geplant – nehmen außergewöhnlichere Formen an. Dann befinden sich Orchester und Dirigent mitten im Raum und die Zuschauerränge sind wie an einem Weinberg angeordnet.
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Es erfordert komplizierte Mathematik, um am Ende den perfekten Klang zu erzeugen. Nicht nur das Publikum, sondern auch Dirigent und Orchester stellen gewisse Anforderungen an den Konzertsaal. Zunächst muss das Raumvolumen genau berechnet werden. „Für die spätromantische Musik eines großen Orchesters wie die Bochumer Symphoniker braucht es ein Minimum an Raumvolumen“, sagt Kulturdezernent Michael Townsend. Es muss so groß sein, dass die Nachhallzeit in einem voll besetzten Saal bei etwa zwei Sekunden in den mittleren Frequenzen liegt. Ist die Nachhallzeit kürzer, wirkt ein Raum „tot“. Ist sie länger, verwischt der Ton.
Deckenkonstruktion wird schalldurchlässig
Im Fall des Musikforums wurde errechnet, dass das Raumvolumen bei rund 14 000 Kubikmetern liegen muss. „Wie viel Publikum am Ende in den Konzertsaal passt, war zu Beginn erst gar nicht definiert. Es wurde von akustischer Seite her geplant“, so Townsend. Der sichtbare Raum wird am Ende jedoch viel kleiner sein, da die Deckenkonstruktion schalldurchlässig gestaltet wurde. Mithilfe von Simulationsmodellen kann die Akustik des fertigen Saals im Vorfeld abgeschätzt werden.
Auf Basis des Raumvolumens konnte im Anschluss geplant werden, welche Materialien für Emporen, Wände und Decke verwendet werden. Grundsätzlich gilt: Glatte, harte Flächen werfen den Schall zurück; offenporige Oberflächen wie Vorhänge oder Polsterungen schlucken den Schall. „Die Akustik ist der hörbare Teil der Architektur“, sagt Mommertz. Im letzten Detail werden schließlich Wände angeschrägt und Akustiksegel in der Deckenkonstruktion befestigt, um eventuell auftretende akustische Probleme zu beheben.
Stühle schlucken Schall
Sogar an die Sitzmöbel im Musikforum werden hohe Ansprüche gestellt. Besonders kommt es darauf an, wie schallreflektierend beziehungsweise wie schallschluckend sie sind. „Sessel mit Holzlehnen wären ungeeignet“, so Townsend. Denn dann würden die Musiker bei ihren Proben vor dem leeren Saal nicht annähernd die gleiche Akustik vorfinden wie bei Konzerten vor ausverkauftem Zuschauerraum.
Hochkultur trifft auf Drogenszene in Bochum
Gegenüber des Musikforums hat die Krisenhilfe verschiedene Angebote für Drogenabhängige geschaffen. Torsten Polesch, Fachbereichsleiter für niedrigschwellige Angebote, sieht darin aber kein Problem: „Ich finde es eher interessant, wenn so unterschiedliche Gruppen zusammentreffen.“ Am Anfang sei die Vorstellung vielleicht ungewöhnlich. Doch allein die Öffnungszeiten der Methadonambulanz könnten mit denen des Konzerthauses kollidieren – nicht jedoch die des Kontaktcafés, in dem der 44-Jährige seit 2002 tätig ist.
Seine Arbeit beschreibt Polesch folgendermaßen: „Wir halten die Leute vorm Sterben ab.“ Im Drogenkonsumraum können Abhängige unter stressfreien und hygienischen Bedingungen Heroin und Kokain konsumieren. Sogenannte leichte Drogen sind tabu; im Kontakcafé darf nur Bier getrunken werden.
Häufig stehen Poleschs „Klienten“ vor dem Gebäude an der Viktoriastraße. „Die Toleranz hat im Laufe der Jahre zugenommen und wir haben ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn“, sagt er. Auch die Kooperation mit der Polizei laufe problemlos ab.
Bevor Torsten Polesch zur Krisenhilfe kam, arbeitete er als Sozialversicherungsangestellter. „Ich war dort aber wie ein Papst im Bordell.“ Er habe schnell gemerkt, dass er Menschen um sich herum braucht. Als jemand aus seinem Bekanntenkreis an einer Überdosis starb, kam er über ein Praktikum als Sozialarbeiter zur Krisenhilfe. „Die Szene ist familiär – mit allen Problemen, die das mit sich bringt.“ Schlägereien, Waffen und Wiederbelebungen nach Überdosen gehören zu seiner Arbeit dazu. Doch trotz der Strapazen macht er seinen Job auch nach 13 Jahren noch gerne: „Ich habe immer noch Bock. Man kommt morgens rein und weiß nie, was passiert. Es gibt einfach immer etwas Neues.“