Bochum.. Während sich andernorts im Revier mehrere Rockerbanden bekriegen, ist Bochum reines Bandido-Gebiet. Der berüchtigte Club residiert seit Jahren in einem alten Backsteinhaus im Stadtteil Laer. Die Rocker verhalten sich unauffällig, feiern sogar Straßenfeste. Doch sie haben Einfluss.
Das alte Backsteinhaus wirkt verwaist. Im Erdgeschoss sind alle Rollläden heruntergelassen, manche Fenster sind zugemauert, andere vergittert. Eine Mauer mit Stacheldraht umgibt das Gelände, nur durch ein Gitter am Eingang können Besucher einen Blick in den Hof werfen. Ein paar Stühle und Tische stehen herum, darauf leere Bierflaschen. An die Wand neben einer kleinen Sitzecke hat jemand „Fat Mexican Bar“ geschrieben. Niemand ist zu sehen, niemand reagiert aufs Klingeln.
Die ehemalige Gaststätte an der Alten Wittener Straße 28 ist seit Jahren Heimat der berüchtigten Bandidos. Dort treffen sich die Mitglieder des Rockerclubs, regelmäßig fahren Männer mit tätowierten Oberarmen und röhrenden Motorrädern durch die kleine Straße vis-à-vis des Opel-Werks. 2012 stürmte ein SEK-Trupp das Gebäude, Elite-Polizisten mit Maschinenpistolen im Anschlag filzten die Räume, fanden Waffen und in einem Billardtisch Kokain. Trotzdem: Die Polizei sagt, die Rocker verhielten sich in Laer betont unauffällig.
Hinterm Tresen der „Bürger-Klause“
Regina Rück (66) lebt seit 35 Jahren in Laer, fast jeden Tag steht sie hinterm Tresen der „Bürger-Klause“. Sonst stoßen dort Opelaner auf ihr Schichtende an, Montagmorgen ist die Kneipe noch leer. Während aus den Boxen die „Flippers“ dudeln, erzählt Rück von den Straßenfesten, die die Rocker organisieren. „Das machen die ganz toll, die Kinder dürfen dann im Beiwagen einmal um den Block fahren.“ Ob sie sich bedroht fühle durch die Rocker nebenan? Nein, sagt Rück, sie klingt trotzig: „Vor denen hab ich keine Angst.“
Ein paar Häuser weiter bindet Blumenhändlerin Christiane Gust (45) einen Strauß. Vor vier Jahren machte sie den Laden auf, damals wusste sie nichts vom Ruf der Bandidos. Im westlichen Revier kämpfen sie mit den verfeindeten Hells Angels und anderen Gruppen um die Vorherrschaft im lukrativen Rotlichtmilieu, doch Bochum ist reines Bandido-Gebiet. „Ich bin absolut gegen Prostitution und Drogen“, sagt Gust. Sie sagt aber auch: „Wenn da eine Traube Männer in Kutten vor dem Clubheim steht – die würde ich nicht ansprechen.“ Zahrina Kulinna (22), die in einem Sonnenstudio an der Alten Wittener arbeitet, hat beobachtet, dass es trotz des mitunter schwierigen Publikums ruhig sei im Viertel. Stunk gebe es selten. „Keine Ahnung, ob das was mit den Bandidos zu tun hat.“
Ein Rocker sagt: „Was die intern machen, muss keinen interessieren“
Als die WAZ einen Mann vor einem Café anspricht, nimmt der die Rocker in Schutz. „Die sind nett und hilfsbereit“, behauptet er, „was die intern machen, muss keinen interessieren“. Schließlich holt er ein Foto heraus, es zeigt ihn in Rockerkluft auf einem Motorrad. Er sei selbst bei einem Supporters Club, unterstütze also die Bandidos. Anrüchig sei das nicht. „Nicht alle haben mit Drogen und Prostitution zu tun. Leider werden alle Bandidos über einen Kamm geschoren.“
Die Gruppe tue was für den Stadtteil, sagt der Mittfünfziger. Das Clubheim etwa sei abends immer besetzt – für den Fall, dass andere Bandidos auf der Durchreise einen Schlafplatz benötigten. Alles ganz harmlos, beteuert er. Einen angenehmen Nebeneffekt gebe es allerdings: „Dass Betrunkene rumpöbeln, das traut sich hier keiner.“