Paderborn. Er legte Venenzugänge und gab sich als Notarzt aus. Dafür wurde ein 33-Jähriger aus Bochum in Paderborn zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Er habe Leben gerettet, nicht gefährdet - davon scheint der 33-Jährige auf der Anklagebank noch immer überzeugt zu sein. Dennoch wird er zu drei Jahre Haft verurteilt - weil er sich als jemand ausgab, der er nicht war. Vier Tage lang behandelte er als angeblicher Arzt auf der Rettungswache im ostwestfälischen Delbrück mehrere Notfallpatienten. Davor arbeitete er schon jahrelang als Intensivpfleger - ohne entsprechenden Abschluss.

Das war falsch, räumt er in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Paderborn ein. Echte Reue spricht jedoch kaum aus seinem umfangreichen Geständnis. Auch deshalb fällt der Richter am Montag wohl ein so empfindliches Urteil: Medizinische Kenntnisse machen noch keinen Arzt, lautet die Botschaft. Wer seine Karriere auf Betrug gründe, dürfe damit nicht durchkommen.

Was der Staatsanwalt in seinem Plädoyer eine "gnadenlose Selbstüberschätzung" nennen wird, zeigt sich schon zum Auftakt des Prozesses. Der sprachgewandte Angeklagte aus Bochum präsentiert sich als Musterschüler während der Ausbildung zum Krankenpfleger. Nur: Abgeschlossen hat er diese nie.

"Andere Leute haben Hobbys. Ich habe meinen Beruf"

Depressionen, später dann seine Vorstrafen nennt er als Hemmnisse. "Ich habe dann versucht, mit dem was ich konnte, aber nicht durfte, Fuß zu fassen." Dem Gericht schildert er sich dabei als leidenschaftlich im Einsatz für die Kranken. "Andere Leute haben Hobbys. Ich habe meinen Beruf", beteuert der Möchtegern-Mediziner. Er bringe Fachkenntnis, Empathie und inzwischen auch viel Erfahrung mit.

In der Tat: 15 Jahre lang arbeitet er als Pfleger und Rettungssanitäter, macht sich selbstständig als Pflegeberater, verkauft Medizinprodukte - manches legal, für anderes muss er sich mehrfach vor Gericht verantworten. Er kassiert Geldstrafen, muss sogar für einige Monate hinter Gitter, kommt auf Bewährung frei. Seine Masche aufgegeben hat er nicht.

In Bochum laufen Ermittlungen gegen ihn als mutmaßlich falschen Intensivpfleger. Später geht er sogar den Schritt weiter. Will wohl beweisen, dass er ganz ohne Studium und Abschluss Arzt sein kann: "Ich weiß, dass ich es kann, auch wenn ich es nicht darf", sagt er im Prozess.

Richter sieht große kriminelle Energie

Dass kein Patient Schaden nahm, schütze ihn nicht vor einer Gefängnisstrafe, befindet jedoch der Richter: Er verhängt die dreijährige Haftstrafe, unter anderem wegen Urkundenfälschung und Missbrauchs der Bezeichnung Arzt. Als gefährliche Körperverletzung sei es zu werten, wenn ein Nicht-Mediziner im Arztkittel Venenzugänge legt und Medikamente verabreicht.

Er habe große kriminelle Energie an den Tag gelegt - und das seine gesamte Karriere lang, hält der Richter dem 33-Jährigen vor. Die Gefahr, dass ihm im Notfall plötzlich doch die medizinische Tiefe fehle, habe der Angeklagte ihn Kauf genommen - aus reiner Geltungssucht.

Die möglichen Folgen machte zuvor der Chef der Rettungswache, dem der Betrug aufgefallen war, im Zeugenstand deutlich: "Das hätte Menschenleben kosten können." (dpa)