Bochum-Harpen. Ein seit Monaten unbewegtes Auto ist aus Anwohnersicht eine Gefahrenquelle. Die Stadt Bochum erklärt, sie dürfe das Auto nicht abschleppen.
Über Falschparker hat sich jeder schon einmal geärgert. Aber das Auto, welches Daniel Jahn (Name geändert) seit Monaten ein Dorn im Auge ist, hat eine neue Dimension erreicht: Denn der blaue Opel steht seit mittlerweile anderthalb Jahren auf öffentlichem Gehweg in Bochum-Harpen. „Seit ich hier wohne, ist das Auto nicht bewegt worden“, ist sich der Anwohner sicher und führt zu dem Kfz. Moos wächst bereits auf dem Lack, im Innenraum fliegen Kleidung und Zigarettenstummel umher.
Fahrzeug steht seit Monaten auf dem Gehweg in Bochum-Harpen
„Die Zigarettenschachtel auf dem Armaturenbrett ist seit meinem Einzug keinen Millimeter verschoben, es fährt also niemand damit“, so der 27-Jährige. Das ist auch besser so: Der TÜV ist seit Januar 2018 abgelaufen. „Das Auto ist eine Gefahrenquelle“, meint Jahn. Denn beim Abbiegen in die Händelstraße – etwa in Richtung Castroper-Hellweg oder Dietrich-Benking-Straße sei das Fahrzeug im Blickfeld. „Hier ist eigentlich eine Tempo 30-Zone, aber die Autos fahren oft schneller“, sagt der WAZ-Leser.
Er frage sich deshalb, ob erst ein Unfall passieren müsse, bis die Stadt einschreite. Mit der ist er nämlich bereits seit Ende November vergangenen Jahres in Kontakt – allerdings erfolglos. Dabei hatte ihm das Tiefbauamt bestätigt, dass das KfZ auf öffentlichem Gehweg parke und den Vorgang an die Verkehrssicherung weitergeleitet.
Vieles an der Angelegenheit ist seltsam
Die wiederum wollte das Auto bei Kontrollen vor Ort nicht entdeckt haben. „Das ist ein Witz“, findet Jahn. „Ich habe sogar Fotos und eine markierte Karte mit dem genauen Standort mitgeschickt“, sagt er. Auch sein Vorschlag, einen Spiegel auf der gegenüberliegenden Straßenseite anzubringen, um den Abbiege-Vorgang sicherer zu gestalten, wurde abgelehnt.
251.725 Fahrzeuge
In Bochum waren kürzlich insgesamt 251.725 Fahrzeuge aller Klassen gemeldet. Davon 203.227 Pkw, 15.252 LKkw, 167 Busse und 15.723 Krafträder. Die Zahl der Elektrofahrzeuge lag bei 1006. Außerdem waren 2414 E-Hybrid-Fahrzeuge gemeldet.
Bochum zählt zu den Top-Autostädten. 2013 kamen laut Kraftfahrt-Bundesamt mit 508 auf 1000 so viele PKW auf Einwohner wie in keiner anderen Stadt.
Von der Stadt hat Jahn erfahren, dass bereits seit 2019 ein Bußgeldverfahren gegen den Halter läuft – die Bußgelder allerdings bezahlt werden. Auf WAZ-Anfrage hin bestätigt Stadtsprecher Thomas Sprenger den Sachverhalt: „Seit 2019 wurde der Halter mehrfach im Rahmen von festgestellten Ordnungswidrigkeiten angeschrieben und es wurden Bußgelder erlassen. Aktuell wurden erneut Verfahren gegen den Halter eingeleitet.“ Jahn fragt deshalb: „Warum kann die Stadt das Fahrzeug dann nicht abschleppen lassen? Immer Bußgelder zu verhängen ist doch keine Dauerlösung!“
Stadt Bochum wurde informiert
Die Stadt Bochum hat dafür eine Erklärung. „Da das Fahrzeug keine Gefährdung darstellt, kann es nicht ohne weiteres einfach abgeschleppt werden. Solange das Fahrzeug zugelassen ist, können daher zunächst einmal tatsächlich nur Verwarnungs- oder Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten eingeleitet werden“, erklärt Thomas Sprenger. Maßnahmen zur Beseitigung von Fahrzeugen seien Eingriffe in das Eigentumsrecht einer Person, weshalb der Gesetzgeber hohe Ansprüche an ein Eingreifen stelle, sagt er zudem.
Stadt Bochum kann das Auto nicht abschleppen lassen
Ein Einschreiten im Sofortvollzug, also ein unmittelbares Abschleppen komme nur in Betracht, wenn das Fahrzeug so abgestellt werde, dass durch das Abstellen eine Gefahrensituation hervorgerufen werde - ein schwerwiegender Parkverstoß ist also die Voraussetzung. Die Bochumer Stadtverwaltung aber sieht das an der Händelstraße nicht gegeben. „Es handelt sich lediglich um einen einfachen Verstoß gegen die StVO. Das Fahrzeug kann daher nicht einfach durch die Behörde abgeschleppt werden“, erläutert Thomas Sprenger außerdem.
Kennzeichen waren zeitweise weg
Doch ein seltsamer Vorfall hat sich ereignet: „Ende 2020 fehlten plötzlich die Kennzeichen, nun sind sie wieder dran montiert worden“, hat Jahn beobachtet. Von der Stadt hat er jedoch erfahren: Im Januar ist ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen geblitzt worden. „Das kann nicht der hier stehende Opel gewesen sein“, ist sich Jahn sicher. Er hat bereits in Erwägung gezogen, Kreidemarkierungen anzubringen.
Die Stadt Bochum sagt: „Ob es das exakt gleiche Fahrzeug ist oder die Kennzeichen auf ein anderes Auto montiert wurden, kann von hier nicht beantwortet werden.“ Auf die Frage, warum genau kein Spiegel infrage kommt, teilt die Stadt Bochum lediglich unverdrossen mit: „Auf Wunsch des Bürgers ist auch diese Möglichkeit geprüft, aber letztendlich abgelehnt worden.“