Bochum. Neben „Querdenkern“ zogen auch Gegen-Demonstranten vor das Schauspielhaus Bochum. Wie viele genau, da gehen die Schätzungen auseinander.
„Nazis raus!“-Rufe, unterlegt mit Musik von Nena und Xavier Naidoo: Diese seltene Klangkulisse bot sich am Samstagnachmittag vor dem Bochumer Schauspielhaus, wo sich „Querdenken“-Anhänger und Gegendemonstranten gegenüberstanden. Rund hundert Kräfte der Polizei schirmten die beiden Demonstrationsgruppen – mit je mehreren hundert Teilnehmenden – voneinander ab.
Querdenken und antifaschistische Gegendemo vor Bochumer Schauspielhaus
Bereits um 14.30 Uhr war der Tana-Schanzara-Platz (auf der gegenüberliegenden Straßenseite) dicht gefüllt mit Gegen-Demonstrierenden unterschiedlicher Bochumer Bündnisse. Banner und Papp-Schilder mit „Impfen statt Schimpfen“, „Nachdenken statt Querdenken“, „Bochum nazifrei“ und „Abstand halten gegen Rechts“ halten die Anhänger von Antifa, GEW, Jusos, „Omas gegen Rechts“, „Extinction Rebellion“ und weiteren Bewegungen in die Höhe.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, dem Hans-Schalla-Platz direkt vor dem Schauspielhaus, sammeln sich gegen 15 Uhr mehr und mehr „Querdenker“, ausgestattet mit Armbinden auf denen „Denker“ oder „Ungeimpft“ steht – sowie roten Herz-Luftballons. „Hallo ihr lieben Antifas. Mehr sagen wir heute nicht mehr zu euch, besser ist’s“, ruft Querdenken-Rednerin Steffi, „Laut Polizei müssen wir Abstand halten und Masken tragen, wer nicht davon befreit ist, – also alles, was bewiesenermaßen wissenschaftlich Quatsch ist!“
Die Querdenken-Redner führen weiter aus, sie würden durch „die Technokratie“ bedroht, und: „Was hier passiert, ist schlimmer als das, was in der DDR passiert ist!“ Ihr Aufruf: „Geht in ,Die Basis’!“
Rund hundert Polizeikräfte trennen Demonstrationsgruppen
Auch bei der Kundgebung auf der gegenüberliegenden Seite wird Kritik an den Corona-Maßnahmen geübt, viele seien rassistisch oder würden die soziale Ungleichheit verschärfen. Mit Blick auf die nächtlichen Ausgangssperren ruft eine Rednerin der Gegendemo in ihr Mikrofon: „Das Virus geht nicht nachts spazieren, sondern tagsüber arbeiten!“ Eine junge Gegendemonstrantin will ihrem aufgebrachten Begleiter „Querdenker“ erklären: „Die fühlen sich beschnitten in ihrer Welt.“
Die Präsenz der Bereitschaftspolizei auf den Plätzen und auf der Mittelinsel der Oskar-Hoffmann-Straße ist beachtlich. Immer wieder werden die beiden Gruppen mit dem Megafon dazu aufgefordert, die nötigen Abstände einzuhalten und nicht auf die Fahrbahn zu treten. Ein Redner der Gegendemo antwortet per Megafon: „Bei diesem breiten linken Bündnis hat es 25 Minuten gedauert, bis Sie uns diesen freundlichen Hinweis gegeben haben – aber dann macht das verdammt-nochmal auch bei den Scheiß-Spaziergängern montags.“ Die Gegendemonstrierenden klatschen Beifall.
Gegen 15.45 Uhr setzt sich der „Querdenker“-Zug in Richtung Bermudadreieck in Bewegung, vorbei an Gegendemonstranten, die „Nazis raus“ rufen. Viele „Querdenker“ übertönen die Rufe mit Trillerpfeifen, andere stimmen selbst in „Nazis raus“-Rufe ein, einer schreit: „Nie wieder Faschismus!“
Schätzungen zur Zahl der „Querdenker“ gehen auseinander
Die Organisatoren der Gegendemo ziehen eine positive Bilanz. „Es ist traurig, wenn solche Leute durch die Gegend marschieren, aber es schön, dass ganz viele nicht schweigen“, sagt Felix aus dem Orga-Team.
Beim Blick in die Menge der „Querdenker“ fällt der Ordnungsdienst ins Auge, der die Einhaltung der Maskenpflicht zu kontrollieren versucht. Einige Demonstrierende halten sich nicht daran. Polizei-Einsatzleiter bestätigt: „Es gab vereinzelt Anzeigen – unter anderem auch wegen gefälschter Maskenbefreiungen.“ Um 17.50 Uhr endet die Demonstration von „Querdenken“.
Die Schätzungen zur Anzahl der „Querdenker“ gehen auseinander. Verteilten sich zu Demo-Beginn rund 250 Menschen auf dem Platz vor dem Schauspielhaus, waren es laut Polizei während des Demonstrationszugs durch die Stadt „in der Spitze 900 Personen“. Mit Bezug auf die Polizei meldet der Pressedienst der EPD dagegen 700 Demonstrierende der „Querdenken“-Seite.
Die Gegendemonstration mit rund 500 Teilnehmenden wurde laut Einsatzleiter Felix Horn nicht gestört. Bei der „Querdenken“-Demo war das nicht der Fall. „Vereinzelt haben Gegendemonstranten versucht, den Aufzug zu stören oder zu stoppen“, so Horn.