Brilon. Einziger Wahlkampf-Auftritt von Friedrich Merz und Markus Söder außerhalb von Bayern. Merz: Abschied von Kernenergie auch CDU-Fehler.
Es war in Nordrhein-Westfalen sicherlich der Höhepunkt des Wahlkampfes von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2025: Der Sauerländer trat am Sonntagvormittag gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder in der Schützenhalle Brilon auf. Rund 1000 Anhänger feierten die beiden Redner, die rund 90 Minuten den Saal auf die kommende Bundestagswahl am 23. Februar 2025 einstimmten. Harte Kritik gab es an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen), der als Gesicht der Wirtschaftskrise tituliert wurde. Bemerkenswerterweise gab es aber keine Absage an die Grünen als möglichen Koalitionspartner, weder von Merz, noch von Söder. Der Andrang vor der Veranstaltung war derart hoch, dass es zu Beginn ein paar Minuten Verzögerung gab. Was die Unionspolitiker zur Zukunft Deutschlands und Europas, zu Bürgergeld und Energiepolitik sowie zum Verhältnis zu den USA sagten, lesen Sie hier.
Bilder des Tages: Friedrich Merz und Markus Söder im Sauerland
13.30 Uhr: Das Blasorchester spielt zum Ausklang noch eine Weile Musik. Derweil leert sich die Schützenhalle in Brilon. Wie es die Gäste fanden? Angelika Kolkmann, Erste stellvertretende Bürgermeisterin aus Bad Sassendorf, war es wichtig heute in Brilon zu sein: „Ich bin zuversichtlich. Wenn wir diesen Schub mitnehmen bis zum 23. Februar, mach ich mir keine Sorgen“, sagt sie.
Typischer Sauerländer Zusammenhalt
Henry Siebert und Jonah Gosselke aus Brilon hat es gefallen. „Markus Söder und Friedrich Merz waren inhaltlich top. Söder etwas amüsanter und Merz etwas ernsthafter“, sagen sie. Sie sind beide nicht in der CDU, aber: „Wir haben hier den typischen Sauerländer Zusammenhalt gespürt.“
Stefan Kempen aus Arnsberg ist CDU-Mitglied. Er sitzt dort für die Partei im Rat: „Ich finde es wichtig, dass sich alle nicht nur über Social Media informieren und dort nur Ausschnitte von Reden zu hören bekommen. Es müssten viel mehr Leute zu solchen Veranstaltungen kommen und die gesamte Rede hören. Dann erste entsteht ein richtiges Bild.“
13.00 Uhr: Die beiden Spitzenpolitiker Friedrich Merz und Markus Söder herzen sich auf der Bühne und lassen sich vom begeisterten Publikum im Saal feiern. Zum offiziellen Abschluss des Wahlkampfspektakels wird schließlich die Deutsche Nationalhymne angestimmt, bevor Merz und Söder sich aus der Schützenhalle in Brilon verabschieden.
12.56 Uhr: Friedrich Merz beendet seine Rede beim Weißwurstfrühschoppen mit Markus Söder in der Schützenhalle in Brilon unter donnerndem Applaus. Ein echtes Heimspiel für den Sauerländer CDU-Mann.
12.50 Uhr: Merz stilisiert die kommende Bundestagswahl zur „Schicksalswahl“ für die kommenden Jahrzehnte hoch. „Sie wird noch in zehn, zwanzig und dreißig Jahren einen Kurs für Deutschland vorgeben. Den Kurs für Deutschland und für Europa für viele, viele Jahre.“
Bemerkenswert: Bei aller harten Kritik an Wirtschaftsminister Habeck gab es am Sonntagvormittag vom CSU-Chef Söder und auch vom Kanzlerkandidaten Friedrich Merz keine grundsätzlich Absage an die Partei Die Grünen.
12.40 Uhr: Friedrich Merz kündigt eine grundsätzliche Wende in der Energiepolitik an. Die rot-grüne Energiepolitik wird grundlegend geändert nach dem Regierungswechsel, um wieder eine sichere Energierversorgung zu bekommen“, sagt Merz. Den Ausstieg aus der Kernenergie und den bereits begonnenen Rückbau der Kraftwerke bezeichnet Merz rückblickend als „Unfug“.
Der Begriff „Bürgergeld“ werde verschwinden, eine grundlegende Reform sei hier nötig - und die Rückbesinnung auf den SPD-Altkanzler Gerhard Schröder und das alte Motto „Fordern und Fördern“.
Krieg auch gegen Deutschland
Beim Thema Ukraine betont der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat uneingeschränkte Solidarität. „Es ist völlig klar, dass wir den Menschen ohne Einschränkung helfen. Nicht nur humanitär und finanziell, sondern auch militärisch.“ Es sei auch kein Krieg allein gegen die Ukraine, wie permanente Angriffe auf die Infrastruktur in Deutschland und Europa zeigten. „Angriffe auf unsere Freiheit, Demokratie und unsere Volkswirtschaft finden jeden Tag statt.“
12.30 Uhr: Merz stimmt in der Söder-Kritik an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) zu. „Habeck ist das Gesicht der Wirtschaftskrise und verantwortlich für den Niedergang unserer Volkswirtschaft!“ Mit einem grundsätzlicher Politikwechsel wolle er die Wirtschaft so ausrichten, dass sie wieder wachsen könne. Zwei Prozent Wachstum habe man sich vorgenommen, das seien 90 Milliarden Euro mehr Volksvermögen pro Jahr.
12.15 Uhr: Friedrich Merz tritt ans Rednerpult auf der Bühne der Schützenhalle. Der Sauerländer nimmt sofort Bezug auf Söders Rede: Man wisse nicht genau, was Trump vorhabe, „aber richten wir uns darauf ein, dass unsere Welt ab morgen Abend eine andere sein wird.“ Trump sei ein Präsident, der es ernst meine mit Amerika first. Wir müssten die eigenen Interessen in Europa und Deutschland genauso selbstbewusst vertreten. Nur dann werde man ernst genommen. „Wir werden nicht mit schlotternden Knien nach Amerika fahren sondern selbstbewusst unsere Interessen in Europa dort vertreten.“
12.10 Uhr: Markus Söder holt zum ganz großen Rundumschlag aus, bevor er seine Rede beendet: Bürokratieabbau, Einschränkung von Klagerechten für NGO. „Deren Macht müssen wir einschränken!“ Ein Schwenk zur Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Söder sei Merkel dankbar für vieles. An Merz gerichtet sagt er: „Ich bin dir dankbar, dass du einen anderen Weg einschlägst.“ Es sei in Deutschland über den Kopf gewachsen. Zuwanderung in Arbeit, aber keine Zuwanderung ins Sozialsysteme. Söder redet über die Notwendigkeit von Grenzkontrollen und Abschiebung von Straftätern. Er kritisiert die Legalisierung von Cannabis durch die Ampel-Regierung: „Ich verstehe, dass man die Ampel nur bekifft ertragen kann. Aber Deutschland wird mit Drogen überschwemmt und Cannabis ist eine Einstiegsdroge. Das Gesetz gehört weg“, wettert Söder. Mit Blick auf den Regierungswechsel in den USA und den Präsidenten Donald Trump, der am Montag sein Amt aufnehmen soll, betonte Söder, wie sehr dieser Wechsel einen Kanzler Merzu notwendig mache. „Ich will einen Bundeskanzler haben, der auch über ein Netzwerk und einen Kompass verfügt und mit den USA selbstbewusst umgeht.“
11:50 Uhr: CSU-Chef Söder redet sich in Rage und fordert nicht nur in der Politik, sondern auch von jedem Einzelnen mehr Leistungsbereitschaft: Der Leistungsgedanke in Deutschland, auch in der Schule und im Sport müsse wieder in den Vordergrund. „Wir kommen gegen Länder wie China sonst nicht an. Deutschland ist immer Leistungsland gewesen und Leistung muss wieder etwas zählen.“
11:25 Uhr: Der Ehrengast und CSU-Vorsitzende Markus Söder spricht: „Wir sind in einer so ernsten Situation dieses Landes wie nie zuvor. Wir brauchen einen grundlegenden Richtungswechsel.“ Sonst, so Söder, drohe in Deutschland auch ein Ruck Richtung Rechtspopulismus, wie in anderen Ländern Europas. Wenig überraschend, arbeitet sich der CSU-Chef an der Ampel-Regierung und insbesondere an der Partei Die Grünen ab. Kritik am Heizungsgesetz und am Ausstieg aus der Energieerzeugung mit Atomkraft sind Punkte, die er auch in Brilon nennt. Bundeskanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck hätten in Pension gehen sollen. In keinem Fall sollte Habeck wieder die Wirtschaftspolitik bestimmen dürfen: „Ich möchte unter keinen Umständen mehr einen Wirtschaftsminister Robert Habeck, der kann es einfach nicht.“ Der Saal spendet Applaus.
Habeck habe mindestens einen so hohen Anteil an der Deutschland-.Krise wie Kanzler Scholz, sagt Söder. Wirtschaftswende, Migrationswende und Wende in der Außenpolitik seien nötig: „Dafür ist Friedrich Merz der Richtige.“ Friedrich Merz und ihn habe von Anfang an eine Einsicht geeint: Wenn nicht eine grundlegende Wende eingeleitet werde, dann erlebe Deutschland einen Abstieg. Im Osten Deutschland gebe es schon stärkere Anzeichen, sagt Söder.
11.11 Uhr: Matthias Kerkhoff, Vorsitzender der Hochsauerland-CDU, begrüßt die 1000 Gäste. „Wir sind einig, geschlossen und stark, das ist die Botschaft aus Brilon heute Vormittag.“ Und weiter: „Wir wollen, dass du unser nächster Bundeskanzler wirst.“ Es gibt großen Applaus. Friedrich Merz und Markus Söder nehmen in der Schützenhalle Platz. An Friedrich Merz Seite sitzt seine Ehefrau Charlotte.
10.45 Uhr: Immer noch stehen rund einhundert Gäste vor der Halle. Noch haben sie von den Rednern nichts verpasst. Die werden für 11 Uhr erwartet. Wegen des großen Andrangs könnte es aber auch ein paar Minuten Verzögerung geben.
10.30 Uhr: Auf dem Briloner Marktplatz sind in der Zwischenzeit mehr als 60 Menschen zu einer Demo zusammengekommen. Organisiert wird sie von einem linken Bündnis. Motto der Demo: „Vielfalt statt Weißwurst“. Die Veranstaltung soll planmäßig bis 12 Uhr auf dem Briloner Marktplatz mit Redebeiträgen und Livemusik stattfinden.
10.20 Uhr: In der Halle wirbt die CDU schon einmal mit Aufklebern, die Friedrich Merz als neuen „Deutschland-Piloten“ zeigen: „Mission Kanzleramt“ steht darauf.
„Ich erwartete mir eine Aufbruchstimmung“, sagt Helga Arens aus Medebach. Sie hat vor 24 Jahren die Frauenunion in Medebach gegründet und ist heute stellvertretende Vorsitzende der Seniorenunion. Es sei erschreckend , dass so viele Menschen nicht wählen gehen, sagt die 72-Jährige. Sie ist seit zehn Jahren Rentnerin, arbeitet aber weiterhin. „Weil es mir Spaß macht und ich es kann“, sagt sie. Die Sauerländerin unterstützt Merz: „Wer Lust hat und kann, der soll länger arbeiten dürfen.“
09.50 Uhr: Nach und nach finden die Gäste Platz. Die Halle füllt sich in Erwartung des Auftritts der beiden Unionspolitiker. „Ich will mal hören, welche Marschrichtung für Deutschland die beiden heute vorschlagen“, sagt Franz-Josef Schmücker (71) aus Brilon („Ich habe die gleichen Initialen wie Franz-Josef Strauß). Er hat seit kurz vor 9 vor der Halle gewartet. Die Wirtschaftspolitik müsse sich dringend ändern, die Migrationspolitik auch. „Mit den Grünen geht das nicht“, sagt Schmücker. Derweil wird bereits Weißwurst serviert. Es ist angerichtet zum „Politikwechsel“ wie es auf der Leinwand in der großen Halle steht. Die Weißwürste kommen aus der Region, von einem Hersteller, der sonst Dicke Sauerländer anbietet, das Bier kommt ebenfalls aus dem Sauerland.
09.35 Uhr: Der Start der Veranstaltung scheint sich zu verzögern. Immer noch stehen Hunderte vor der Halle in der Kälte. Dann ist endlich Einlass. Rund 90 Medienvertreter hatten sich angemeldet. Nicht für alle gibt es Einlass. Die Journalisten der TV-Satire-Sendung „Heute Show“ dürfen nur draußen filmen und interviewen. Drinnen sorgt derweil ein Blasorchester schon einmal für die nötige Frühschoppenstimmung.
09.20 Uhr: Vor der Schützenhalle in Brilon warten schon hunderte Gäste, um eingelassen zu werden - bei Minusgraden. Zahlreiche Medien haben sich angekündigt. Auch die Satire-TV-Sendung „Heute Show“ darf da nicht fehlen. Ein großer Wahlkampftruck mit dem Merz-Slogan „Mehr Sauerland für Deutschland“ steht an der Schützenhalle. Auch der Briloner SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese ist präsent: Auf einem großen Wahlplakat vor der Halle.
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Auch Strauß, Kohl oder Schmidt waren schon in Brilon
Brilon war in der Vergangenheit immer wieder Anlaufpunkt für prominente Politiker: So war zum Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Unterstützung von Armin Laschet bei den NRW-Landtagswahlen in Brilon und sprach dort vor 2700 Gästen. Aus der Riege der Bundeskanzler waren schon Ludwig Erhard (CDU), Helmut Schmidt (SPD), Kurt Georg Kiesinger (CDU) und Helmut Kohl (CDU) Ehrengäste Brilons - letzterer gleich zweimal. Nicht immer war ein Wahlkampf der Anlass. Bundespräsident Horst Köhler war im Jahr 2008 zu Besuch. mit wi