Hagen. Der Fall des ertrunkenen Mädchens im Westfalenbad bewegte in diesem Sommer die ganze Stadt. Nun ist er zu den Akten gelegt.

Es war ein Fall, der ganz Hagen bewegte: Ende Juni fiel die kleine Amira (5) in das Freizeitbecken des Westfalenbads. Sie sank bis auf den Grund und lag minutenlang unter Wasser. Nach fünf Tagen ist das syrische Mädchen auf der Intensivstation der Kinderklinik verstorben. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren gegen drei Bademeister sowie gegen die Mutter (27) des Kindes eingestellt.

Ermittelt wurde gegen alle vier Beteiligten wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Es konnte jedoch nicht aufgeklärt werden, wie es zu dem tragischen Unfall gekommen ist.

Keine Pflichtverletzung

Eine strafrechtlich relevante Pflichtverletzung irgendeiner Person sei nicht festgestellt worden, erklärt Wolfgang Zwiehoff, der Rechtsanwalt der Mutter: „Ich stehe jetzt 41 Jahre im Beruf, aber kein Fall hat mich dermaßen betroffen gemacht und persönlich so mitgenommen wie dieser.“

„Ich stehe jetzt 41 Jahre im Beruf, aber kein Fall hat mich dermaßen betroffen gemacht und so persönlich mitgenommen wie dieser.““

Wolfgang Zwiehoff
Rechtsanwalt

Nicht, weil auch amtlich geprüft wurde, ob seiner Mandantin der Vorwurf einer möglichen Verletzung der Aufsichtspflicht gemacht werden könnte. Sondern weil er den Eltern, die Tag und Nacht am Bett von Amira standen und große Hoffnung hatten, weil ihre Tochter, angeschlossen an Maschinen, noch atmete - erklären musste, was es bedeutet, dass ein Hirntod unabwendbar ist.

Akribische Ermittlungen der Polizei

Die Ermittlungen der Polizei vor Ort, so der Anwalt, seien äußerst akribisch erfolgt. Die Beamten hätten die Unglücksstelle im Westfalenbad aufgesucht, Videoaufzeichnungen vom Unglückstag mitgenommen, gesichtet und ausgewertet. Doch die Kameras würden nicht alles erfassen. Der tragische Vorfall sei auf den Aufnahmen nicht zu sehen, so Anwalt Zwiehoff.

Tragischer Badeunfall: Kind (6) in Lebensgefahr - Medizinstudenten leisten sofort Erste Hilfe und reanimieren das bewusstlose Kind  Hagen (NRW) – Im Westfalenbad ereignete sich am Sonntagabend (23.06.2024) kurz vor Ende der Badezeit ein tragischer Unglücksfall. Nach Angaben der Polizei trieb ein sechsjähriges Mädchen leblos im Wasser des Freizeitbades. Das bewusstlose Kind wurde sofort aus dem Wasser gezogen. Zwei Medizinstudenten hätten laut Polizei sofort vorbildlich Erste Hilfe geleistet. Sie führten die Reanimation bis zum Eintreffen der Rettungskräfte durch. Auch ein Rettungshubschrauber und ein Kindernotarzt waren vor Ort und kämpften um das Leben des Mädchens. Die Rettungskräfte stabilisierten das Kind und brachten es mit dem Rettungswagen in eine Kinderklinik. Es schwebt weiterhin in Lebensgefahr. Die Hintergründe des Badeunfalls sind derzeit Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen.
Nach einem Badeunfall im Juni im Westfalenbad Hagen kommt es zu einem Großeinsatz. Für die kleine Amira aber kommt jede Hilfe zu spät. © Alex Talash | Alex Talash

Insofern konnten die Videos nicht zur Aufklärung beitragen, was tatsächlich passiert ist. „Zwei der beschuldigten Mitarbeiter des Westfalenbads waren zum Unfallzeitpunkt in einem anderen Bereich eingesetzt“, so Zwiehoff, „sie hatten nicht die Möglichkeit, einzugreifen.“ 

Schicksalhafte Verkettung

Der für den Unfallbereich zuständige Bademeister war kurz vor dem Vorfall noch am Becken, hatte sich aber kurzzeitig zum Rutschen-Auffangbecken begeben, weil sich dort Badegäste angesammelt hatten. Dies konnte auch anhand der Videoaufzeichnungen nachvollzogen werden. Vom Rutschen-Auffangbecken aus habe er das Unfallbecken nicht einsehen können. Er hätte also keine Möglichkeit gehabt, den Sturz des Kindes ins Wasser wahrzunehmen oder gar zu verhindern.

Wolfgang Zwiehoff: „Es ist leider eine schicksalhafte Verkettung tragischer Umstände, die zu diesem tragischen Unfall geführt hat.“ Oberstaatsanwalt Michael Burggräf bestätigte gegenüber unserer Zeitung die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ohne Auflagen.