Hagen. Ex-Chef von Aachener und Sinn: Modehändler Friedrich-Wilhelm Göbel, auf den mehrere Prozesse warten, ist im Ausland verhaftet worden.
Nach fast einem Jahr auf der Flucht ist der Modehändler Friedrich-Wilhelm Göbel festgenommen worden. Wie die Staatsanwaltschaft Hagen auf Anfrage der WESTFALENPOST bestätigt, ging der per europäischem Haftbefehl gesuchte ehemalige Chef der inzwischen insolventen Modehauskette Aachener den Behörden in Mailand ins Netz.
„Die Festnahme erfolgte am 17. Oktober, die italienischen Behörden haben die Auslieferung bewilligt. Er ist seit Mitte November in Deutschland und in einer Justizvollzugsanstalt“, sagte Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli dieser Redaktion.
Gegen Göbel, der sich einst als Retter von bis zu 25 Standorten des angeschlagenen Warenhauskonzerns Galeria ins Spiel gebracht und früher das Hagener Bekleidungsunternehmen Sinn geführt hatte, laufen in Deutschland mehrere unterschiedliche Verfahren. Nachdem der 61-Jährige Anfang November 2023 nicht zu einem Prozess am Amtsgericht Hagen erschienen war, galt er als flüchtig.
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Sein Düsseldorfer Anwalt Philipp Grabensee bestritt am Freitag auf Anfrage die Festnahme seines Mandanten nicht, wollte sich ansonsten aber nicht äußern.
Per europäischem Haftbefehl gesucht
Göbel war per europäischem Haftbefehl gesucht, bedeutet: Fahndungsmaßnahmen waren eingeleitet, sein Name stand in jedem Fahndungscomputer der Polizei, Behörden an den Flughäfen waren informiert. Dass sich der Unternehmer laut Staatsanwaltschaft Hagen nicht gestellt hat, sondern festgenommen wurde, könne bei der Strafzumessung eine Rolle spielen, dies sei jedoch Sache des Gerichts. Infolge der Festnahme und Auslieferung können die Prozesse in Deutschland nun fortgesetzt beziehungsweise gestartet werden.
Göbel muss sich zum einen vor dem Amtsgericht Hagen wegen des Vorwurfs der falschen Versicherung an Eides statt verantworten; in dieser Causa war im November 2023 Haftbefehl erlassen worden, nachdem Göbel nicht zur Verhandlung erschienen war.
Angeblich Vermögenswerte verschwiegen
Laut Amtsgericht Hagen soll der Unternehmer im Zuge einer Vermögensoffenlegung falsche Angaben gemacht, sein monatliches Einkommen als Chef der Hagener Textilhauskette Sinn um 1000 Euro zu niedrig angegeben haben. Außerdem soll er den Verkauf einer Immobilie in Kitzbühel in Tirol im August 2018 an seine damalige Frau verschwiegen haben. Wert laut Gericht: rund 4,7 Millionen Euro.
Im März 2023 hatte Göbel, dessen Ex-Frau 2021 die Sinn-Geschäftsführung übernahm, im Gespräch mit der WE$STFALENPOST erklärt, die fragliche Gehaltsabrechnung von Sinn sei tatsächlich falsch gewesen, aber korrigiert worden, sogar zu seinen Ungunsten.
Auch in Dortmund angeklagt
Zum anderen läuft am Amtsgericht Dortmund ein weiteres Verfahren gegen Göbel. Die Staatsanwaltschaft Dortmund wirft dem gelernten Banker einen Verstoß gegen das GmbH-Gesetz vor. Göbel soll 2021 bei der Anmeldung einer Firma als Geschäftsführer versichert haben, dass er nicht strafrechtlich vorbelastet sei. Dabei habe er auch erklärt, dass er in den vergangenen fünf Jahren nicht wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt worden sei. Aber: Das Amtsgericht München hatte gegen Göbel 2017 eine Geldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 100 Euro verhängt – wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung. Der Strafbefehl ist rechtskräftig, liegt dieser Redaktion vor.
Der Wirtschaftsstrafprozess vor dem Amtsgericht Dortmund war vor einem Jahr vorläufig eingestellt worden. Grund war der damals „unbekannte Aufenthaltsort“ von Göbel, wodurch man zu der Prognose gelangt sei, dass der Angeklagte nicht vor Gericht erscheinen werde, wie damals ein Gerichtssprecher erklärt hatte.
Diese Hauptverhandlung hätte vor wenigen Tagen, am 2. Dezember 2024, neu starten sollen. Der Termin war aber gestrichen worden. Auch dieser Prozess könnte nun neu angesetzt werden.
Aachener ohne Zukunft
Des Weiteren hatten die Staatsanwaltschaften Braunschweig und Hagen Göbel ebenfalls jeweils zum Haftantritt geladen. Hintergrund sind Verurteilungen zu je sechsmonatigen Haftstrafen des 61-Jährigen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen falscher Vermögensauskünfte. Das Manager Magazin hatte bemerkt: Göbel habe ein „illustres Vorstrafenregister“.
Der in Remscheid aufgewachsene Göbel war im Zuge der Insolvenz der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof ins öffentliche Blickfeld gerückt und hatte sechs Galeria-Filialen übernommen. Nach seiner Flucht war er aus der Modekette Aachener ausgestiegen, das Unternehmen hatte in der Folge Insolvenz angemeldet.
Im Frühjahr dieses Jahres hatte der Insolvenzverwalter das Aus für die Modekette bestätigt. 400 Beschäftigte verloren ihre Jobs. Es sei nicht gelungen, einen Investor zu finden, erklärte Insolvenzverwalter Christoph Schulte-Kaubrügger Ende Juni.
Hinweis: In einer früheren Version hieß es, Göbel sei im November in Italien verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft Hagern hat inzwischen präzisiert, dass die Festnahme bereits im Oktober erfolgt ist. Wir haben dies entsprechend korrigiert.