Krefeld. Nach den Missbrauchsfällen auf Krefelder Schultoiletten hat die Stadt erste Sicherheitschecks durchgeführt. Maßnahmen sollen deutlich erhöht werden.

  • Ende November soll ein 26-Jähriger an zwei Krefelder Grundschulen Kinder sexuell missbraucht haben
  • Die Stadt kündigte Sicherheitschecks an allen städtischen Schulen an. Im Fokus: Der Zugang zum Schulgelände sowie die Lage der Schultoiletten
  • Nun liegen erste Ergebnisse vor; die Sicherheitsmaßnahmen sollen vielerorts erhöht werden

Es ist knapp einen Monat her, dass der sexuelle Missbrauch an Kindern auf Krefelder Schultoiletten für Aufsehen sorgte: Ein 26-jähriger Mann soll sich am Mittwoch, 20. November, an zwei Schulen im Stadtgebiet Zutritt zu den Toiletten verschafft und dort jeweils ein Kind sexuell missbraucht haben.

Als Reaktion kündigte die Stadt wenig später Sicherheitschecks an allen 56 Schulen mit über 60 Standorten in städtischer Trägerschaft an, um „etwaige akute Nachbesserungsbedarfe“ zu identifizieren. Nun liegen die ersten Ergebnisse der Sicherheitskontrollen vor. Bisher seien zwei Drittel der 31 Grundschulen auf ihre baulichen Schutzmaßnahmen kontrolliert worden, erklärt die Stadt in einer Mitteilung. Besonders im Fokus: Der Zugang auf das Schulgelände sowie die Lage der Schultoiletten.

Nach sexuellem Missbrauch auf Krefelder Schultoiletten: Erste Sicherheitsprüfungen abgeschlossen

Zwar seien die bisher überprüften Schulen allesamt von Bebauung oder Zäunen umschlossen, „gleichwohl wurden bei den Ortsbegehungen erste Optimierungsbedarfe für die Eingangstore auf das Schulgelände identifiziert“, heißt es seitens der Stadt. Mehrere Schulen seien vorerst dazu übergegangen, die Tore nur zu Hauptankunfts- und Gehzeiten zu öffnen. Ein Zutritt zum Schulgelände während des Unterrichts sei also nur mit telefonischer Anmeldung möglich. „Diese Praxis erfordert jedoch personell und organisatorisch einen hohen Aufwand“, erklärt die Stadt.

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Daher soll der Zutritt zum Schulgelände dauerhaft für eine festgelegte Zeit während des Unterrichts auf einen Eingang reduziert werden. „Hier soll eine Klingelanlage mit einer Fernöffnung, einer Gegensprechanlage und bestenfalls einem Videosignal installiert werden.“ Außerdem plane die Stadt, alle Tore von außen mit einem Knauf und nur von innen mit einer Türklinke sowie einem ausreichenden Durchgreifschutz auszustatten.

Toilettenzugang nur mit einem Chip? Stadt Krefeld prüft Vorgehen

Die Stadt prüfe derzeit auch die Möglichkeit, an sensibel gelegenen Toiletten einen Chip-gesteuerten Zugang zu installieren, beispielsweise, wenn die WC-Anlage im Außenbereich und weit entfernt von einem Schulzugang liegt. Eine Schule teste dieses Modell bereits. „An allen Schulen gelten bereits erhöhte Vorsichtsmaßnahmen bei der Toilettennutzung. Sind mehrere Anlagen vorhanden, werden die außenliegenden oder schwieriger einsehbaren Toiletten lediglich in großen Pausen oder unter Aufsicht geöffnet.“

„Die festgelegten Änderungsmaßnahmen, insbesondere der Zugang über eine Videoklingel, bedürfen einer individuellen Prüfung eines jeden Schulstandorts. Dies kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen“, sagt Stadtdirektor und Schuldezernent Markus Schön. Niemand wünsche sich Schulen als Hochsicherheitstrakte, „gleichwohl möchten wir den Kindern einen größtmöglich geschützten Raum bieten. Auf diesem schmalen Grat bemühen wir uns gerade um einen praktikablen Lösungsweg“, so Schön weiter. Ab Anfang Januar setze die Stadt Krefeld ihre Sicherheitschecks fort, erst an den verbleibenden Grundschulen, anschließend folgen die weiterführenden Schulen.

Sexueller Missbrauch auf Krefelder Schultoiletten: So hat die NRZ über den Vorfall berichtet

Donnerstag, 21. November: Das Ende des Schultags ist noch viele Minuten entfernt, da stehen schon zahlreiche Eltern vor der Schule und warten auf ihre Kinder. Sie warten nicht im Auto oder auf dem Parkplatz, an diesem kalten Donnerstagmittag stehen alle direkt vor dem Schultor der Paul-Gerhardt-Schule in Krefeld-Uerdingen. Die meisten Eltern schweigen und blicken besorgt auf das Schulgelände, das sie an diesem Tag nicht betreten dürfen.

Wie die Staatsanwaltschaft und die Polizei mitteilen, hätten beide Schulen sofort die Polizei informiert, die wiederum eine Fahndung einleitete. Der Verdächtige sei kurze Zeit später festgenommen und am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt worden. Derzeit sitze er in Untersuchungshaft. Ihm wird schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen.

Kinder in Krefeld missbraucht: Verdächtiger festgenommen

Einen Hinweis auf einen weiteren Täter gebe es indes nicht. Trotzdem zeigte der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) an den beiden Grundschulen am Donnerstag verstärkte Präsenz – „insbesondere zu den Abholzeiten der Kinder“, sagte ein Stadtsprecher auf NRZ-Nachfrage.

Die Polizei zeigte am Donnerstag an zwei Grundschulen in Krefeld, der Paul-Gerhardt-Schule in Uerdingen (links im Bild) und der Johansenschule in Linn, Präsenz.
Die Polizei zeigte am Donnerstag an zwei Grundschulen in Krefeld, der Paul-Gerhardt-Schule in Uerdingen (links im Bild) und der Johansenschule in Linn, Präsenz. © FFS | FFS

Eltern besorgt: „Wir machen uns Sorgen, natürlich“

„Jeder, der ein Kind hat, kann sich sicherlich vorstellen, wie es uns gerade geht“, sagt ein Vater, der am Donnerstagmittag vor dem verschlossenen Tor der Paul-Gerhardt-Grundschule auf sein Kind wartet. „Wir machen uns Sorgen, natürlich.“ An dem Tor der Grundschule hängt ein Schild mit der Aufschrift: „Zugang nur für Schüler und Schülerinnen sowie Personal“.

Auch die Minister für Schule und für Inneres, Dorothee Feller und Herbert Reul (beide CDU), äußerten sich besorgt. „Das ist ein irrer, erschreckender Vorgang“, sagte Reul dem WDR. „Das hatten wir noch nicht – ich kann mich nicht erinnern.“ Beide Minister zeigten sich entsetzt, dass solche Straftaten in einem „Schutzraum für Kinder“ passierten.

„Zugang nur für Schüler und Schülerinnen sowie Personal“ steht auf einem Schild am Zaun der Paul-Gerhardt-Schule.
„Zugang nur für Schüler und Schülerinnen sowie Personal“ steht auf einem Schild am Zaun der Paul-Gerhardt-Schule. © FFS | Julian Heppe

Missbrauch auf Schultoiletten: Bildungsdezernent ist „fassungslos“

Unmittelbar nach Bekanntwerden habe die Stadt Krefeld im Rahmen des schulischen Krisenmanagements die Angebote des Psychologischen Dienstes an beiden Standorten bereitgestellt. Auch die kommunale Schulsozialarbeit sei intensiv in die Betreuung vor Ort eingebunden, berichtete der Sprecher weiter.

Die Maßnahmen hatte Stadtdirektor und Bildungsdezernent Markus Schön zuvor in enger Abstimmung mit Oberbürgermeister Frank Meyer veranlasst. Am Donnerstagnachmittag hatte der Stadtdirektor deshalb alle beteiligten Akteure – unter anderem die betroffenen Schulleitungen und die Schulrätin – zu einer gemeinsamen Sitzung zusammengerufen.

„Die Ereignisse an den zwei Krefelder Grundschulen machen mich fassungslos und tief betroffen. Städteseitig setzen wir seit Mittwoch alles daran, die unmittelbar betroffenen Kinder und deren Familien zu unterstützen.“

Markus Schön, Krefelder Bildungsdezernent

Polizei und KOD behielten auch am Freitag noch die beiden Schulen und deren Umgebung im Auge. „Der KOD setzt diese Maßnahme auch noch am kommenden Montag fort“, so der Sprecher.

Oberbürgermeister Meyer: „einfach nur furchtbar“

„Was am Mittwoch an den beiden Schulen geschehen ist, macht mich tief betroffen. Für die Kinder ist es einfach nur furchtbar, für die Eltern ein schlimmer Albtraum“, zeigt sich Oberbürgermeister Meyer betroffen. „So schwer es gerade fällt, angesichts einer solchen Tat besonnen zu bleiben, müssen sich alle beteiligten Stellen nun genau anschauen, wie es dazu kommen konnte.“

Krefelder Eltern fordern mehr Sicherheit: Videoüberwachungen möglich

Im Januar werde, unabhängig von den aktuellen Ereignissen, ein Runder Tisch zum Thema „Sicherheit an Schulen“ stattfinden. Dort kämen alle Vertreter der Krefelder Schulen und der Stadtverwaltung als Schulträgerin mit dem Ziel zusammen, Sicherheitsmaßnahmen weiterzuentwickeln, zu denen beispielsweise auch Videoüberwachungen gehören könnten.

Eine Idee, die auch viele Krefelder Eltern scheinbar begrüßen: Nach den Vorfällen am Mittwoch fordern viele von ihnen mehr Sicherheit. Kurz nach dem Vorfall hatten Eltern auf der „Change.org“ dafür eine Petition ins Leben gerufen, die sich an den Oberbürgermeister richtet. Gefordert werden Videoüberwachung in den Eingangsbereichen der Krefelder Grundschulen sowie der Einsatz von Sicherheitspersonal. Über 4000 Menschen haben bisher unterzeichnet. (mit dpa)

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