Oberhausen. Am liebsten will man es ignorieren, doch das neue Heizungsgesetz zwingt Hauseigentümer dazu, sich zu kümmern. Hier wertvolle Tipps der Berater.
Die große Aufregung um das neue Heizungsgesetz (eigentlich: Gebäudeenergiegesetz GEG) von Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hat sich zwar gelegt, weil Eigentümern von Wohnimmobilien längere Übergangsfristen gewährt werden, doch das Problem hat sich damit noch längst nicht erledigt. Selbst kurz vor Inkrafttreten der GEG-Reform sind noch so viele Details vor allem zur höheren staatlichen Bezuschussung für neue Heizsysteme offen, das selbst Fachleute zahlreiche Fragen nicht beantworten können – weil noch Richtlinien fehlen.
Stadt Oberhausen bietet Hauseigentümern Zuschüsse für neue Heizungen an
Wie sehr Oberhausener Hauseigentümer die Heizfragen umtreiben, hat man auch bei einer sehr fachkundigen und anschaulichen Vortragsveranstaltung der in Bottrop angesiedelten Initiative „Innovation City“ in der Burg Vondern gespürt. Das vom Initiativkreis Ruhr angestoßene Projekt hat innerhalb von zehn Jahren den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids halbiert – vor allem durch Beratung und Vermittlung von Fördergeldern. „Innovation City“ ist bekanntlich seit einiger Zeit auf zwei Oberhausener Gebiete ausgerollt worden: Auf Osterfeld-Mitte/Vondern und Alstaden.
Nach einer Beratung spendiert die Stadt Oberhausen den Hausbesitzern in diesen Gebieten Extra-Geld: für Dämmungen 30 Euro je Quadratmeter, für Fenster 90 Euro je Quadratmeter, für einen Fernwärmeanschluss 1500 Euro, für eine Wärmepumpe bis zu 2000 Euro. „Diese städtischen Zuschüsse sind mit den energetischen Förderungen des Landes und des Bundes kombinierbar“, versichert Innovation-City-Sanierungsmanager Florian Krause. Wer knapp an der Grenze dieser Fördergebiete wohnt, profitiert im Übrigen nicht – einer solchen nicht genehmigten Subventionspolitik schiebt die EU einen Riegel vor. Oberhausen will die „Innovation City“-Förderung aber schon bald zusätzlich auf Schmachtendorf ausrollen.
In der Remise der Burg Vondern prallen die Fragen auf Energieberater und Heizungsinstallateur-Meister Christoph Wissing nur so ein, der eigentlich hauptsächlich über Wärmepumpen reden will. Doch die Fragen sind breitgefächert, man merkt, dass einige sich schon in die verworrene Welt der energiepolitischen Abkürzungsorgien eingefunden haben – ob GEG, EEG, Bafa, KfW oder ISFP. Praktiker Wissing erläutert aber anschaulich und verständlich mit klaren Wertungen, auf welchem Weg sich die Hauseigentümer bewegen sollten. Mit einer Warnung vorab: „Bedenken Sie: Wer energetisch saniert, greift in ein funktionierendes System ein.“
Am Ende können Sanierungen von Häusern durch Fehler sehr teuer werden
Er selbst hat schon einige Sanierungen erlebt, die am Ende sehr teuer wurden: Nässe, Schimmel, falsch berechnete überdimensionierte Wärmepumpen, die schon nach ein paar Jahren ihren Geist aufgeben. „Die Ergebnisse sind in der Tat manchmal erschreckend. Da ereilt mich schon mal der Anruf eines Kunden, er habe jetzt seit zwei Jahren eine Wärmepumpe und es werde nicht wärmer als 17 Grad im Haus, wenn es draußen kalt ist. Die Energiekosten sind zudem deutlich höher als vorher mit der alten Anlage.“
- Experte: So teuer sind Wärmepumpen für Zweifamilienhäuser
- Heizungsbauer: Wärmepumpen eigenen sich auch in Altbauten
- Innovation City: Wärmepumpen in Altbauten oft viel zu teuer
Es ist also sehr viel Expertise notwendig, nicht nur vom Installateur und dem meist verpflichtenden Energieberater: Auch der Hauseigentümer selbst sollte sich gut informieren, um zu entscheiden, mit welcher Sanierung, mit welcher Heizungsart er in die Zukunft geht. Wissing hat jedenfalls folgende Tipps, Faustregeln und Erkenntnisse parat:
Erstens: Fast jeder Eigentümer eines Altbaus sollte sich mit seiner Heizung beschäftigen. Denn die Gesetze werden immer strenger, da Deutschland seine Wohngebäude ab 2045 klimaneutral beheizen will. Es gibt viele Möglichkeiten, weniger Energie zu verbrauchen – abhängig vom Haus, Budget und Nutzung der Wohnräume. Wenn die fossile Heizung irreparabel kaputt geht, ist ab Mitte 2026 in Großstädten bei dann vorliegenden Fernwärmeplänen wie in Oberhausen der Austausch der fossilen Heizung innerhalb von fünf Jahren (beim Wechsel auf Fernwärme: zehn Jahre) auf eine Heizungsart mit 65 Prozent erneuerbaren Energien erforderlich. Es ist innerhalb dieser Zeit noch erlaubt, die Heizung mit einem gebrauchten oder geliehenen Öl- oder Gasbrenner zu betreiben. Ob Heizungen mit Gas oder Heizöl noch laufen dürfen, kontrolliert der hoheitlich beauftragte Schornsteinfeger.
Serie: Hilfe und Tipps zu Photovoltaik-Anlagen
Sie interessieren sich für eine Solaranlage? Unsere Photovoltaik-Serie klärt über alle wichtigen Fragen auf. Lesen Sie hier alle Folgen:Teil 1: Photovoltaik auf dem Dach: Was Einsteiger wissen müssenTeil 2: Die ersten Schritte zur eigenen SolaranlageTeil 3: So finden Sie den richtigen HandwerksbetriebTeil 4: Das Wichtigste über Solarmodule und TechnikTeil 5: Kosten, Erträge, Renditen: Wann Solaranlagen Geld verdienenTeil 6: Photovoltaik-Anlagen: Wo es in NRW noch Fördergelder gibtTeil 7: Neue Regeln für 2023: Die wichtigsten SteuertippsTeil 8: Mieten statt kaufen – lohnt sich das?Teil 9: Wartung, Pflege, Pflichten: So laufen PV-Anlagen 20 JahreTeil 10: Solarboom in NRW: Alles über BalkonkraftwerkeDie Serie ist auch als digitales Themenheft erschienen, das Sie online kostenlos herunterladen können. Bestellung unter waz.de/photovoltaik.Mehr Texte rund um Nachhaltigkeit lesen Sie auf unserer Themenseite „Fair Ändern - so geht Nachhaltigkeit im Alltag“
Zweitens: Die Förderung für den Tausch der Heizung ist ab 2024 höher als in diesem Jahr: Statt 40 Prozent gibt es in der Regel 50 Prozent Kostenzuschuss vom Staat. Der Antrag auf Förderung inklusive Genehmigung muss vor Beauftragung der Handwerker erfolgen. Der Zeitpunkt der Antragstellung ist für die Förderung entscheidend. Man muss prüfen, welche Förderung günstig ist: Zuschuss, Kredit mit Tilgungs-Teilerlass, Steuerabzug.
Drittens: Die Heizungsanlage ist nur ein Teil des Problems, die Dämmung des Hauses insgesamt ist entscheidend. Da danach die neue Heizung berechnet wird, muss man zuerst sanieren (Fenster, Dämmung), wenn notwendig, erst dann sollte man die Heizungsanlage einbauen.
Ein einfacher Test für niedrige Vorlauftemperaturen
Viertens: Eine Wärmepumpe hat eine niedrigere Vorlauftemperatur als eine Öl- oder Gasheizung. Ob eine Wärmepumpe im Altbau ohne weitere Sanierung möglich ist, kann man grob feststellen, in dem man in dieser Heizperiode die Vorlauftemperatur bei seiner Heizungsanlage absenkt – etwa die Heizkennlinie von 1,2 schrittweise auf 0,6 absenken. An dem Punkt, an dem es an kalten Tagen gerade noch warm genug ist, hat man das Minimum an Vorlauftemperatur gefunden. Letztendlich müssen aber Energieberater und kundige Installateure ziemlich exakt berechnen, welchen Wärmebedarf jeder einzelne Raum hat – und ob eine Wärmepumpe wegen der hohen Strompreise von über 35 Cent je Kilowattstunde zu teuer wird.
Fünftens: Nach Ansicht von Installateur Christoph Wissing wird sich Wasserstoff im privaten Heizungsbereich oder Biomethan als Beimischung für Gasheizungen der Zukunft nicht durchsetzen – vor allem, weil es davon nicht genügend Mengen gibt. Wasserstoff benötigt vor allem die Schwerindustrie, die Ackerflächen für Biomethan sind begrenzt.
Sechstens: Unter den verschiedenen Typen von Wärmepumpen sieht der Energieberater die höchste Effizienz von Kosten und Energieerzeugung bei Luft-Wasser-Wärmepumpen. Da schrittweise künstliche Kältemittel verboten werden, werden sich nach seiner Ansicht die Monoblock-Geräte (stehen alleine draußen ohne Pendant im Keller) mit natürlichen Kältemitteln durchsetzen. Bei der Aufstellung muss nicht nur der beim Nachbarn ankommende Lärm beachtet werden, sondern auch der Ausstoß der kalten Luft – hier kann es zu Glatteis auf Bürgersteigen kommen.
Siebtens: Zu klären ist neben der Heizung auch die Versorgung mit Warmwasser. Soll dies die Wärmepumpe mit niedriger Vorlauftemperatur erledigen, benötigt man einen Wasserspeicher, in dem wegen der Legionellengefahr mindestens 60 Grad Wassertemperatur erreicht werden müssen.
Hydraulischer Abgleich der Heizung spart vor allem in Mehrfamilienhäusern Energie
Achtens: Der bei Förderungen verpflichtende hydraulische Abgleich des Heizungssystems (in jedem Raum kommt exakt die notwendige Wärme an) kostet schnell über 1000 Euro – lohnt sich aber energietechnisch aus physikalischen Gründen eher bei Mehrfamilienhäusern als bei Einfamilienhäusern.
Neuntens: Wer seine Wohnung architektonisch sehr offen gestaltet hat, so dass Heizungswärme nach oben in den Flur abstrahlt, kann relativ schnell Energie sparen: „Je kleiner die Räume, desto besser. Man kann fast nirgendwo so viel erreichen wie durch kleine Räume – 30 Prozent Energieeinsparung sind möglich, mehr als durch eine ganze Hausdämmung.“ Man kann die Räume auch schon durch Vorhänge verkleinern - das bringt einiges.
Zehntens: Wenig genutzte Räume sollte man nicht oder kaum heizen. Man muss allerdings beachten, dass die Raumtemperatur nicht unter 16 Grad sinkt und weniger relative Luftfeuchtigkeit als 60 Prozent hat. Sonst herrscht akute Schimmelgefahr.
Heizung und Strom: Wichtige Artikel zu vielen Energiefragen
In diesen Zeiten zunehmender Klimakrise, hoher Energiepreise und rätselhafter Gesetzesreformen haben wir für Oberhausener Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Artikel zum Energie-Thema recherchiert und geschrieben, die Hintergründe, Analysen und orientierende Basis-Informationen bieten. Hier ein Überblick: Berichte zu Heizungen, Warmwasser und privater Stromerzeugung:Heizungsgesetz: Die zehn wertvollsten Energieberater-TippsEnergieversorger: Zu wenig Zeit für Ausbau der FernwärmeExperten: So teuer sind Wärmepumpen für ZweifamilienhäuserOberhausen: Das sagen Schornsteinfeger zum Heizungsgesetz.Für welches Haus sich eine Photovoltaik-Anlage lohntHeizung: Warum Oberhausener Eigentümer noch Zeit habenFernwärme statt Wärmepumpe? Viel teurer als viele denkenTorschlusspanik in Oberhausen: Ansturm auf GasheizungenStadt Oberhausen will auf alle Gebäude Solaranlagen packenHeizungsverbot: Installateure stehen mächtig unter DruckHeizungsbauer: Wärmepumpen eignen sich auch in AltbautenOberhausener Energie-Vision: Wärme aus der Tiefe der ErdeSo funktioniert das: Erdwärme aus 90 Metern Tiefe heizt HausAus für Öl- und Gasheizung: 200.000 Euro SanierungskostenEnergiesparen: Solaranlagen sind 2023 günstiger gewordenStrompreise steigen für Nachtspeicher-Heizung überaus starkEnergie sparen – Verbraucherzentrale Oberhausen gibt Tipps.Berichte zur Energieversorgung Oberhausen (EVO):Börsenpreise sinken: Doch EVO verbilligt Gas und Strom nichtEnergiemanager: Gas und Strom kosten auch künftig viel GeldEnergieversorger Oberhausen: Gewinn bricht massiv einNeuer Energie-Manager löst EVO-Urgestein Hartmut Gieske abNeuer EVO-Vorstand: „Bin mir der Verantwortung bewusst“Das letzte Jahr wurde für EVO-Manager Gieske noch brenzlig