Oberhausen. Bundesweit gibt’s nur in Oberhausen diese Kombination aus sinfonischer Pracht, Konzertexamen vor Publikum und der Uraufführung ganz neuer Musik.

Oliver Leo Schmidt schätzt die griffigen Formulierungen. Was andere wohl als „höchste Anspannung“ umschreiben würden, bringt der Dirigent und Hochschullehrer an der Folkwang Universität der Künste auf den Punkt: „Dann ist schon mehr Strom in der Tapete.“ Wenn nämlich die Besten der Essener Musikstudenten als Solisten im Konzertexamen nicht nur allein vor ihrer Prüfungskommission und zur Klavierbegleitung aufspielen – sondern mit einem großen Orchester vor großem Publikum.

Das gibt’s seit mehr als 20 Jahren – aber in dieser besonderen Konstellation nur in Oberhausen. „Das Format ist einmalig“, bestätigt Professor Schmidt, der selbst 2008 mit dem „Herbert von Karajan Dirigentenpreis“ ausgezeichnet wurde, „weil es auch eine Uraufführung enthält“: Spannende neueste Musik also, dazu ein vielversprechendes Talent beim ersten Schritt zur Konzert-Karriere und das Ganze eingefasst von klassischen Meisterwerken, für die Schmidt die in Recklinghausen heimische Neue Philharmonie Westfalen (NPW) dirigiert, den größten Klangkörper des Landes.

Kompositionen des jungen Meisters Po-Chien Liu wurden bereits weltweit, vor allem aber in Ostasien, aufgeführt.
Kompositionen des jungen Meisters Po-Chien Liu wurden bereits weltweit, vor allem aber in Ostasien, aufgeführt. © Fanning Tseng | Fanning Tseng

Das üppige Programm erklingt, traditionell zur herbstlichen Prüfungszeit, unter dem Motto „Musik der Zukunft“ am Mittwoch, 27. September, um 19.30 Uhr in der Luise-Albertz-Halle. Und der in Oberhausen aufgewachsene Dirigent verspricht „ganz großes Klangkino“. Den erlesenen Auftakt komponierte der russische Spätromantiker Alexander Glasunow mit dem „Herbst“-Satz seines bezaubernden „Jahreszeiten“-Balletts. Vor die unter den Zuhörern anwesende Prüfungskommission tritt dann ein junger Akkordeonist aus Serbien. Djordje Davidovic will mit einem virtuosen Werk von Astor Piazzolla überzeugen: mit dem „Aconcagua“-Konzert, benannt nach einem fast 7000 Meter hohen Gipfel der Anden. Für diese alpine Leistung spielt der bereits mit 30 ersten Preisen ausgezeichnete Davidovic ein großes Akkordeon, kein Bandoneon wie der verehrte Komponist aus Buenos Aires.

Komplexe Komposition: „Ein laufender Meter Partitur“

Aus Taiwan stammt der Kompositionsstudent Po-Chien Liu, dessen Uraufführungswerk „Poesie des Schattens“ Oliver Leo Schmidt mit ausgebreiteten Armen beschreibt: „ein laufender Meter Partitur.“ Für die nur zehnminütige, aber hochkomplexe Synthese aus westlicher und fernöstlicher Musik sind eigens fünf Probentermine mit den 80 NPW-Musikern angesetzt – „ein enormer Aufwand“: Der Folkwang-Absolvent verlange für sein „Schatten“-Werk teils „neuartige Spieltechniken“, erklärt Schmidt, „die ich erst vermitteln muss“.

Vermittlung braucht’s für diese herausfordernde Komposition auch gegenüber einem Publikum, das eher nach Franz Liszts „Les Préludes“ begehrt, dem schwelgerischen Werk zum Ausklang des Abends. Der Dirigent gibt gerne eine Einführung, weist in klingenden Beispielen auf die Fülle entdeckenswerter Details: „An diesen zehn Minuten hat Po-Chien Liu zwei Jahre gearbeitet.“

Rotarier stiften Kompositionspreis

Zu den Mäzenen der besonderen „Zukunftsmusik“ zählen neben dem städtischen Kulturbüro, in dessen sinfonische Abo-Reihe das Konzert eingebettet ist, auch der für junge Klassik in Oberhausen unverzichtbare Künstlerförderverein sowie der Rotary Club Oberhausen: Er stiftet den „Rotary Composition Award 2023“, den Po-Chien Liu im Anschluss an das Konzert erhalten wird.Eintrittskarten gibt’s gestaffelt von 9,50 Euro bis 20 Euro, Schüler und Studenten zahlen die Hälfte. Erhältlich sind die Tickets im Vorverkauf an der Theaterkasse am Will-Quadflieg-Platz, 0208 8578 184, bei der Tourist-Info am Willy-Brandt-Platz, 0208 824 570, sowie an der Abendkasse.