Mülheim. Die Zuhörer schwelgten in musikalischen Erinnerungen, als in Mülheim Johnny Logan auftrat. Auch The Lords punkten, weniger dagegen Maggie Reilly.
Wie sang der heutige Literatur-Nobelpreisträger Bob Dylan einst: „The Times They Are a-Changin’“ – die Zeiten ändern sich. Was auch für die ehrwürdige „Ruhrbühne“ gilt, die nach Jahren im kuschligen Innenhof von Schloß Broich 2019 ihre nostalgieseligen Konzerte auf die benachbarte Müga-Wiese verlegte.
Welch ein Glück, dass es am Samstag zwar „Tears in the Rain“ (von Maggie Reilly) zu hören gab, doch auf dem weiten Wiesengrund vor der prachtvoll illuminierten Bühne höchstens das ein oder andere erinnerungsrührige Tränchen zu sehen war.
The Lords und Johnny Logan auf der Bühne in Mülheims Müga
Denn nach morgendlichen Regenschauern erfreute Petrus gut 2500 Besucher mit angenehmen Temperaturen ohne himmlischen Segen. Oder um es mit Albert Hammond zu sagen, der vor fünf Jahren die Müga rockte: „It never rains in Mülheim“.
Waren es damals die Schotten von „The Marmalade“ um den in spaßigem Deutsch plaudernden Sänger und Lead-Gitarristen Sandy Newman, die nicht mit den guten alten Songs der späten 60er bis frühen 80er Jahre geizten, so eröffnete diesmal eine deutsche Legende den abwechslungsreichen Abend. Stand doch mit „The Lords“ die angeblich älteste Rockband der Welt auf der Bühne.
Bilder vom Mülheim Summer Open Air 2023
Entsprechend nostalgisch geriet ihr Auftritt, der von Uralt-Ohrwürmern wie „Be Bop A-Lula“– bei der Zeile „She’s my baby“ schaute so mancher ältere Herr seiner Dame tief in die Augen – über ein T-Rex-Cover bis hin zu einem famos intonierten „Greensleeve“ reichte.
Die jubelnden Zuhörer samt Oberbürgermeister Marc Buchholz, der selbst den Lords-Hit „Have A Drink On Me“ (wäre teuer geworden) begeistert mitsang, hatten Spaß wie Bolle und tanzten ausgelassen wie in Jugendtagen. Selbst nach Gras roch es heftig vor der Bühne – ja denkste, es war nur das Odeur fauligen Bodenbewuchses. Ansonsten hielt man sich nämlich an das mit 5 Euro nicht gerade billige Bier, das reichlich und flott floss.
Maggie Reilly kommt in Mülheim eher routiniert als inspiriert rüber
Die schottische Sängerin Maggie Reilly tauchte danach beileibe nicht so tief in die Vergangenheit ein. Nicht weiter verwunderlich, war ihre große Zeit doch in den 80er-Jahren, als sie an der Seite von Mike Oldfield mit „Moonlight Shadow“ ihren größten Hit hatte.
Auf die eingängige Melodie musste man freilich ewig warten, weil die trotz gewaltiger Plateau-Schuhe zierliche Vokalistin mit ihrer grundsoliden Band mehr routiniert als inspiriert durch die eigene Song-Historie geisterte. Durchaus nett, aber alles andere als weltbewegend, weshalb der Schlussapplaus wohl vor allem dem Chart-Breaker galt.
[+++ Der erste Abend des Mülheim Summer Open Air mit Kalkbrenner, Moguai und Co. +++]
Und dann ging mit dem irischen Superstar Johnny Logan die Party erst so richtig los. Warum er gleich zweimal den Eurovision Song Contest gewann, zeigte der 69-Jährige spätestens bei seinem zweiten Song „Shine“ – einem grandiosen Medley, das beinharten Funk samt packendem Saxophon lässig mit dem Stones-Klassiker „Satisfaction“ paarte und tierisch abging.
Publikum bei Mülheimer Summer Open Air singt Refrain „An der Nordseeküste“
Sympathisch sogar Deutsch plaudernd, präsentierte er mit großer Crooner-Stimme eine hinreißende Mischung irischer Klassiker wie „Galway Girl“, fein instrumentiert mit Akkordeon und Whistle, eigener Hits samt der beiden eher beiläufig kredenzten ESC-Erfolge und diverser Rocksongs, so „Mercedes Benz“ von Janis Joplin.
Plus einem amüsanten Intermezzo namens „The Wild Rover“, dessen Refrain tatsächlich so ging: „An der Nordseeküste“ – da sangen die 2500 Zuhörer lautstark wie ein Mann.
Keine Frage, das war ein fabelhaft mitreißender Auftritt, bei dem Johnny Logan souverän „A Piece of My Heart“ gab. Und die perfekte Krönung für das erste „Mülheim Summer Open Air“.
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