Mülheim. Der zweite Beitrag zum Theaterfestival in Mülheim stammt von der Autorin Caren Jeß. Der Mensch wird im Stück zum Tier, aber warum und wie?

Rückzug aus der Welt. Zum Tier werden. Niemanden mehr sehen. Wie kann eine solche Vereinsamung als großes Schauspiel gelingen? Dazu braucht es eine poetische Dramatikerin mit ganz eigener Sprache: Caren Jeß, die dieses Jahr mit ihren Stücken bei fast allen wichtigen Theaterfestivals vertreten ist. Bei den Mülheimer Theatertagen ist sie am Sonntag und Montag, 14. und 15. Mai, jeweils um 19.30 Uhr mit „Die Katze Eleonore“ zu Gast.

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Eleonore ist wohlhabend, alleinstehend, Immobilienmaklerin. Läuft, könnte man meinen. Doch eines Tages entdeckt sie, dass sie eigentlich eine Katze ist. Eleonore beginnt nachts zu jagen, trägt ein Fell, schläft auf der Heizung und bricht den Kontakt zu ihren Mitmenschen ab. Der Gesprächstherapeut Dr. Wildbruch, telefonisch zugeschaltet, findet das ziemlich faszinierend. Medizinisch gesehen, aber irgendwie auch persönlich. Nur: Bei Eleonore hat er keine Chance. Denn die hat längst noch eine tierische Eigenschaft angenommen – und spielt mit ihm, wie die Katze mit der Maus.

Autorin war schon 2020 mit „Bookpink“ in Mülheim dabei

Die Autorin Caren Jeß ist derzeit auf allen Festivals zur Gegenwartsdramatik dabei.
Die Autorin Caren Jeß ist derzeit auf allen Festivals zur Gegenwartsdramatik dabei. © Unbekannt | Micha Steinwachs

„Die Sinne von Eleonore weiten sich, ihre Wahrnehmung wird schärfer. Sie faucht, kratzt und jagt. Die Verwandlung ist ernst, Eleonore wird Katze. Und ist zugleich doch gefangen in ihrem Menschsein. Zwischen Sofakissen und Wildbahn, zwischen Domestizierung und Instinkt sucht Eleonore nach dem Platz, an dem es sich für sie leben lässt“, so das Stücke-Team.

Gleich zu Beginn schreibt Caren Jeß: „Die Katze Eleonore ist keine komische Figur.“ Und gerade die Ernsthaftigkeit dieses Identitätsspiels schafft ein faszinierendes Theatererlebnis, getragen von der Schauspielerin Karina Plachetka in der Uraufführung des Staatsschauspiels Dresden.

Caren Jeß findet in ihren Stücken immer wieder eine sehr eigene, poetische Sprache, mit der sie Grundsatzfragen in scheinbar absurden Situationen verhandelt. Geboren wurde sie 1985 in Eckernförde, sie studierte Germanistik in Freiburg und Berlin.

2017 belegte sie den dritten Platz beim Osnabrücker Dramatikerpreis. 2020 war sie mit „Bookpink“ für den Mülheimer Dramatikpreis nominiert und wurde in der „Theater heute“-Kritikerumfrage zur Nachwuchsdramatikerin des Jahres gewählt. Zur Inszenierung der Dresdener Schauspiels schreibt „Theater heute“: „Karina Plachetka ist auf dem Weg zur Katzenwerdung eindrucksvoll weit fortgeschritten. Bewundernswerte Anverwandlung.“

Ort: Theater an der Ruhr. Tickets bei der Touristinfo Mülheim, Schollenstraße 1, Tel. 960 960 und unter stuecke.de. Filmporträt von Caren Jeß und Infos auf stuecke.de