Gelsenkirchen-Bismarck. Der letzte Kulturabend nach 25 Jahren in der Bleckkirche bedeutet Abschied für Pfarrer Thomas Schöps. Die Zukunft des Gebäudes ist noch ungewiss.

Den Steilpass hat er sich praktisch selbst gegeben. Als letzte Veranstaltung in der Bleckkirche nach 25 Jahren der Reihe „Gelsenkirchens Kirche der Kulturen“ präsentierte Pfarrer Thomas Schöps Joseph von Eichendorfs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ in neu vertonter und erzählter Form. „Das passt schon ein bisschen“ nahm er den Titel des Abends auf, und lud außerdem aufgeräumt an, im Anschluss mit Champagner anzustoßen.

„Aus dem Leben eines Taugenichts“ zum Schluss nach 25 Jahren

Schöps machte entspannt deutlich: „Nach 25 Jahren kann auch ‘was zu Ende gehen.“ Den Schritt in den Ruhestand, so der es wird, hat er sehr persönlich geschafft, wie er verschmitzt zugab. Denn in der E-Mail-Einladung zu diesem Abschlussabend in der Bleckkirche hatte er prompt zwei unterschiedliche Anfangszeiten genannt.

Erzähler Andre Wülfing (rechts) bestritt zusammen mit Severin van Schmid (Violine) und Rainer Maria Klaas (Piano) in der Bleckkirche in Gelsenkirchen die letzte Kulturveranstaltung.
Erzähler Andre Wülfing (rechts) bestritt zusammen mit Severin van Schmid (Violine) und Rainer Maria Klaas (Piano) in der Bleckkirche in Gelsenkirchen die letzte Kulturveranstaltung. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

„Die Corona-Zeit hat geholfen, stückchenweise Abschied von denen zu nehmen, mit denen ich eine Zeit lang etwas gemacht habe“, blickte er zurück, „und inzwischen habe ich dafür ein positives Gefühl entwickelt. Aber für diesen Ort, für den gibt es noch keine Perspektive.

Wohl 140.000 Gäste über die gesamte Zeit

Auch an diesem Abend trug der Pfarrer das Symbol des Kreuzes am Revers. Ein wenig verlor er seine entspannte Haltung beim Blick ins Kirchenschiff. „Hier ist praktisch die Geburtsstätte für das lutherische Leben in der Region“, holte er aus, „und alle müssen sich Gedanken machen, wie es weitergeht. Diese Kirche zu schließen, wäre eine Katastrophe“.

„Traditionsvergessen“, so fasste er zusammen, „ich habe kein Verständnis dafür, dass Kirchenkreis, Synode und Apostelgemeinde sich zu keinem Beschluss durchringen können.“

Der Altar stammt aus dem Schloss Grimberg

Die Bleckkirche ist Gelsenkirchens ältestes, und auch nach dem 2. Weltkrieg erhaltenes Kirchengebäude. Sie entstand 1735 und wurde bis zu ihrer aktuellen Ausgestaltung über 150 Jahre mehrfach erweitert.Den ungewöhnlichem Renaissance-Altar von 1574 hat einer der ersten lutherischen Adligen der Region, Heinrich von Knipping mit seiner Frau Isabella von Nesselrode gestiftet. Er stand im Zentrum der Kapelle des Schlosses Grimberg, dem Anwesen der von Knippings, bei den Gottesdiensten und bildete außerdem das Grabmal, unter dem die Stifter beigesetzt waren. Nach Fertigstellung der Bleckkirche hat ihn die Evangelischen Gemeinde dorthin versetzen lassen.

Gut 18 Veranstaltungen pro Jahr bilanzierte Schöps, etwa 140.000 Besucher bei den Veranstaltungen mit gut 9000 Künstlerinnen und Künstlern. Wichtig war ihm nicht sein Titel als „Beauftragter für Kunst & Kultur“, sondern, dass die Kirche als Partnerin für die vielfältige Kulturszene wirkte, „und nicht als Leuchtturm-Projekt“.

„Aus der Bauernkirche wurde eine Arbeiterkirche, und wir haben diese Tradition hier immer gepflegt“, umreißt er.

Nur ein Konzert fiel mangels Masse aus

Ein bisschen wenig Jazz habe es über die 25 Jahre gegeben, meinte er, aber mehr hätte auch bedeutet, dass es um seine eigenen Vorlieben gegangen wäre. Eine Anekdote aus einem Vierteljahrhundert „Kirche der Kulturen“ konnte er dann auch noch platzieren: „Tatsächlich haben wir ein Konzert, ein einziges ausfallen lassen, weil an dem Abend tatsächlich nur ein Gast gekommen ist.“

Gut 40 konnte er zum Ende der Ära begrüßen. Die spendeten bereits einen erwartungsvollen Eingangs-Applaus, als Violinist Severin van Schmid und Pianist Rainer Maria Klaas die eigens komponierte Musik von Michael Em Walter mit der „Taugenichts“-Erzählung von André Wülfing zusammenfließen ließen: „Ich will euch erzählen“.