Gelsenkirchen. Die „Jecken vom Pütt” haben ein närrisches Jubiläum. Sie verbinden bergmännische und karnevalistische Traditionen im Ortsteil Bergmannsglück.
„Karneval und Kittel, das passt nicht.” Diesen Satz haben die Karnevalisten aus dem hohen Norden von Gelsenkirchen schon oft gehört, erzählen sie. Doch seit genau elf Jahren belehren die „Jecken vom Pütt” alle Narren der Region eines Besseren.
Reinhard Ostermann und Kunibert Kiehne sind beide Kumpel und Karnevalisten. Sie gehören zu den Gründungsvätern des Vereins. „Wir haben immer mit der Idee gespielt. Aber am 11.11.2011 wurde es konkreter. Da habe ich einen Beitrag im Radio gehört über einen Verein, in dem nur Rheinschiffer sind, und einen anderen, in dem nur Stewardessen organisiert sind”, erinnert sich Reinhard Ostermann. Einen Karnevalsverein, der ganz der bergmännischen Tradition frönt, gibt es bis dato im Lande nicht. Zeit, das zu ändern, finden die Bergmannsglücker.
Am Anfang werden die Jecken skeptisch beäugt
„Je näher der nächste Elfte im Elften kam, desto mehr haben wir uns damit beschäftigt”, erzählt Kunibert Kiehne. Geburtshelfer seien einige Mitglieder des Festkomitees gewesen. Zahlreichen Zweiflern zum Trotz. „Das war sogar verständlich”, sagt Reinhard Ostermann beim Gedanken an den ersten öffentlichen Auftritt der damals blutjungen Gesellschaft. „Wir haben uns morgens gegründet, um 11.11 Uhr, und abends waren wir beim Hoppeditz-Erwachen mit dabei. Aber wir hatten ja noch nichts.” Bedeutet, die „Jecken vom Pütt” haben damals keine Couleur, keine Narrenkappe. Ihren ersten öffentlichen Auftritt bestreiten sie im Bergmannshemd – unter all den festlich gekleideten Narren der Stadt.
Diese Szene mag symbolisch sein für die gesamte Vereinsgeschichte: Der Club aus dem Stadtnorden fällt auf, weil er vieles anders macht. So weckt er in einer eigenen Veranstaltung zusätzlich zum Gelsenkirchener Hoppeditz auch den Berggeist. Und er hat ein eigenes Dreigestirn. In jeder Session. „Das ist auch immer noch ein Thema, das die Gemüter bewegt”, wissen beide Männer. Zumal es nicht ganz unproblematisch ist, denkt man an die erste Prinzensession des Vereins.
Die „Jecken vom Pütt” machen vieles anders
Nun jedoch sei mit dem Festkomitee Einigkeit erzielt. Wenn die „Jecken vom Pütt” in der Session 24/25 die städtischen Farben repräsentieren, dann entsenden sie ein Dreigestirn und verraten zugleich, einen Stadtprinzen und eine Stadtprinzessin gebe es dann dennoch. Die jecken Jobs würden dann in Personalunion ausgefüllt.
Noch mehr machen sie anders: Statt einer Galasitzung feiern die „Jecken vom Pütt” traditionell eine große Karnevalsparty, veranstalten einst die erste Regenbogenparty der Stadt, laden auch zum ersten „Bütten-Slam” ein. Durch Corona seien solche Formate jedoch zum Erliegen gekommen. Schon in den ersten Vereinsjahren wird zudem viel experimentiert. „Wir haben auch einmal das Format veranstaltet, Bergmannsglück sucht den Superjeck.” Der Titel wird einmal vergeben. Danach jedoch nicht mehr.
In der Coronazeit gründet sich eine Showtanzgruppe
Viele Jahre lang bemüht sich der Verein, Garden aufzubauen – eine große Herausforderung, an der man bislang immer wieder scheitert. Das Problem: „Dadurch, dass wir so jung sind, haben wir den Nachteil, dass es keine Eltern gibt, die schon selbst bei uns getanzt haben und heute ihre Kinder zu uns schicken.” In nur elf Jahren sei es schwierig, Nachwuchs zu generieren. Dafür jedoch kann der Club mit einer großen Showtanzgruppe aufwarten, den „Bömmsken vom Pütt”. Die seien „so bunt wie eine Tüte Bonbons”, sagt Reinhard Ostermann. Die Gruppe entsteht in der Coronazeit, findet durch die widrigen Umstände erst recht zusammen und vereint heute drei Generationen und sieben Nationen.
Gleichsam gibt es auch ungelöste Probleme: Seit der Vereinsgründung suchen die Jecken eine Halle, in der sie ihren Rosenmontagswagen bauen können. Das Schönste wäre, so die beiden Männer, eine Wagenbauhalle für alle Vereine der Stadt. Eine Lösung ist bislang nicht in Sicht. Geeignete Vereinsräume hat der Club bislang auch nicht. Und eine schöne Veranstaltungshalle mit großer Bühne, davon wagen die Jecken kaum zu träumen. Das Vereinsjubiläum etwa feiere man nun im Restaurant an der Zoom-Erlebniswelt.
In jeder Session ein eigenes Motto
Eine letzte Besonderheit der „Jecken vom Pütt” ist, dass sie in jeder Session ein eigenes Motto haben. „11 Jahre Abenteuer Karneval – die Jecken feiern überall”, so lautet das aktuelle, das anspielt auf den außergewöhnlichen Ort für die Geburtstagsfeier und auch auf die vielen Hürden, die man schon hat nehmen müssen.
„Wir haben viele Abenteuer überstanden, viele Herausforderungen bewältigt”, sagt Kunibert Kiehne. Das sei gelungen, weil man stets getragen gewesen sei vom Geiste des bergmännischen Miteinanders. Und von einer Weisheit, die die beiden Männer tief in der Grube gelernt haben und jetzt ebenso aufs Leben anwenden wie auf den Karneval: „Geht nicht, gibt’s nicht.”
Für die Karnevalsparty der „Jecken vom Pütt” am Samstag, 28. Januar, gibt es noch Restkarten unter 0178-8261513.