Oberhausen. Feurige Latin-Klänge ohne Gezappel: Das Oberhausener Publikum wollte die heißen Rhythmen nur hören, aber nicht dazu tanzen.

Es gibt nur wenige Dinge, die noch mehr Spaß machen als an einem eiskalten Winterabend heiße Latin-Music live zu hören. Was sich wohl auch bemerkenswert viele Besucher des Jazzkarussells dachten, die beim Auftritt der multinationalen Combo „Los Pipos“ den gewohnt stimmungsvoll illuminierten Saal des Gdanska fast restlos füllten.

Entsprechend glücklich war denn auch die zuletzt von schwachem Zuhörerinteresse arg gebeutelte Eva Kurowski, die sich wie so mancher ihrer Karussell-Gäste auf den jungen Pianisten Reinel Ardiles Lindemann gefreut hatte, dessen bereits reife Tastenkunst vor gut zwei Jahren mächtig Eindruck hinterließ. Stattdessen saß jetzt der Peruaner Enrique Delgado Maguiña am roten E-Piano und unterfütterte die brodelnde Klangpracht ebenso süffig wie sein Vorgänger.

In blendender Spiellaune: das multinationale Sextett „Los Pipos“ mit seiner neuen Sängerin Claudia Ramos Barreto.
In blendender Spiellaune: das multinationale Sextett „Los Pipos“ mit seiner neuen Sängerin Claudia Ramos Barreto. © Unbekannt | Hilmar Brunow

Während die neue Sängerin Claudia Ramos Barreto, die aussah, als sei sie als Doppelgängerin von Pam Grier gerade erst einem „Blaxploitation“-Movie der 1970er Jahre entsprungen, frische Farben ins quirlige Geschehen brachte. Mal zart duftig, meist mitreißend jubilierend, bot die gelegentlich auch Geige spielende Kubanerin den Gegenpol zum stimmgewaltigen Ramón Mendeville, der an Bongos und Klein-Percussion die treibenden Rhythmen des Düsseldorfer Schlagzeugers und Conga-Spielers Philip Kulkulies trefflich ergänzte.

Nicht einmal beim Mambo, der getanzten Liebeserklärung

Dazu legte der kubanische Bassist Juniors Cesar Sarracent, der in anderen Kontexten als Gitarren-Virtuose glänzt, lässig groovende Fundamente, die den bunten Mix aus Son, Cha-Cha-Cha und Sambas prächtig akzentuierten. Doch obwohl er seinen Zuhörern gar die Schrittfolgen vormachte, riss es niemanden – selbst die angeblich so heißblütigen Südamerikanerinnen im Saal nicht – zum Tanzen aus dem Kneipengestühl. Nicht einmal beim Mambo, von dem Tanzlehrer gern zu behaupten pflegen, der sei eine getanzte Liebeserklärung.

Stattdessen frönte man gepflegtem Sitzgezappel und klatschte begeistert die gar nicht so einfachen Rhythmen lautstark mit. Und genoss ansonsten den heimlichen Star des Abends, den mexikanischen Trompeter Geo del Valle Miranda. Schlicht imposant sein „High Note“-Horn in makelloser Schneidigkeit bei den rasanteren Nummern, während er am Flügelhorn balladeske Perlen wie das populäre, von Claudia Ramos Barreto zart intonierte „Alfonsina“ duftig beseelte. Und nach allzu kurzen 90 Minuten gar zur Ventilposaune griff, was das bunte Latin-Feuerwerk von „Los Pipos“ mit ihrer Zugabe „Selva“ stimmungsvoll ausklingen ließ.