Oberhausen. 1983 gewann Willi Wülbeck bei der Leichtathletik-WM über die 800 Meter Gold. Einer seiner Laufschuhe ist nun in einem virtuellen Museum zu sehen.
Fast 40 Jahre ist es her, dass Willi Wülbeck Sportgeschichte schrieb. Am 9. August 1983 stürmte der Oberhausener in Helsinki bei der ersten Leichtathletik-Weltmeisterschaft im 800-Meter-Finale sensationell auf den ersten Platz. In 1:43,65 Minuten düpierte er dank eines unwiderstehlichen Endspurts vor 40.000 Zuschauern die favorisierte Konkurrenz – eine Zeit, die bis zum heutigen Tag von keinem deutschen Läufer unterboten worden ist. Von einem der zwei Schuhe bei jenem Goldlauf hat sich der heute 66-Jährige vor kurzem getrennt. Er ist nun im „Museum of World Athletics“, einem virtuellen Sportmuseum, zu bestaunen.
Der Kontakt zum Leichtathletik-Weltverband „World Athletics“ (ehemals IAAF), der das Museum gemeinsam mit dem digitalen Unternehmen dcSport gestaltete, kam über den Journalisten Olaf Brockmann und den ehemaligen NRZ-Sportchef aus Oberhausen, Reinhard Schüssler, zustande. „Da ich mich von der Goldmedaille und dem Trikot nur ungern trennen wollte, fiel die Wahl auf den Schuh“, so Wülbeck über die Entscheidung, welches Objekt seiner Sammlung er dem Museum zur Verfügung stellen würde.
„Es zeigt mir, dass ich in meinem Sport ein Guter war“
Besagter Laufschuh wurde im Vorfeld von seiner Tante in Gold gefärbt, wobei unbeantwortet bleiben muss, wo sich der zweite Schuh befindet. „Eine gute Frage“, sagt Wülbeck mit einem Lachen. „Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich mit zwei Schuhen ins Ziel gelaufen bin. Wo allerdings der andere geblieben ist, da muss ich passen.“ Dass sich der WM-Schuh nun neben Exponaten von anderen Sportlegenden wie Carl Lewis, Jesse Owens oder Usain Bolt befindet, macht Wülbeck stolz. „Es zeigt mir, dass ich in meinem Sport ein Guter war.“
Zunächst für Rot-Weiß Oberhausen (RWO) und die SG Osterfeld gestartet, ging es 1978 für Wülbeck zur SG Wattenscheid. Bereits bei den Junioren feierte er zahlreiche Erfolge, gewann 1973 bei der U20-EM in Duisburg Silber. Von 1974 bis 1983 wurde Wülbeck zehn Mal in Folge Deutscher Meister. Doch der große internationale Titel sollte ihm lange Zeit verwehrt bleiben.
Nach Rückschlägen kommt der unverhoffte WM-Triumph
Die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1976 in Montreal endete mit dem undankbaren vierten Rang. Die Spiele vier Jahre später in Moskau wurden wegen des sowjetischen Einmarschs in Afghanistan von den westlichen Nationen boykottiert. „Bitter für mich, weil ich mich in einer guten Form befand.“ Mit dem achten und letzten Rang im EM-Finale 1982 von Athen folgte ein weiterer Rückschlag, sodass bei der WM im folgenden Jahr kaum jemand mehr Willi Wülbeck auf dem Zettel hatte.
Doch in Helsinki sollte er den Lauf seines Lebens bestreiten. „Mit damals 28 Jahren wollte ich diese Chance unbedingt nutzen“, erinnert sich Wülbeck. „Als ich über die Ziellinie lief, war es ein Gefühl wie ein Stromschlag.“ Was folgte, war ein gewaltiges Medienecho im In- und Ausland, wobei der in Barmingholten lebende Wülbeck stets bescheiden geblieben ist. „Der Sport hat mich zwar nicht finanziell reich gemacht. Dafür aber reich an Erinnerungen.“
„Kein Rekord sollte für die Ewigkeit sein“
1986 beendete Wülbeck seine Sportlerkarriere, arbeitete danach unter anderem in der PR-Abteilung eines Sportartikelherstellers, als freier Journalist und gründete eine Sportmarketing-Agentur. Der Leichtathletik blieb er weiterhin treu, war 14 Jahre lang Vorsitzender des ASV Duisburg. Zudem setzt sich der frühere Athlet bis heute für den Schulsport ein, hält sich selbst mit Radfahren in Form. „Sport zu treiben, hält das Immunsystem fit, was gerade in diesen Zeiten umso wichtiger ist. Ich werde schließlich auch nicht jünger.“
Ob in naher Zukunft seine Bestmarke über die 800 Meter geknackt wird, daran glaubt Wülbeck nicht. „Kein Rekord sollte für die Ewigkeit sein. Aber meiner kann gerne noch ein Weilchen bestehen bleiben.“ Derweil hat sich Wülbeck vor Jahren bei einem Notar einen Wunsch festhalten lassen. Wenn er einmal das Zeitliche segnet, soll auf seinem Grabstein „Hier ruht der 800-Meter-Weltmeister von 1983“ stehen. Wülbeck: „Erst war es nur eine Schnapsidee. Aber je länger ich drüber nachgedacht habe, desto mehr gefiel mir die Idee.“