Oberhausen. Das Sinfonieorchester Ruhr begeisterte mit konzertanter „Zauberflöte“ vor Zeche Alstaden. Allein das Wetter ignorierte die großartigen Stimmen.

Elf Freunde wollten sie sein, die Streicher des Sinfonieorchesters Ruhr im lauschigen Park der Zeche Alstaden. Um in kammermusikalischem Format Wolfgang Amadeus Mozarts populäre Oper „Die Zauberflöte“ (eigentlich ein Singspiel) undramatisch konzertant mit fünf Sängern zu präsentieren.

Mozart ohne Kostüme und Bühnenzauber: Doch die großen Stimmen wussten auch in zivil und Naturkulisse zu beeindrucken.
Mozart ohne Kostüme und Bühnenzauber: Doch die großen Stimmen wussten auch in zivil und Naturkulisse zu beeindrucken. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Was im erweiterten Rahmen des „Freistil“-Kultursommers und mit der Unterstützung der Evangelischen Singgemeinde Oberhausen zwar kostenlos, aber keinesfalls umsonst zum heiteren Vergnügen in familiärer Atmosphäre geriet. Samt staunender Erkenntnis, wie viele unterschiedliche Arten von Campingstühlen es gibt – denn die waren selbst mitzubringen, was man sich für künftige Besuche der lauschigen Umgebung von Zeche Alstaden merkten sollte.

Begleitet vom fröhlichen Gezwitscher unzähliger Vögel, die sich im Gegensatz zum menschlichen Publikum auch nicht vom Bass-Bariton Gregor Finke als Papageno („Der Vogelfänger bin ich ja“) beeindrucken ließen, führte Matthias Schröder (sonst ein Viertel des „Pindakaas“-Saxophonquartetts) als angenehm leichtgängig plaudernder Moderator durch das Handlungsgeschehen: „Lang ist’s her, da gab es in Alstaden einen Zauberwald.“

In der Tradition des Alt-Wiener Zaubertheaters

Mozart selbst nannte sein letztes Bühnenwerk eine „deutsche Oper“. Tatsächlich vereint die „Zauberflöte“ eine ganze Reihe höchst unterschiedlicher Musik- und Theaterstile, der Opera seria, der Opera buffa und der Tragédie lyrique. Formal ist’s ein Singspiel und steht mit märchenhaften Inhalten und spektakulären Bühnenverwandlungen in der Tradition des Alt-Wiener Zaubertheaters, einer im 18. Jahrhundert sehr populären Wiener Sonderform des Singspiels.

Mit dem trutzigen Gemäuer des einstigen Pferdestalls der Zeche Alstaden hat dieser Opern-Schauplatz schon fast das Flair von Burgfestspielen.
Mit dem trutzigen Gemäuer des einstigen Pferdestalls der Zeche Alstaden hat dieser Opern-Schauplatz schon fast das Flair von Burgfestspielen. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Dass sie von Mozart und seinem Librettisten Emanuel Schikaneder als „Große deutsche Oper“ bezeichnet wird, liegt vor allem daran, dass beide ihren Geniestreich betont vom deutschsprachigen Musiktheater ihrer Zeit abgrenzen wollten. Denn Mozart erweiterte die traditionelle Form mit den eher schlichten Strophenliedern, Duetten und Vaudevilles um die große Form der „Ketten-Finali“ mit ständig wechselnden Personen und Schauplätzen, die er in seinen grandiosen Opern mit Lorenzo Da Ponte zur Perfektion geführt hatte.

Musiker und Publikum wahren die gebotene Distanz. Für den Kunstgenuss wäre es kein Problem – hätte der Gewitterhimmel ein Einsehen gehabt.
Musiker und Publikum wahren die gebotene Distanz. Für den Kunstgenuss wäre es kein Problem – hätte der Gewitterhimmel ein Einsehen gehabt. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Und dann erklang unter hohen Baumkronen die „Ouvertüre“ mit handgezählten sieben Geigen, einem Bass und der musikalischen Leiterin Carolin Schröder am Cello – vorzeitig bejubelt von den begeisterten Zuhörern, die danach auch an den in ständig wechselnden Rollen auftretenden Sopranistinnen Elisabeth Otzisk, Amanda Kyrie Ellison und Jooyoung Park sowie dem Tenor Juan Sebastián Hurtado-Ramírez ihre Freude hatten.

Nur der Himmel – von wegen undramatisch, weil ohne Kulissen, Kostüme und große Gesten – grollte zunehmend lautstärker: „Still, still, schweige still“ der drei Sopranistinnen blieb unerhört. Weshalb man kurzerhand unter der himmlischen Drohkulisse gewaltig an der Handlung strich und „passend zur Wetterlage“ gleich zur berühmtesten Koloratur-Arie von Mozarts letztem Singspiel sprang: Nämlich zu „Der Hölle Rache“, mit der sich Amanda Kyrie Ellison als eine grandios stimmgewaltige „Königin der Nacht“ erwies.

Längst ausverkaufte Auftritte auf Burg Vondern

Die Nacht fiel danach ins Wasser – pardon: der weitere Verlauf des Konzerts, das mit dem Grande Finale aller Sänger ebenso bedauerlicher- wie vernünftigerweise abgebrochen wurde.

Bleibt nur noch der fromme Wunsch besseren Wetters bei den längst ausverkauften Auftritten auf Burg Vondern am kommenden Wochenende – verdient hat es sich das Sinfonieorchester Ruhr im Park der Zeche Alstaden mehr als redlich.