Gelsenkirchen-Erle. Die Geschichte sollte in diesem Jahr mit einem Schützenfest in Gelsenkirchen-Erle gekrönt werden. Weil das ausfiel, steht nun eine Gala an.
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„Ich stelle mir vor, einige honorige Herren haben sich zusammen gesetzt und die Idee gehabt, einen Schützenverein zu gründen“, sagt Harald Tondorf. Sein Verein, der BSV Erle Middelich, wird in diesem Jahr 125 Jahre alt. Wie es zu der Gründung kommt im Ortsteil, dessen Gesicht noch sehr ländlich und wenig industriell ist, obwohl die Kohle auch hier bereits abgebaut wird, ist recht unklar. Über die ersten Jahre der Vereinsgeschichte nämlich gibt die Chronik keine Auskunft. Fest steht jedoch, die Erler sind fast schon spät dran. Vielerorts gibt es bereits ein florierendes Schützenwesen.
Im Jahr 1916 stiftet Oberst Wilhelm Holz seinem Verein eine in Leder gebundene Chronik – und legt damit den Grundstein für eine gute Dokumentation der Geschichte. „Die wird bis heute fortgeschrieben“, sagt Harald Tondorf. Was man aber weiß: Die Schützenfeste sind einst echte Volksfeste. Gefeiert wird zünftig – und der ganze Ortsteil macht mit. „Das ging noch ganz klassisch, von Samstag bis Montag, alle zwei Jahre.“ Ein Bild an der Wand im heutigen Schützenhaus erzählt eine solche Geschichte: Eine große Festgesellschaft, gekleidet in feinsten Zwirn, steht ordentlich aufgereiht im Grünen.
Geschossen wird auf dem Holzplatz der Zeche
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Gefeiert wird damals im Schützenhaus Holz an der Frankampstraße/Ecke Middelicher Straße. „Der hatte einen großen Saal – und trotzdem gab es dazu ein Zelt.“ Geschossen wird gleich dahinter, auf dem Holzplatz der Zeche. „Dahinter war nur Ackerbau und Viehzucht. Da durfte man schießen.“ Und feiern. Zumal sich gleich gegenüber der Kirmesplatz befindet, das Volksfest also beliebig erweiterbar ist.
Nach dem Ersten Weltkrieg dauert es lange, bis das örtliche Schützenwesen wieder zum Leben erwacht. Erst Anfang der 30er Jahre wird wieder gemeinsam gefeiert. Das Erstaunliche: Es beginnt eine Zeit großer Erfolge und lebendigen Vereinslebens, das bis 1944 währt. Die Zwangspause beendet 1948 der englische Kommandant TH Trawler, der im Auftrag der britischen Militärregierung die Wiederaufnahme des Schützenlebens in Erle gestattet.
Goldene 50er Jahre
Die 50er Jahre werden zu goldenen der Vereinsgeschichte. Immer größer wird die Zahl der Mitglieder und auch die der Abteilungen. Man hat mittlerweile eine Reiterstaffel, mehrere Kompanien, einen Spielmannszug. „Wir hatten in den besten Zeiten über 400 Mitglieder“, weiß Harald Tondorf. Immer wieder aber muss man auch mit Tiefschlägen umgehen. Etwa als Mitte der 70er Jahre das langjährige Vereinsheim den Umgestaltungen und Bauvorhaben im Ortsteil weichen muss. Der Heimatlosigkeit folgt ein Verlust an Mitgliedern, der Verein droht zu zerbrechen. Es muss eine Lösung her, das wissen die Schützen. In einem Hinterhaus des Hauses Dreesen an der Cranger Straße, einstmals eine Reinigung und zuvor gar eine Pferdestation im Transportwesen, werden die Grünröcke fündig. Nach dreijährigen Bauarbeiten kann hier 1979 erstmals die Jahreshauptversammlung durchgeführt werden.
Das Schützenhaus ist Herzstück und Lebensversicherung für die Erler Schützen, die bis heute ein reges Vereinsleben haben – und sogar an regelmäßigen Schützenfesten festhalten. „Solange es geht“, ist man fest entschlossen. Mehr noch: Regelmäßig stehen gemeinsame Aktivitäten an, zuweilen wandelt man gar auf ganz neuen Pfaden. Etwa wenn man zum Bosseln einlädt. Da schmunzeln die Schützen. Daraus sei eine ganz besondere Erfolgsgeschichte entstanden. „Das vierte Turnier ist coronabedingt verschoben worden. Zuletzt waren sieben Mannschaften mit dabei. Das werden wir auf jeden Fall im nächsten Jahr fortsetzen.“
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