Oberhausen. Das Dachgewächshaus auf dem Jobcenter in Oberhausen gilt als Vorzeigeprojekt. Ein ähnliches ist jetzt an edler Adresse in Düsseldorf geplant.

Das Interesse am Altmarktgarten, dem bekannten Gewächshaus auf dem Dach des Jobcenters in Alt-Oberhausen, ist ungebrochen. Bis zu 150 Interessierte kamen nach Angaben des Veranstalters am Wochenende zum dritten Tag der offenen Tür. Im Mittelpunkt stand dabei in luftiger Höhe ein Verkaufsstand. Denn dort wurden Produkte aus dem Anbau gegen eine Spende für den Verein "Oberhausen hilft" zugunsten der Ukraine-Flüchtlinge abgegeben.

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Vor und nach jeder Führung durch die über 1000 Quadratmeter große Halle bestand Gelegenheit, mit den Fachleuten über den Anbau von Salat, Tomaten, Paprika und Kräutern zu fachsimpeln. Da klagte zum Beispiel Udo Kraft aus Osterfeld über sein Pech mit der eigenen Tomatenzucht. Seit Jahrzehnten ist er Hobbyzüchter. Aber die zuletzt ausgesäten Tomaten wollten einfach nicht reif werden.

Pilotprojekt für den Klimaschutz

Agrarwissenschaftler Wolfgang Grüne, der das Gewächshaus leitet, hatte eine Erklärung dafür. Er führte das darauf zurück, dass der Osterfelder Tomaten ausgesät hat, die dafür gezüchtet wurden, erst während des Transports nach Deutschland auszureifen. Solche Bedingungen fänden die Pflanzen in Krafts Garten natürlich nicht vor. Er empfahl dem Osterfelder Pflanzen vom Altmarktgarten. „Die hier sind für den weiteren Anbau geeignet“, erklärte er. Mit den entsprechenden Töpfen traten Kraft und seine Begleiterin dann auch den Heimweg an.

„Ich möchte ja die Leute anregen, es selbst anzubauen“, sagte Grüne. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Dieter Exner betreibt er im Auftrag der Stadt Oberhausen den Dachgarten. Beide wollen aber grundsätzlich alternative, umwelt- und klimagerechte Formen des Pflanzenanbaus voranbringen. Würden in den Städten in großem Stil Flachdächer entsprechend genutzt, dann könnten, so die Überlegung, viele Lebensmitteltransporte vom Land in die Städte eingespart werden.

Viel Licht und fast keine Schatten

Zumal am Altmarkt noch weitere Einsparmöglichkeiten genutzt werden. Denn es ist hier Regenwasser, in dem die Pflanzen statt in Mutterboden in einer Nährstofflösung gedeihen. Es wird anschließend für die Toilettenspülung im Haus verwendet. Wenn es das Gewächshaus nicht über Verdunstung verlässt. Im Winterhalbjahr wird die Heizwärme des Hauses aufs Dach abgeführt, um auch im Gewächshaus die benötigten Temperaturen zu erzielen.

Am Samstag sorgte die Sonne allein dafür, für etwa 25 Grad. Das Dach des Gewächshauses ist so konstruiert, dass besonders viel Licht einfällt. „Sie können es daran erkennen, dass unsere Körper hier kaum Schatten werfen“, erklärte Grüne während seiner Führung.

150 Kilo Erdbeeren geerntet

An den Regalen für den Erdbeeranbau machte er darauf aufmerksam, dass Schädlinge dort nicht mit Gift bekämpft werden, sondern mit natürlichen Feinden, zum Beispiel mit Schlupfwespen. 150 Kilo Erdbeeren wurden im vergangenen Jahr geerntet.

Und damit sich auch Pilzerkrankungen bei den Kräutern nebenan in Grenzen halten, werden sie nur bei der Aussaat von oben bewässert. Ansonsten stehen die Töpfe im Nährstoffbad. Dessen Wassertemperatur und Nährstoffgehalt werden automatisch überwacht. „Ihre Blätter sind immer trocken“, erklärte Grüne. Schlechte Aussichten demnach für Pilze.

Nicht auf Gewinnerzielung angelegt

An einer Führung nahmen auch Annette und Rolf Miltz aus Sterkrade teil. „Es hat uns immer interessiert. Jetzt haben wir mal die Zeit gefunden, es uns anzusehen“, sagte sie. Sie will sich auch daheim mit solchem Anbau beschäftigen. Was den Betrieb am Altmarkt angeht, warf ihr Mann die Frage nach der Wirtschaftlichkeit auf.

Und die beantwortete draußen Volkmar Keuter vom Fraunhofer-Institut Umsicht. Das Forschungsinstitut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik begleitet das Projekt wissenschaftlich. „Wenn es auf Gewinnerzielung angelegt wäre, hätte man nicht drei Klimakammern gebaut, um getrennt voneinander Salate, Erdbeeren und Kräuter zu ziehen“, sagte er. Man hätte eine große Klimakammer geschaffen und sich auf eine einzige Pflanze spezialisiert, zum Beispiel auf Basilikum. Es sei eben ein Pilotprojekt.

Vorbild für einen Dachgewächsgarten in Düsseldorf

Im September 2019 wurde das Dachgewächshaus am Altmarkt in Betrieb genommen.Wenige Monate später war es von den Corona-Beschränkungen betroffen.

„Seine Strahlkraft ist trotzdem immens“, berichteten Volkmar Keuter und Pressesprecherin Elita Wiegand. Immer wieder interessiere sich Fachpublikum für die Anlage. So gebe es inzwischen konkrete Pläne, eine solche Produktion am Karlsplatz in Düsseldorf aufzuziehen. „Ohne das Oberhausener Projekt wäre es nicht dazu gekommen“, sagte Keuter. Düsseldorf mit seiner Gastronomie biete sehr gute Absatzmöglichkeiten.

Dabei gibt es mittlerweile in der benachbarten Kult-Gaststätte Gdanska einen Jobcenter-Salat. Verschiedene kleinere Restaurants gehören auch zu den Abnehmern. Ein Speiselieferant (Caterer) versorgt damit unter anderem die Kantine der Sparkasse. Überschüsse gehen an die Oberhausener Tafel. Nur das Café im Erdgeschoss des Jobcenters lässt noch auf sich warten.