Gelsenkirchen. Sanierungsarbeiten in der Kita Rheinische Straße in Schalke drohen unendliche Geschichte zu werden. Fertigstellung wohl erst im September 2022.

Wenn Jennifer Dahmen mit ihrem ältesten Sohn an der Kindertagesstätte Rheinische Straße in Schalke vorbeiläuft, dann schaut er immer etwas wehmütig und fragt: „Mama, wann darf ich denn mal wieder da hin?!?“

Der Fünfjährige hat das Innere „seiner“ Kita nun schon seit Mai 2020 nicht mehr gesehen – genau wie die anderen 105 Kinder, die dort ihren vorschulischen Alltag verbrachten. Seitdem sind sie auf vier andere Einrichtungen im Stadtgebiet verteilt, was für einige Eltern seither einen erheblichen Mehraufwand bedeutet – insbesondere, wenn Geschwisterkinder in verschiedenen Einrichtungen im Stadtsüden untergebracht sind. Und dieser Zustand wird noch länger als ursprünglich geplant andauern: nun bis mindestens September 2022.

Erster Wasserschaden trat im Dezember 2019 auf

Wasserschäden und Schimmelbefall: Die Kita Rheinische Straße in Gelsenkirchen bleibt nun mindestens bis September 2022 geschlossen. Viele der betroffenen Eltern seien stocksauer, so die Vorsitzende des Elternbeirats.
Wasserschäden und Schimmelbefall: Die Kita Rheinische Straße in Gelsenkirchen bleibt nun mindestens bis September 2022 geschlossen. Viele der betroffenen Eltern seien stocksauer, so die Vorsitzende des Elternbeirats. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Was war geschehen? Das erst im Jahr 2011 fertiggestellte Gebäude an der Rheinischen Straße wies bereits im Dezember 2019 einen ersten Wasserschaden auf. Es folgten provisorische Sofortreparaturen. Diese konnten aber nicht verhindern, dass im Monat darauf weitere Wasserschäden und sogar Schimmelbefall entdeckt wurden.

Grund dafür seien „eine Vielzahl von unzureichenden und mangelbehafteten An- und Abschlüssen an der Dachfläche über dem Erdgeschoss“ gewesen. Der Neubau hatte sich innerhalb von nicht mal einem Jahrzehnt in einen schweren Sanierungsfall verwandelt. So ging es zumindest aus der Beschlussvorlage hervor, die später dem städtischen Bau-Ausschuss vorgelegt wurde.

Die 105 betroffenen Kinder wurden auf vier andere Kitas umverteilt

Im Mai 2020 wurde die Kita Rheinische Straße dann geschlossen, die Mädchen und Jungen sind seitdem auf vier andere Kitas verteilt: zur Küpperbuschstraße, zum Laarmannshof, zur Olgastraße und zur Freytagstraße. Doch die Beseitigung der Schäden ließ auf sich warten. Das zunächst ausgewählte Sachverständigenbüro, das den Auftrag zur Erstellung eines Sanierungskonzeptes bekommen hatte, meldete sich über Monate nicht zurück. Im Februar 2021 wurde ein zweiter Gutachter beauftragt. Er bestätigte, dass es umfangreicher Sanierungsarbeiten bedurfte. Geschätzte Kosten: 1,4 Millionen Euro.

Seitdem wurde der Termin zur Wiedereröffnung der Kita gleich mehrmals nach hinten verschoben. Zunächst hieß es, sie solle im Sommer 2021 fertig sein und die Kinder dann endlich wieder in ihre vertraute Umgebung zurückkehren können. Der Termin konnte nicht gehalten werden. In einem Schreiben an die Eltern stand dann, dass es Frühjahr 2022 werde. Und am vergangenen Mittwoch fanden die Betroffenen nun ein Schreiben der Gelsenkirchener Kindertagesbetreuung (GeKita) in ihrem Briefkasten, die Träger der Einrichtung ist. Darin wurde verkündet, dass die umfangreichen Baumaßnahmen nun nicht vor September 2022 abgeschlossen seien.

Wut und Unverständnis bei viele betroffenen Eltern

„Viele Eltern empfinden nach dieser neuerlichen Verzögerung nur noch Wut und Unverständnis“, sagt Jennifer Dahmen. Sie ist Vorsitzende des Elternbeirats der Kita Rheinische Straße. Und nicht nur sie ärgert sich über die schleppende Informationspolitik der GeKita: „Uns wurden keinerlei Gründe genannt, warum es jetzt schon wieder länger als geplant dauert.“

Die Folgen der Ausquartierung ihrer Kinder in die anderen Kitas hätten weitreichende Folgen, sagen Dahmen und ihre Stellvertreterin Melissa Raatz. Die Eltern könnten ihre Sprösslinge nun nicht wie zuvor zu Fuß zur Kita bringen, sondern müssten zu den weiter entfernten Ausweichquartieren mit dem Auto fahren, teils verbunden mit einem erhebliche Zeitaufwand. Untergebracht seien einige Kinder in Räumlichkeiten, die normalerweise für Bewegungseinheiten genutzt würden, so Dahmen. „Dadurch fällt dort für alle Kinder das vertraute Sportangebot weg“, klagt sie. Und auch das Englisch-Angebot, das es an der Rheinischen Straße einmal pro Woche gab, sei an den neuen Standorten weggefallen.

Stadtsprecher: „Bekommen derzeit das nötige Baumaterial nicht“

„Derzeit werden die Räumlichkeiten an der Rheinischen Straße noch getrocknet“, betont Stadtsprecher Martin Schulmann auf WAZ-Anfrage. Immerhin seien die Rückbau- und Schimmelsanierungsarbeiten abgeschlossen, teilte das zuständige Referat für Hochbau und Liegenschaften mit. „Ein weiteres Problem ist, dass wir momentan das nötige Baumaterial nicht bekommen“, nennt Schulmann einen entscheidenden Grund für die neuerlichen Verzögerungen. „Wir können auch jetzt noch nicht verbindlich sagen, ob wir den anvisierten Eröffnungstermin im September 2022 halten können.“

Jennifer Dahmen hat genug von Ankündigungen: „Ich glaube erst wieder daran, dass die Kita wirklich öffnet, wenn sie fertig ist und ich darin stehe.“ Ihr fünfjähriger Sohn wird diese Rückkehr in „seine“ Kita übrigens nicht mehr selbst miterleben. Denn im September 2022 ist er schon Erstklässler einer Grundschule.