Oberhausen. Danylo Cherkashenko ist gebürtiger Ukrainer und mit seiner Kamera auf Friedensdemonstrationen unterwegs – auch in Oberhausen drehte er bereits.
Auf dem Youtube-Kanal von Danylo Cherkashenko ist der Krieg endgültig angekommen. Vor wenigen Wochen waren es vor allem Kochvideos, die der 45-Jährige auf der Video-Plattform hochlud. Kurze Clips, in denen er zeigte, wie eine Kürbissuppe, eine gefüllte Ente oder das ukrainische Nationalgericht Borschtsch gelingt. Doch dann kam es zum Bruch: Der russische Präsident Wladimir Putin begann einen Angriffskrieg auf die Ukraine – das Geburtsland von Cherkashenko.
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Seitdem ist die Welt in Aufruhr, vieles verändert sich – auch die Videos des 45-Jährigen. Er filmt keine Rezepte mehr, sondern Menschen, die mit ukrainischen Flaggen wehen, fleißig Spenden sammeln oder öffentlich Reden halten. Die Aufnahmen stammen von Demonstrationen sowie Sammelstellen aus Köln, Düsseldorf und auch Oberhausen. Cherkashenko hat sich vorgenommen zu dokumentieren, was gerade in Deutschland passiert, wie die Solidarität hierzulande mit der Ukraine aussieht.
„Die Menschen solidarisieren sich mit einem Volk – mit Jungs, die gerade auch sterben“, sagt er. „Da bist du selbst Zeitzeuge dieser Situation.“ Schon Anfang Februar hatte er das erste Video einer Kundgebung hochgeladen, seit Kriegsausbruch hat sich die Taktung jedoch deutlich erhöht. In den vergangenen zwei Wochen kamen fünf neue Filme dazu.
Bei einer der ersten Veranstaltungen überkamen Cherkashenko noch selbst die Tränen, als sich die Menschenmassen vor Ort niederknieten, um den Opfern des Krieges zu gedenken. „Ich konnte mich nicht beherrschen“, beschreibt er diesen Moment. Diese Solidarität jetzt zu sehen sei ein „unglaubliches Gefühl“.
Begegnung mit Flüchtlingen: „Der Krieg ist umso präsenter bei diesen Drehs“
Seine Videos auf Youtube erreichen teils mehrere Hundert Zuschauer, sie dauern zwischen zwei bis 15 Minuten. Die größte Reichweite erzielte jedoch ein 14-sekündiger Ausschnitt auf Tiktok – ein weiteres Videoportal, das sich besonders für kurze Clips eignet. Zu sehen ist ein junger Russe, der auf einer Demonstration seinen Pass zerreißt – so erklärt es Cherkashenko in der Videobeschreibung. „Das war ein riesiges Zeichen“, sagt er. Das Video wurde vor knapp zwei Wochen hochgeladen, mittlerweile kommt es auf fast zwei Millionen Aufrufe.
Wie er diese Bilder einfängt, weiß Cherkashenko durch seine Arbeit als freier Kameramann – zu seinen Auftraggebern gehören verschiedene Fernsehsender. Für den WDR filmte er bereits die Ankunft von ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland. „Der Krieg ist umso präsenter bei diesen Drehs, weil du die Menschen direkt siehst und deren Geschichten hörst“, erzählt er. Für ihn sei es aber wichtig, nicht nur zu drehen, sondern auch mit den Leuten zu sprechen und für sie zu übersetzen.
Bei einer Demonstration überkamen Cherkashenko selbst die Gefühle
Cherkashenko selbst kam 1998 nach Deutschland, zuvor lebte er fast 22 Jahre in Charkiw – der zweitgrößten Stadt der Ukraine, die bereits massiv angegriffen wurde. „Wenn ich die Bilder sehe, ist das krass. Es sind viele Häuser zerstört worden“, sagt er: „Du denkst: Was passiert danach? Wer wird das alles wieder aufbauen?“ Er hätte sich nicht vorstellen können, dass die Situation derart eskalieren könnte, dass sogar die Zivilbevölkerung angegriffen wird.
Cherkashenko studierte an der Fachhochschule Dortmund
Die Videos von Danylo Cherkashenko sind auf seinem YouTube- und TikTok-Kanal Dancher Video zu finden. Auf YouTube hat der Kameramann auch einen Beitrag über die Friedensdemonstration in Oberhausen (vom 28. Februar 2022) hochgeladen.Bereits in der Ukraine arbeitete Cherkashenko in der Film- und Fernsehproduktion. Als er nach Deutschland kam, spezialisierte er sich weiter und studierte an der Fachhochschule Dortmund den Studiengang Film/Fernsehen (Studienrichtung Kamera).
Heute lebt Cherkashenko in Oberhausen und Mönchengladbach. In Nordrhein-Westfalen gebe es eine große ukrainische Community, berichtet er, viele würden auf die Demonstrationen gehen. Stand 2020 hatten in NRW mehr als 29.000 Menschen die ukrainische Staatsangehörigkeit – davon kamen 255 Personen aus Oberhausen.