Oberhausen. Auf WhatsApp gab ein Mann als Zuhälter einer Frau in Hotelzimmern klare Anweisungen. Vor dem Schöffengericht musste er sich nun verantworten.
Das Schöffengericht am Amtsgericht Oberhausen hat jetzt einen geständigen Mann (34) wegen Zuhälterei zu einer Haftstrafe verurteilt. Anfang 2018 arrangierte der Angeklagte Treffen einer damals 27-jährigen Frau aus der Ukraine mit Freiern in Hotels in Oberhausen, Duisburg und Düsseldorf. Der Mann zeigte sich vor Gericht zum Tatvorwurf der Zuhälterei geständig; weitergehende Beschuldigungen der Zwangsprostitution konnten ihm nicht nachgewiesen werden.
Im Oktober 2017 lernte er die 27-Jährige kennen. Die Frau war nach ihrer eigenen, schriftlich dokumentierten Aussage damals als Touristin nach Deutschland eingereist, kurz darauf aber - offenbar unfreiwillig - mit dem Bordellmilieu in Kontakt gekommen.
Die Plädoyers
Die Verteidigung plädierte in diesem Fall für eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren, auch um den Erfolg der laufenden Drogentherapie nicht zu gefährden.Die Staatsanwaltschaft forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
Sie lernte schließlich den Angeklagten aus Oberhausen kennen, der ihr rund eine Woche lang das Interesse an einer normalen, liebe- und respektvollen Beziehung vorspielte. Doch plötzlich habe er sein Verhalten geändert, ihr den Pass abgenommen, ihr Mobiltelefon zerschlagen und sie aufgefordert, sich als Prostituierte mit Freiern zu treffen. Diese Aussage der Frau lagen dem Gericht schriftlich vor; sie erschien jetzt nicht vor dem Schöffengericht und ist derzeit nicht auffindbar.
Frau im Chat bedroht
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Im Zuge der Beweisaufnahme las der Vorsitzende Richter Alexander Conrad aus Chatprotokollen vor, die zeigen, wie der Angeklagte mit der Frau aus der Ukraine Anfang 2018 per WhatsApp kommunizierte. In den Chats wird deutlich, dass er genau bestimmte, wann und wo die Frau die jeweiligen Freier traf: „Kunde kommt jetzt“, meldet die 27-Jährige in diesen Chats zum Beispiel dem Angeklagten. „50 Euro - 30 Minuten.“ Seine Antwort: „Nö - 60 Euro!“ In diesen Chats geht es zum Beispiel auch darum, dass sie kurz aus dem Hotelzimmer gehen will, um sich etwas zum essen oder Zahnpasta zu holen. Der Angeklagte trägt ihr streng auf, auf keinen Fall zu viel Geld auszugeben, „nur 10 Euro maximal“. Wenn sie nicht gehorche, werde sie es „noch bereuen“, heißt es an einer weiteren Stelle in den Chat-Protokollen.
Unklar blieb vor Gericht jetzt, inwieweit die Frau eine Gefangene des Mannes war und von ihm etwa in seiner Oberhausener Wohnung eingesperrt wurde. Belegt ist zum Beispiel, dass sie dort allein mit dem Hund Gassi ging und wohl auch einen Kiosk in der Nähe aufsuchte. Insofern konnte der Vorwurf des absoluten Eingesperrtseins und der Zwangsprostitution nicht einwandfrei belegt werden.
19 Tage nachgewiesen
Auf der Grundlage der besagten Chat-Aussagen konnte dem Angeklagten allerdings der Vorwurf der Zuhälterei für 19 Tage im Januar und Februar 2018 klar nachgewiesen werden. Das Gericht ging von fünf Freiern pro Tag aus, die auf diese Weise dokumentiert sind; wahrscheinlich waren es deutlich mehr. Der Angeklagte kassierte den Arbeitslohn, den die Frau als Prostituierte erhielt, und bereicherte sich so laut Gericht um 4750 Euro.
Das Geld benötigte der Mann wohl vor allem, um seine Drogensucht zu finanzieren. Nach eigenen Angaben ist er bereits seit seinem 17. Lebensjahr Drogenkonsument. Er ist mit der Justiz bereits mehrfach in Kontakt gekommen, ist vor allem auch wegen Betrugs vorbestraft, saß bereits zwei Mal in Haft und absolviert nun seit sechs Monaten eine Therapie, um sich aus der Abhängigkeit von Kokain und Marihuana zu befreien.
Vorwurf: Urkundenfälschung
In dem Fall spielte auch noch der Vorwurf der Urkundenfälschung eine Rolle, weil der Angeklagte im März 2018 der Polizei gegenüber einen gefälschten österreichischen Personalausweis als seinen eigenen ausgab. Auch diesen Vorwurf räumte der Angeklagte ein. Das Schöffengericht verurteilte den Mann - unter Einbeziehung eines vorherigen Urteils des Amtsgerichts Oberhausen - zu eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten; zudem muss er die 4750 Euro an die Frau zurückzahlen, sofern sie auffindbar ist. Sonst wandert das Geld in die Staatskasse.