Mülheim. „Wie willst du leben?“ lautet der Titel einer Reihe, die jetzt im Theater an der Ruhr in Mülheim startet. Jeder ist eingeladen, mitzureden.
Es ist eine ganz einfache Frage. Eine Frage, die im Alltag oft untergeht. Eine Frage, die zu stellen aber lohnenswert und notwendig ist: „Wie willst du leben?“ lautet der Titel einer Gesprächsreihe, die am Sonntag, 10. Oktober, um 18 Uhr im Theater an der Ruhr startet. Jede und jeder ist eingeladen, seine persönlichen Zukunftsideen und seine gesellschaftspolitischen Ansichten einzubringen in den Dialog. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Die Teilnahme an der Diskussion ist kostenlos.
„Es soll um große Themen gehen, etwa die Fragmentierung der Gesellschaft“
Initiatoren des Projektes sind die Schauspielerin und Regisseurin Simone Thoma und der Regisseur Markus Sascha Schlappig. Angespornt durch Gespräche mit Zuschauern, die Teil ihrer „Judas“-Inszenierung waren, wollen sie es interessierten Menschen nun ermöglichen, vorzubringen, „welche politischen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Zustände sie ändern würden, hätten sie die Macht“. „Es soll um die großen Themen gehen, die nicht bewältigten Probleme der westlichen Demokratien – zum Beispiel die Fragmentierung der Gesellschaft. Sie hat sich in viele soziale Gruppen aufgespalten, die nicht mehr fähig sind, miteinander zu kommunizieren“, erklärt Markus Schlappig.
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Die verloren gegangene Dialogfähigkeit und die zerfallenden sozialen Bindungen sind nur ein Aspekt von vielen, die die Theaterleute – und vermutlich auch viele Bürgerinnen und Bürger – bewegen. Auch über Wirtschaftskrisen, Migrationsbewegungen, Klimawandel, steile Macht- und Vermögensgefälle, der globale Systemwettbewerb oder auch die aus dem Ruder laufende Digitalisierung soll diskutiert werden. „In entspannter Atmosphäre, in der jeder sagen kann, was ihn beschäftigt, was immer es auch ist“, so Jessica Otten, Sprecherin des Theater. Einfach nur zuhören ist auch erlaubt.
„Welche Optionen haben wir, um Veränderungen zu verwirklichen?“
Auf der Bühne wollen Theatergründer Roberto Ciulli und Markus Schlappig ab jetzt monatlich mit den Gästen Zukunftsvisionen entwerfen. „Welche Veränderungen sind notwendig und welche Optionen haben wir, sie zur verwirklichen?“, laute die Frage. Es gelte die „massiven Probleme, die seit den 70ern in unsere Gesellschaft hineingewachsen sind“, anzugehen. „Kann es gelingen, dass die Frage ,Wie willst du leben?’ Gemeinsamkeit schafft, und dass wir sie gemeinsam beantworten können?“, ist Simone Thoma gespannt.
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Nur beim Reden soll es allerdings nicht bleiben. Das Team, zu dem auch noch die Schauspielerinnen Maria Neumann, Adriana Kocijan und Dijana Brnic gehören, wird ausgehend von den Gesprächsbeiträgen szenische Einlagen erarbeiten, die dann beim nächsten Diskussionsabend gezeigt und als Ausgangspunkt für weitere Ideen dienen sollen. „Wir haben zwischen den Terminen ja immer vier Wochen Zeit, um etwas zu entwickeln. Sukzessive werden immer mehr performative Szenen entstehen, die zur einer eigenständigen Produktion anwachsen sollen. „Im nächsten Sommer könnte die Inszenierung stehen“, sagt Simone Thoma.
Ausgehend von Gesprächsbeiträgen werden szenische Einlagen entwickelt
Das Theater spiegele mit Hilfe der Sprache Prozesse in der Gesellschaft, das Wesen des Theaters sei der Dialog, erklärt Roberto Ciulli. „Und aus dem Dialog entsteht das Denken.“ Der Schauspieler übersetze Erkenntnis in sinnliche Kraft, er könne die Zuschauer auf diese Weise inspirieren, selber zu Handelnden zu werden. „Aus diesem Grund belassen wir es auch nicht bei einem reinen Gesprächsforum“, erläutert Markus Schlappig.
Ideen einreichen
Das Theater ruft alle interessierten Mülheimer auf, Statements, Anregungen oder Fragen zum Thema „Wie willst du leben?“ einzureichen.Das können kurze Notizen sein, eigene oder fremde Prosatexte oder Gedichte, Bilder oder Fotografien, Filme oder wissenschaftliche Abhandlungen und anderes.Mehrere Kanäle stehen dabei zur Verfügung. E-Mail: wie.willst.du.leben@theater-an-der-ruhr.de, Telefon: 0157/51058284, Direkteinwurf in einen speziellen Briefkasten im Theaterfoyer.Außerdem geht es auch postalisch. Wie willst du leben?, Theater an der Ruhr, Akazienallee 61, 45478 Mülheim.
Bei den Gesprächsabenden heißt es „Ende offen“. Die Termine sind so gelegt, dass am Vortag eine Judas-Vorführung besucht werden kann – zur Einstimmung. Die Initiatoren hoffen auf Teilnehmer aus allen Bereichen der Gesellschaft. Roberto Ciulli sieht übrigens zuversichtlich nach vorne: „Seit etwa zwei Jahren weht planetarisch ein anderer Geist. Es gibt die Bereitschaft, die komplexen Probleme in den Griff zu bekommen“, sagt er.