Beckhausen. „Seelsorge heißt, Nähe zu Menschen zu haben.“ Das sei ohne Kontakt eine Herausforderung“, so Bernd Steinrötter aus Gelsenkirchen. Ein Interview.
Drei Fragen an Bernd Steinrötter, Pastor in der Liebfrauen-Gemeinde in der Pfarrei St. Hippolytus.
Wenn die Not am größten, ist Gott am nächsten, so sagt man. Nur dass Kirche in diesen Tagen nicht normal funktioniert. Pastor Steinrötter, wie geht Seelsorge in Corona-Zeiten?
Steinrötter: Wir arbeiten in einem Spannungsfeld zwischen Nähe zeigen und Grenzen erkennen. Seelsorge heißt ja, Nähe zu den Menschen zu haben. Das ist ohne Kontaktmöglichkeiten schon eine Herausforderung. Ich selbst erlebe, es ist ruhiger geworden, das Gemeindeleben ist zum Erliegen gekommen. In der Pfarrei St. Hippolytus haben wir alle unsere Gebäude, auch die Kirchen, geschlossen. Einzig Beerdigungen finden statt, alles andere haben wir verschoben.
Sie sind für die Menschen weiterhin ansprechbar. Jedoch ist es für viele ein Unterschied, sie im täglichen Leben zu treffen und anzusprechen oder wirklich aktiv zum Telefonhörer zu greifen. Wer meldet sich denn überhaupt bei ihnen?
Das machen nur die, die wissen, wer am anderen Ende der Leitung ist, jene, zu denen eine persönliche Beziehung besteht. Klar ist, in diesen Tagen ist jeder zwischenmenschliche Kontakt, jedes Wort Seelsorge. Es ist nicht mehr selbstverständlich, tagsüber mit dem einen oder anderen ein Wort zu wechseln. Abends sind viele dann ganz alleine. Und das wird in den nächsten Wochen von vielen als immer schlimmer empfunden werden. Da kommen wir sicherlich noch einmal ins Spiel. Zumal es ja so ist, dass in Zeiten der Ruhe, der inneren Einkehr, manches hoch kommt. Da wird die Beziehung zu Gott auf eine Probe gestellt. Damit die Menschen nicht ins Bodenlose fallen, versuchen wir durch die Aktion, jeden einzuladen, abends um 19 Uhr eine Kerze ins Fenster zu stellen und zu beten, eine Gemeinschaft zu schaffen und Halt zu geben. Auch das Glockenläuten um 19.30 Uhr soll sagen: Kirche ist noch da.
Besonders schwierig ist in diesen Tagen das Spenden des für Katholiken so wichtigen Sakramentes der Krankensalbung. Wie kann das noch gehen?
Dabei geht es darum, gestärkt mit Gottes Segen die letzte Lebensphase zu durchschreiten. Wenn jemand im Sterben läge und man käme in die Einrichtung hinein, könnte ich mir vorstellen, unter Beachtung aller Hygienevorschriften und mit Schutzkleidung die Salbung durchzuführen, allerdings das Ölgefäß gar nicht mit ins Zimmer zu nehmen und die verwendete Watte dort zu hinterlassen. Wenn uns aber der Zutritt nicht gestattet ist, ist das eine schwierige Situation – aber letztlich eine Frage der Abwägung der Güter, der wichtigen religiösen Rituale gegen die gesundheitliche Unversehrtheit vieler.
Das Pfarreiteam ist erreichbar unter 0209 55522, Bernd Steinrötter selbst unter 0209 70287703.
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