Gelsenkirchen-Ückendorf. Markus Hertlein hat das Abenteuer „Gründen“ gewagt: Gemeinsam mit einem Partner schuf er vor fünf Jahren „XignSys“. Was das Unternehmen ausmacht.

„Mit 13 Jahren habe ich zum ersten Mal gedacht, ich will etwas Eigenes machen. Natürlich war das noch nicht konkret. Aber der Wunsch, für sich selbst zu arbeiten, der war damals schon da“, sagt Markus Hertlein. Heute ist er 36 Jahre alt und lebt diesen Traum von einst. Vor fünf Jahren gründet er, gemeinsam mit Pascal Manaras, das Start-up „XignSys“. Jenes widmet sich ganz sicheren Authentifizierungswegen im Internet. Ein Bereich, der den Dinslakener schon lange beschäftigt.

Gelsenkirchen: Konkurrenz aus dem Ruhrgebiet für das Silicon Valley

„Zur Schulzeit schon habe ich mir selbst das Programmieren beigebracht.“ Das Studium baut darauf auf: Den Bachelor macht Markus Hertlein in Medieninformatik an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, den Master am selben Ort in Internetsicherheit. „Ab dem zweiten Semester habe ich für das hochschuleigene Institut für Internet-Sicherheit gearbeitet. Mir war es lieber, an der Uni zu arbeiten, als ausschließlich Kellnern zu gehen.“ [Lesen Sie auch Folge 1 unserer Start-up-Serie:Im „Maker Space“ wird Zukunft gemacht]

So sei er mehr und mehr ins Thema „reingewachsen“. Immer wieder denkt er an die Selbstständigkeit. „Der echte Anstoß kam durch ein Forschungsprojekt. Da ging es darum, mit dem damals neuen Personalausweis das E-Auto laden zu können. Zu der Zeit konnten wir uns nicht vorstellen, dass man in zehn Jahren noch mit Plastikkarten umgehen will. Da haben wir den ersten Prototyp unserer Authentifizierung gebaut.“

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Die Wortwahl macht deutlich, die digitale Arbeit ist für die jungen Männer ein Schaffensprozess, der viel Gestaltungswillen braucht. „Wir glauben, dass wir einen echten Mehrwert bieten, etwas Gutes machen und unser digitales Leben einfacher und sicherer machen. Zu sagen, dass wir die Welt verbessern wollen, das wäre vielleicht etwas zu viel“, sagt der Jungunternehmer und lacht.

Die jungen Gründer finden einen Mentor – und gleichzeitig auch einen Gesellschafter

Ein Unternehmen zu gründen, das ist gar nicht so einfach. Heute wartet die Westfälische Hochschule mit unterstützenden Angeboten auf. Damals gibt es die noch nicht. Doch die jungen Männer finden in Professor Dr. Norbert Pohlmann einen Mentor. „Der war zuvor selbst mal Unternehmer und kam gerade zurück von einer Gastprofessur in Stanford. Er brachte den ganzen Spirit des Silicon Valley mit und war überzeugt, wir müssen mit unserer Idee ein Start-up gründen.“

Der Lehrbeauftragte unterstützt die beiden Gründer nicht nur mit Rat und Tat, er wird auch einer der Gesellschafter. Gemeinsam gelingt ihnen Beachtliches: Weil sie aus einem Forschungsprojekt heraus gründen, können Markus Hertlein und Pascal Manaras den Projektpartner als ersten Kunden gewinnen. Das macht die Gründung ohne Fördermittel, die damals noch rar gesät sind, und ohne Kredite möglich. [Lesen Sie auch Folge 2 unserer Start-up-Serie:Fahrrad-Auto bereichert den Individualverkehr]

„Wir waren das Studentenleben gewöhnt. Auch wenn wir nach dem Abschluss einen gut bezahlten Job hätten bekommen können, hat es uns nicht abgeschreckt, für 700 Euro im Monat zu arbeiten“, erzählt Markus Hertlein und erinnert sich gern an diese Zeit. „Wenn man gründet, braucht man eine fast kindliche Neugier. Das ist aufregend, das hat etwas von einem großen Abenteuer.“

Die ersten drei Jahre finanzieren sich die Jungunternehmer selbst

Das Unternehmen entsteht – in Gelsenkirchen, am Zukunftsstandort Bochumer Straße. Drei Jahre lang finanzieren sich die Jungunternehmer selbst, entscheiden sich dann für eine erste Finanzierungsrunde. So, wie man es aus einem bekannten Fernsehformat kennt, bedeutet das, man bietet möglichen Investoren für eine bestimmte Summe eine Beteiligung am Unternehmen.

Der Name macht deutlich, worum es geht

Das Unternehmen „XignSys“ macht schon im Namen deutlich, worum es geht: Systeme rund um Signaturen. Der Name aber habe auch eine humorvolle Komponente, verrät Markus Hertlein. Darin stecke auch ein „sign this“ (engl.: „unterschreibe dies“) – nicht ganz sauber ausgesprochen.Die Technologie, auf der alles basiert, haben Markus Hertlein und Pascal Manaras „XignIn“ getauft, das Produkt „XignMe“.

Auf einer Veranstaltung mit renommierten Gästen aus der Branche bekommen Markus Hertlein und Pascal Manaras die Chance, sich und ihr Unternehmen vorzustellen, zu „pitchen“, wie es im Jargon heißt. „Bei der Veranstaltung sprachen alle über die Smart City und ihre Facetten. Genau dazwischen konnten wir uns mit unserer Möglichkeit der sicheren Authentifizierung vorstellen.“ Mit Erfolg. Die jungen Männer erhalten gleich mehrere Angebote – und entscheiden sich für Dr. Cornelius „Conny“ Börsch. Der sei einer der bekanntesten „Business Angel“ Europas, also bekannt als Investor für Zukunftstechnologien. Und er bringt weitere Investoren mit. [Lesen Sie auch:Wie eine Rentnerin ein Start-up gründete]

Ein wichtiger Schritt für jedes Unternehmen und doch ein schwieriger für jeden Unternehmer: Im Glauben an die bessere Zukunft der eigenen Firma muss er einen Teil seines Unternehmens abgeben. „Aber die Frage ist eben, hat man viel von nichts oder einen Teil von etwas Großem?“ Das sei eben der notwendige Reifeprozess. „Unsere Branche ist unglaublich schnelllebig. Wir sind international unterwegs, konkurrieren, mit Unternehmen aus dem Silicon Valley. Da spielt auch Geld eine Rolle.“ Und so steht gerade eine zweite Finanzierungsrunde an. Um den Einstieg in den europäischen Markt angehen zu können.

Die Stadt hat immer wieder die Möglichkeit, an Fördertöpfe zu kommen

Das alles soll und werde von Gelsenkirchen aus geschehen. „Ich bin während des Studiums in die Stadt reingewachsen. Und die Stadt bietet den Standortvorteil, dass hier extrem viel in Sachen Digitalisierung gemacht wurde. Wegen des noch nicht abgeschlossenen Strukturwandels hat die Stadt die Möglichkeit, immer wieder an Fördertöpfe zu kommen. Auf der anderen Seite ist Gelsenkirchen noch nicht der Gründungsstandort, der man sein könnte.“ Das zu ändern, dabei wolle man mithelfen. „Da leisten wir gern unseren Beitrag.“