Gelsenkirchen-Buer. Juliette Meinhövel de Monicault zeigt Menschen mit und ohne Masken mit viel Gelsenkirchener Lokalkolorit. Welche Einblicke sie dabei gewährten.

„Buer, mon amour“: Für Juliette Meinhövel de Monicault gilt diese Liebeserklärung gleich in doppelter Hinsicht: Die Französin ist mit einem Bueraner verheiratet, und sie liebt diese neue Heimat, in der sie seit sieben Jahren lebt. In der Corona-Krise hat sie diese noch einmal intensiver kennengelernt – und, als freiberufliche Fotografin, in Bildern festgehalten. „Porträts einer Pandemie“ versammelt 90 davon in einem Band.

Es ist ein liebevoller Blick durch die Kamera auf die Menschen, die kurz nach dem ersten Lockdown im Mai 2020 durch Buers Straßen streiften: alle noch unter dem Eindruck der Isolation der vorangegangenen Wochen und seltsam berührt, als Juliette Meinhövel de Monicault sie bittet, sie fotografieren zu dürfen, genau dort, wo sie ihnen gerade begegnet ist: unverstellt, ohne Vorbereitung, einfach so.

Gelsenkirchener Fotografin sprach unbekannte Menschen auf der Straße an

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„Während ich sonst bei meinen Auftragsarbeiten mit Personen zu tun habe, denen es sehr darum geht, besonders schön zu wirken, hat dieses Bedürfnis hier in Buer kaum einen interessiert“, berichtet die 36-Jährige, die sich als Freiberuflerin in der Pandemie regelrecht ausgebremst sah. Fast alle Fotoreisen waren coronabedingt abgesagt, sie hatte viel Zeit für ihre zwei Kinder (heute 5 und 6 Jahre alt) – und für spontane Shootings.

„Ich ging voller Neugier auf die Straße und traf Menschen, darunter Freunde und Nachbarn, mit denen ich über Wochen nicht gesprochen hatte, vor allem aber unbekannte Menschen.“ Übers Fotografieren kam sie mit ihnen ins Gespräch, sie begannen zu erzählen, was sie umtrieb, wie es ihnen ging mit der geforderten sozialen Distanz, den Hamsterkäufen von Nudeln und Toilettenpapier, dem Erahnen von Lächeln unter einer Maske. „Sie waren erstaunlich offen. Man spürte, dass sie ein Bedürfnis nach Nähe und Austausch hatten.“

Farbporträts zeigen Personen unverstellt und offen

Genau das spiegelt sich auch in den Farbporträts wider, die eben nicht nur die Personen (mit Masken im Gesicht oder in der Hand, versteht sich) zeigen, sondern auch die unmittelbare Umgebung und deshalb viel Lokalkolorit mit sich bringen; ergänzt werden die Fotos von kurzen (deutschen und französischen) Texten mit Angaben zu den abgebildeten Personen.

Da ist etwa Moritz an der Rottmannsiepe, der darauf hofft, seine Ausbildung zum Tischler bald fortsetzen zu können, nachdem die Berufsschule für zwei Monate geschlossen hatte. Oder Carsten und, auf dem Arm, Sohn Toni an der Niefeldstraße, die sich auf die kleinen Dinge konzentrieren wollen, die Freude machen. Oder die älteren Damen Maria und Theresia, Zwillinge, die mit ihren weißen Hosen, Sonnenbrillen, Sandalen und großen Handtaschen nahezu gleich gekleidet sind, an der Nienhofstraße interessiert in die Kamera blicken und bedauern, gerade nicht die Bewohner eines Seniorenheims besuchen zu können.

Von der Betriebswirtschaftlerin zur Fotografin

Die gebürtige Französin Juliette Meinhövel de Monicault hat nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre zehn Jahre in der freien Wirtschaft gearbeitet, bevor sie die Fotografie zunächst als Hobby entdeckte, dann in einem Zusatzstudium vertiefte und eigenständig weiterentwickelte. Heute arbeitet sie als selbstständige Fotografin, wird etwa von Unternehmen gebucht, um deren Mitarbeiter, Büros, Veranstaltungen und Werbung in Szene zu setzen. In der nächsten Woche fährt sie nach Paris, um den Arc de Triomphe zu fotografieren, der nach den Plänen des verstorbenen Künstlers Christo verhüllt wird.

„Gemeinschaft der Fotografierten“

„Die meisten Fotografierten kennen einander nicht, aber sie bilden doch eine Gemeinschaft, weil sie alle in der Pandemie etwas erlebt haben, was sie sich so nicht vorstellen konnten“, sagt Juliette Meinhövel de Monicault. Wer durch den Bildband blättert, spürt genau diese Verbundenheit, ebenso wie die, die die Fotografin zu ihren „Motiven“ entwickelte. „Ich weiß nicht, was nach der Pandemie noch alles auf mich wartet. Aber diese Erfahrung, in Buer so viele Menschen zu fotografieren, bleibt in meinem Herzen.“

Der 184-seitige Bildband „Porträts einer Pandemie“ ist im Selbstverlag nur in der Buchhandlung Kottmann, Nienhofstraße, erhältlich (30 Euro). An den Samstagen 11. und 25. September, signiert die Autorin dort ihre Bücher.