Gelsenkirchen. Für 9,8 Millionen Euro wird seit Februar 2020 der Autobahntunnel in Gelsenkirchen-Erle modernisiert. Bis Ende 2021 soll alles fertig sein.

Wenn die 40-Tonner dicht an dicht hintereinander durch den A-2-Tunnel in Erle donnern, dann ist das eigene Wort kaum noch zu verstehen. „Deshalb tragen hier unten auch alle Arbeiter einen Gehörschutz“, schreit Nikolai Weber gegen den Verkehrslärm an. Der Bauingenieur (47) ist zuständiger Projektgruppenleiter beim Landesbetrieb Straßen.NRW und als solcher auch für die Umbauarbeiten in dem Autobahntunnel verantwortlich. Seit vergangener Woche läuft die zweite von insgesamt vier Bauphasen. Grund genug, um sich auf und in dem imposanten Bauwerk einmal genauer umzusehen.

Fast 15 Jahre hat dieser exakt 320 Meter lange Tunnel inzwischen auf dem Buckel: Ab 2004 wurde er gebaut, im Jahr 2006 dann in Betrieb genommen. Durch dieses Bauwerk sollte der bis dahin durch die A 2 zerrissene Stadtteil Erle zumindest ein Stück weit zusammenwachsen. Ein Vorhaben, das aufging. Denn auf dem Tunneldeckel wurde eine Grünfläche angelegt, die von Spaziergängern und Hundebesitzern gern genutzt wird. Und der wichtigste Effekt: Die Lärmbelästigung für die unmittelbare Nachbarschaft ging deutlich zurück. Inzwischen nagt aber der Zahn der Zeit an dem Bau.

Alte Natrium-Dampf-Lampen werden gegen LED-Technik ausgetauscht

Die ausrangierten Leuchtmittel aus dem A-2-Tunnel in Gelsenkirchen müssen gesondert entsorgt werden.
Die ausrangierten Leuchtmittel aus dem A-2-Tunnel in Gelsenkirchen müssen gesondert entsorgt werden. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann


„Es ist erstaunlich, wie gut und lang die alte Technik überhaupt gehalten hat“, lobt Projektgruppenleiter Weber, der seit dem Jahr 2000 für Straßen.NRW arbeitet und in Oer-Erkenschwick lebt. Doch jetzt sei die Zeit für einen großangelegten Austausch gekommen. „Der Wartungsaufwand ist inzwischen einfach zu groß“, weiß Weber. Daher mache die jetzige Modernisierungsmaßnahme absolut Sinn.

Das gilt etwa für die Tunnelbeleuchtung: Für die alten Natrium-Dampf-Lampen, deren markant gelbliches Licht jeder Autofahrer von diversen Durchfahrten kennt, gibt es kaum noch Ersatzteile oder Leuchtmittel. Deshalb werden diese nun gegen modernste LED-Technik ausgetauscht. Letztere ist energiesparender und deutlich langlebiger. Rund 1100 LED-Elemente werden addiert in beiden Fahrtrichtungen verbaut. Bei einem Stückpreis von 800 Euro kommt dabei schon ein erkleckliches Sümmchen zusammen.

Gesamtkosten liegen nach bisheriger Planung bei 9,8 Millionen Euro

Projektgruppenleiter Nikolai Weber von Straßen NRW zeigt eines der neuen Schachtbauwerke am Gelsenkirchener Autobahntunnel, durch das die Kabel und Leitungen gelegt werden.
Projektgruppenleiter Nikolai Weber von Straßen NRW zeigt eines der neuen Schachtbauwerke am Gelsenkirchener Autobahntunnel, durch das die Kabel und Leitungen gelegt werden. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann


Die geplanten Gesamtkosten für den Tunnelumbau liegen laut Weber – Stand heute – bei rund 9,8 Millionen Euro. „Unliebsame Überraschungen kommen aber fast immer.“ Deswegen sei diese Summe nicht mit absoluter Sicherheit die endgültige. Einen Löwenanteil der Investition verschlang der Neubau der Schachtbauwerke, der bereits in der ersten Bauphase abgeschlossen wurde. Durch sie werden addiert Hunderte Kilometer Leitungen und Kabel in den Tunnel geführt. Zudem entstand ein etwa 30 Meter breiter Leitungskanal der die Autobahn quert – das aber nicht im, sondern oberirdisch auf dem Tunnel. Hierüber soll dann die Technik für die Fahrspuren in Richtung Hannover versorgt werden.

Weiter geht es zum Betriebsgebäude: Dies steht ebenfalls auf dem Deckel. Und darin erfolgt mit Hilfe von Rechnern, Generatoren und Akkus die Steuerung, Überwachung und Versorgung des Tunnels. „Es arbeitet vollautomatisch und wird von unserer Tunnelleitzentrale in Hamm gesteuert und überwacht“, erklärt Weber. Fällt diese einmal aus (wie neulich nach einem Blitzeinschlag), verfügt Straßen.NRW über eine zweite Leitzentrale mit Sitz am Kreuz Kaiserberg in Duisburg. Sollte auch dort einmal die Technik streiken, kann das Betriebsgebäude aber auch individuell von einem Mitarbeiter vor Ort bedient werden.

Bauüberwacher achtet auch stets auf die Sicherheit der Arbeiter

Täglich 95.600 Fahrzeuge nutzen pro Tag nach der jüngsten Verkehrszählung des Landesbetriebs Straßen.NRW den A-2-Tunnel in Gelsenkirchen-Erle.
Täglich 95.600 Fahrzeuge nutzen pro Tag nach der jüngsten Verkehrszählung des Landesbetriebs Straßen.NRW den A-2-Tunnel in Gelsenkirchen-Erle. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann


Damit auf der Baustelle alles 100-prozentig nach Vorschrift läuft, ist mehrmals in der Woche Jürgen Wolf vor Ort. Der Essener (61) ist Tunnelexperte und fungiert bei diesem Projekt als Bauüberwacher. Er weiß genau, wo die Gefahren lauern: „Das Bauen in einem Tunnel unter fließendem Verkehr ist immer heikel.“ In der Spitze bis zu 30 Personen arbeiten auf der Baustelle – darunter Elektrofachkräfte, Bautechniker sowie Spezialisten aus dem Hochbau.

Momentan steht in der zweiten Bauphase die Demontage der alten Kabel, Beleuchtung, Messsensorik und Videotechnik im Fokus. Die neuen Videokameras sollen künftig selbstständig Hindernisse erkennen und entsprechend Alarm auslösen können: etwa wenn ein Stück verlorene Lkw-Ladung auf der Fahrbahn liegt, oder ein Mensch verbotenerweise durch den Tunnel läuft. Und um besser vor Rost zu schützen, wurden zudem alle zentralen Bauelemente für den Tunnelumbau aus hochwertigem Edelstahl gefertigt.


Die zweite Bauphase soll kurz vor Weihnachten 2020 abgeschlossen sein. In der dritten widmen sich die Arbeiter danach der Mittelwand des Tunnels. Und in der vierten (ab Mai 2021) werden nach Inbetriebnahme der kompletten neuen Technik alle provisorischen Übergangslösungen entfernt, die benötigt werden, weil der Tunnel ja auch bis dahin stets voll funktionstüchtig bleiben muss. „Läuft alles nach Plan“, verspricht Nikolai Weber, „sind wir hier im Dezember 2021 mit allem fertig“.

Daten und Fakten zum A-2-Tunnel

Es gibt insgesamt 63 Tunnel auf Autobahnen, Land- oder Bundesstraßen, für die Straßen.NRW verantwortlich ist. Laut Nikolai Weber sind 58 davon derzeit in Betrieb. Der Tunnel in Erle zählt mit seiner Länge von 320 Metern zu den kleineren.

Den Tunnel auf der A 2 in Erle nutzen laut der jüngsten Verkehrszählung pro Tag 95.600 Fahrzeuge, davon etwa 2700 Lkw.

In der Baustelle wird quasi rund um die Uhr gearbeitet. Ab 20 Uhr steht in beiden Fahrtrichtungen oft nur jeweils eine Fahrspur zur Verfügung, um im Tunnel besser arbeiten zu können. Dennoch komme es laut Weber bislang nicht zu mehr Staus. „Wegen der Corona-Pandemie ist derzeit noch zehn Prozent weniger Verkehr auf den Autobahnen unterwegs. Zudem gibt es derzeit keine Veranstaltungen in der Schalke-Arena.“ Das sorgt dafür, dass der Verkehr dort fast immer flüssig fließt.