Gelsenkirchen. Annika Boenigk war in New York, als die Twin Towers explodierten. Die Eltern der Gelsenkirchenerin konnten erst in der Nacht danach aufatmen.

Annika Mergehenn war 19 Jahre jung, als die Flugzeuge in die Twin Towers flogen und die Welt sich veränderte. Auch wenn sie selbst und ihre Familie von der Katastrophe nicht persönlich betroffen waren:: vorbei und vergessen ist das Drama für sie bis heute nicht. Als Au-pair war die Gelsenkirchenerin einen Monat zuvor nach New York übergesiedelt. Zum geplanten, touristischen Besuchsprogramm war sie bis zu jenem Morgen noch gar nicht gekommen. Die heutige Radio-Redakteurin hatte sich mit anderen Au-Pair-Mädchen aus Deutschland für Ende September verabredet, um sich gemeinsam die Twin Towers und andere Sehenswürdigkeiten in Manhattan anzuschauen. Ihre Gasteltern lebten 30 Autominuten vom Ground Zero entfernt.

Vom Angriff vom Gastvater erfahren

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Als am Morgen des 11. September 2001 das Telefon klingelte und ihr Gastvater meldete „Alles gut bei mir“, wusste sie gar nicht, was eigentlich nicht gut sein sollte. Die Schreckensnachrichten waren bei ihr noch gar nicht angekommen. Kurze Zeit danach kamen jedoch die Kinder vorzeitig aus der Schule. Mit ihnen verbrachte sie den Rest des Tages vor dem Fernseher und versuchte gleichzeitig, ihnen beim Verdauen der schlimmen Bilder zu helfen.

Telefonnetz ganztätig zusammengebrochen

Annika Boenigk – damals Mergehenn – war am 9. September 2001 erst kurze Zeit in New York, als die Flugzeuge in die Twin Towers flogen.
Annika Boenigk – damals Mergehenn – war am 9. September 2001 erst kurze Zeit in New York, als die Flugzeuge in die Twin Towers flogen. © Annika Boenigk | Annika Boenigk

Unterdessen versuchten Annikas Eltern in Gelsenkirchen vergeblich, die Tochter zu erreichen. 50 Anrufe besorgter Freunde und Familienmitglieder bekamen die Eltern an dem Tag, die selbst nicht wussten, wie es der Tochter geht. Das Telefonnetz rund um New York war zusammengebrochen, Annika nicht erreichbar.

„Wir sind jetzt im Krieg, hieß es plötzlich“

„Ich hab überhaupt nicht daran gedacht, dass diese Nachrichten auch in Deutschland so verbreitet werden. Erst am späten Abend, mitten in der Nacht in Deutschland, haben meine Eltern mich erreicht. Da wurde mir erst klar, was sie durchgemacht haben“, erinnert sich Annika, mittlerweile Annika Boenigk. „Die Stimmung war plötzlich eine ganz andere in New York, das starke Bedrohungsgefühl hat sich eingeprägt. Wir sind jetzt im Krieg, hieß es überall.“

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Auch nach ihrer Au-pair-Zeit war die heutige Redakteurin bei Radio Emscher-Lippe häufig in New York. Sie besuchte auch eine Gedenkveranstaltung am 11. September am Ground Zero elf Jahre nach dem Unglück, bei der – wie in jedem Jahr – die Namen aller 3000 Opfer verlesen wurden. „Die Stimmung dort werde ich nicht vergessen“, erinnert sie sich. Wegen der Pandemie und den damit verbundenen Einreisebeschränkungen ist seit ihrem letzten Besuch aber einige Zeit vergangen. Die Ereignisse des 9. September 2001 werden sie dennoch auch an diesem Samstag beschäftigten. [Lesen Sie auch: Frank Baranowski, langjähriger Oberbürgermeister Gelsenkirchens, erlebte die Anschläge vom 11. September 2001 in Washington. Seine Erinnerungen hat Baranowksi für die WAZ Gelsenkirchen aufgeschrieben.]