Oberhausen. Dass Geldautomaten gesprengt und Menschenleben gefährdet werden, wollen Polizei und Geldinstitute nicht hinnehmen. Wie sehen Gegenmaßnahmen aus?
Nach der nächtlichen Sprengung eines Geldautomaten der Deutschen Bank In der Nacht zu Mittwoch, 19. Januar, an der Schmachtendorfer Straße läuft die polizeiliche Ermittlung auf Hochtouren. Doch wie in bislang fast allen anderen Fällen dieser Art bedeutet der Angriff auf ein Geldinstitut für die Fahnder eine gewaltige Herausforderung.
„Zur Sprengung in Schmachtendorf gibt es mehrere Hinweise, denen weiter nachgegangen wird“, sagt Polizeisprecher Axel Deitermann. Immerhin hatten Zeugen die kriminelle Attacke in der Nacht zu Mittwoch, 19. Januar, beobachtet: Die Tatverdächtigen sind danach mit einem recht auffälligen silbernen Audi A6 geflohen. Axel Deitermann dämpft jedoch allzu große Erwartungen, was einen schnellen Fahndungserfolg angeht: „Es gibt keinen konkreten Hinweis auf die Täter.“
Derzeit könne die Polizei Oberhausen auch nicht sagen, ob eventuell eine reisende Bande aus den Niederlanden – wie teils in der Vergangenheit in NRW festzustellen – als Tätergruppe in Frage kommt. Die Höhe der Schmachtendorfer Geldbeute ist unbekannt. Auf Anfrage der Redaktion erklärte ein Sprecher der Deutschen Bank, dass das Geldinstitut darüber keine Informationen herausgebe.
2021 musste sich die Polizei in ganz NRW nach Angaben des Landeskriminalamtes um 151 Sprengattacken auf Geldautomaten kümmern – die zweitmeisten in der Kriminalgeschichte des Landes. Fast ein Drittel der Sprengattacken des ganzen Jahres wurden in den beiden letzten Monaten verübt.
Die Polizei setzt vor allem auf technische Sicherungskonzepte, um Sprengungen von Geldautomaten schon im Vorfeld zu verhindern oder deren zerstörerische Folgen zu minimieren – wie etwa so genannte Automaten-Cubes, die mit Stahlbeton ummantelt sind. Der Aufwand soll für die Täter so groß und das Risiko so hoch sein, dass sie es erst gar nicht versuchen.
„Angriffe frühzeitig erkennen“
Die Polizei empfiehlt zudem allen Geldinstituten, den Zugang zum Vorraum der Geldautomaten zu Nachtzeiten, beispielsweise von 23 bis 6 Uhr, zu sperren und den Vorraum zu überwachen. Hier sei eine spezielle Meldeanlage mit Überwachung der Türkontakte und Bewegungsmeldern samt Aufschaltung auf eine Alarmzentrale sinnvoll. Sofort nach Aufbruch der ersten Tür erfolge dann ein Alarm, der für eine schnelle Reaktion der Sicherheitskräfte sorge.
Ergänzend dazu könnten Banken Geräte installieren, die automatisch oder durch die Alarmzentrale Nebel auslösen. Per Kameras kann die Alarmzentrale das Geschehen im Blick halten. Eine weitere Möglichkeit sei der Einsatz von Einfärbe- oder Klebetechnik, so dass die erbeuteten Geldscheine für die Täter unbrauchbar sind.
Die Stadtsparkasse Oberhausen ist vor Ort Marktführer von Finanzdienstleistungen und betreibt mit 52 Geldautomaten die meisten Bargeld-Ausgabestellen im Stadtgebiet. Sie muss deshalb besonders befürchten, von brutalen Spreng-Banden ausgeraubt zu werden – und hat gehandelt. Spätestens mit der aufsehenerregenden Sprengung des frei stehenden Geldautomaten der Sparkasse am Centro unter der Nahverkehrs-Haltestelle „Neue Mitte“ im Sommer 2020 ist die Gefahr ganz nah herangerückt. Davor musste die Sparkasse vor elf Jahren eine Sprengung hinnehmen.
So sind nun überall Geldautomaten der Sparkasse außer Betrieb genommen worden, die außen angebracht waren und sich in der Nähe von Wohnhäusern befanden – zum Schutz der Bevölkerung. Zudem ließ die Sparkasse Vernebelungsgeräte montieren, schließt die Selbstbedienungsfoyers nachts ab und lässt diese mit Videokameras überwachen. Die Live-Aufnahmen werden aktuell nachts durch einen privaten Wachdienst von einer Leitwarte aus kontrolliert.
„In unsere Sicherheitsarchitektur haben wir zuletzt einen sechsstelligen Betrag investiert“, sagt Sparkassen-Vorstand Thomas Gäng. „Allein die laufenden Kosten für den Betrieb einer Leitwarte liegen jährlich in einem fünfstelligen Bereich. Ziel unserer Bemühungen ist, dass es erst gar keine Angriffe gibt und damit auch keine Gefahr für Menschen entsteht.“ Gäng hofft natürlich auf einen Fahndungserfolg der Polizei. „Es handelt sich immerhin um Schwerstkriminelle, die ohne Rücksicht auf Leib und Leben agieren.“
Bisher hat die Sparkasse allerdings noch keine mit Stahlbeton gesicherten „Cubes“ eingesetzt. Dies werde aber bei Neuinvestitionen geprüft. Ob die Bargeldmengen in den Geldautomaten mit der Verklebetechnik oder mit Farbpatronen gesichert sind, die im Fall einer Sprengung die Scheine unbenutzbar machen würden, will die Sparkasse nicht sagen – aus Sicherheitsgründen. Die Täter sollen nicht zu viele Informationen erhalten, um sich vorbereiten zu können. Aus diesem Grunde schweigt sich auch die Deutsche Bank über Schutzmaßnahmen aus: „Wir sagen dazu nichts.“
Polizeiexperte kann Tipps geben
Geldinstituten steht bei der Oberhausener Polizei ein technischer Berater im Kriminalkommissariat für Kriminalprävention und Opferschutz zur Verfügung.Dieser Fachmann kann nach einer Inspektion der jeweiligen Geldautomaten-Anlage wichtige Hinweise geben und ist unter 0208 826-4511 zu erreichen.