Oberhausen. Nun ist die Maske in den Geschäften nicht mehr gesetzlich verpflichtend. Einzelhändler und Kunden reagieren noch zurückhaltend.
Wie fühlt sich der Freedom Day an? Montagmittag in der Oberhausener Innenstadt lässt sich sagen: Wie immer, nur schlimmer. Aus den Geschäften eilen dieselben maskierten Kunden. Nur, dass es jetzt auch noch regnet. Hochgezogene Schultern, versteckte Gesichter unter Mützen und Schirmen. Bloß die Kinder haben Spaß. Aber für sie hat sich auch nicht viel geändert.
Der Sonntag hat eine Zeitenwende eingeläutet. Zumindest gemessen an der Bedeutung, die dem schmalen Stück Stoff in letzter Zeit von einigen Gruppen beigemessen wird. Manch einer sieht in der Maskenpflicht gar einen Eingriff in die Grundrechte: die Maske, ein Symbol der Unfreiheit.
Am Montag durften die Menschen auch in Oberhausen die neue Freiheit genießen. Wer wollte, durfte in Läden gehen, wie er das eigene Haus verlassen hatte. Die wenigsten machten allerdings davon Gebrauch. Sie trugen die Maske – aus Schutz vor dem Virus? Aus Angst? Oder aus Gewohnheit?
Kunde reagiert wütend aus Masken-Bitte
Im Sportgeschäft Wonsyld auf der Stöckmannstraße am Altmarkt überwiegt der Schutzgedanke. Denn die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei – offiziell liegt die Wocheninzidenz an Neuinfektionen in Oberhausen bei knapp 890. So appellieren an der Eingangstür gleich zwei Schilder an die Masken-Vernunft der Kundinnen und Kunden. Eines der Handelskammer und eines mit einem eindringlicheren Ton: „Einkauf bitte nur mit Maske – sicher ist sicher“. Wer will, kann im Geschäft kostenlos einen Mund- und Nasenschutz bekommen. Sicher ist sicher.
Der Inhaber des Geschäfts, Wolfgang Wonsyld, ist nicht vor Ort. Er hat Corona, sagt er am Telefon. Symptomfrei. Das Negativ-Beispiel einer Infektion wäre aber gar nicht nötig gewesen. Im Geschäft herrscht Einigkeit unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass die Maske aufbleibt. Auch gegen Widerstände. „Ein Kunde hat sich schon beschwert, dass er nicht mehr kommen würde“, sagte Hildegard Wonsyld, die ihren Mann vertritt. Eine Ausnahme. Wie lange das Geschäft an seinen Regeln festhalten will, ist offen.
Hohe Inzidenz in Oberhausen
Das Virus hält im politischen Tempo nicht Schritt. Das Robert-Koch-Institut ermittelte am Montag mehr als 41.000 Neuinfektionen. Zwar waren das 26.000 weniger als in der Woche zuvor. Allerdings beträgt die Sieben-Tage-Inzidenz bundesweit 1424,6. Mit exakt 887,5 liegt Oberhausen zwar deutlich niedriger, aber die Zahl der offiziell Infizierten im Stadtgebiet ist damit immer noch sehr hoch.
Im Blumenladen Floristeria auf der Langemarkstraße hingegen ist es der Kundschaft freigestellt, über ihr Schicksal zu entscheiden. Doch die Wahlmöglichkeit wollte bis Montagmittag niemand nutzen. Sicher ist sicher. Die Inhaberinnen Jana Stolz und Selina Marquardt sind aber froh, dass sich etwas tut am zehrenden Status quo: „Ich wünsche mir Normalität zurück“, sagt Jana Stolz. Die Sorge vor der Ansteckung sinke wegen der Impfung. „Man ist nicht mehr so ängstlich“,beobachtet Marquardt.
Politische Abrechnung vor Edeka
Ein Haus weiter dominiert die Wut auf die Gewohnheit. Im Spielzeugladen Lausberg müssen Kunden keine Maske mehr tragen. Und tun es größtenteils auch nicht, berichtete Geschäftsleiterin Uschi Lausberg. „Die Pandemie muss doch endlich mal ein Ende haben.“ Sie regt sich auf über Umfragen, die ihrer Ansicht nach die Angst schüren würden. „Die Leute sind verunsichert und verängstigt“, sagt sie. Sie wolle den Kunden wieder ins ganze Gesicht schauen können. Ein Lächeln sei mehr wert als nur ein Zwinkern der Augen.
Eigentlich ist die Maske nur ein medizinisches Produkt. Für manche ist sie allerdings mehr: ein Statement – oder gar ein persönlicher Angriff. Unmaskierte Menschen in der Fußgängerzone zu finden, die sich äußern wollen, fällt schwer. Und wenn sie sprechen, dann äußern sich diejenigen, die ihren Ärger loswerden wollen. „Blödsinn von ganz oben“, sei die Maske, wettert ein älterer Herr, der ohne Maske bei Edeka einkaufen war. Es wird kompliziert: Er trage die Maske innen und außen, wann und wo er will. Viermal sei er geimpft. Und er würde sich auch zehnmal impfen lassen. „Ich bestimme, sonst keiner. Das ist mein Körper.“ Nur: Glücklich und frei sieht auch er nicht aus.
Keine Maske im Unterricht
Auch in der Schule ist die Maskenpflicht entfallen. Schülerinnen und Schüler dürfen natürlich freiwillig eine Maske tragen. Verpflichtend ist der Mund-Nasenschutz weiterhin in Bussen und Bahnen, in medizinischen Einrichtungen, in Seniorenheimen oder Unterkünften für Geflüchtete. Restaurants und Cafés können jetzt wieder ohne Nachweis besucht werden. Bislang galt hier die 3G-Regel.