Oberhausen. Wer einen Reisepass beantragen möchte, bekommt in Oberhausen meist erst Ende September einen Termin. Kann Corona dafür immer noch ein Grund sein?

Der erste Nebenjob: ein aufregendes Kapitel im Leben. Nur wird Marco Tägls Sohn sein erstes selbst verdientes Gehalt erst einmal nicht auf den Kopf hauen können. „Der Filius wird jetzt unfreiwillig zum Supersparer“, sagt Tägl. Denn um ein Konto für ihn zu aktivieren, benötigt die Bank einen gültigen Ausweis. Dass der Reisepass des 15-Jährigen längst abgelaufen war, nimmt Marco Tägl auf seine Kappe. „Aber dann haben wir uns direkt gekümmert – mit der Erkenntnis, dass der fertige Ausweis wohl frühestens in einem Vierteljahr vorliegen wird.“

Denn wer einen Termin für einen Ausweis buchen möchte, bekommt – egal an welchem Standort des Bürgerservices – aktuell frühestens Ende September einen Termin angezeigt. Rechnet man die Bearbeitungszeit von vier bis sechs Wochen hinzu, kann Tägls Sohn wohl frühestens Ende Oktober mit einem neuen Pass rechnen. Bis dahin erlaubt die Bank zwar Überweisungen auf sein erstes eigenes Konto, Geld abheben oder selbst überweisen kann er aber nicht.

Oberhausener spricht von „nicht nachvollziehbaren Wartezeiten“

„Für einen 15-Jährigen mag das alles zu verschmerzen sein, weil die Eltern ja noch da sind“, sagt Marco Tägl. „Aber was wäre denn, wenn ich keinen Ausweis mehr hätte und keine Geschäftsreise mehr antreten, keine Rechtsgeschäfte oder Beurkundungen mit Ausweispflicht mehr vornehmen kann?“ Tägl findet, für eine „systemrelevante Dienstleistung“ wie die Beantragung eines neuen Ausweises dürfe es nicht so lange Wartezeiten geben. „Das ist nicht nachvollziehbar.“

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Natürlich musste sich auch der Bürgerservice aufgrund der Pandemie die vergangenen Monate stark umstellen. Allerdings ist inzwischen sogar Tanzen und Feiern bis zu einem gewissen Grad möglich – während man im Rathaus weiter eingeschränkt arbeitet. Ist das angesichts der weiterhin niedrigen Inzidenz in Oberhausen wirklich notwendig?

Stadt erklärt: Durch Corona-Richtlinien gibt es weiterhin Einschränkungen

Offenbar ja: „Nach wie vor gibt es Einschränkungen, die in der Coronaschutzverordnung sowie Arbeitsschutzrichtlinien festgelegt sind“, teilt Stadtsprecher Martin Berger auf Nachfrage mit. Die hier unter anderem geforderten Mindestabstände ließen aufgrund der Räumlichkeiten nur eine bestimmte Personenzahl im Wartebereich zu. Ähnlich äußerte sich die Stadt bereits vor einigen Wochen, als Bürgerinnen und Bürger gegenüber unserer Zeitung beklagten, wie schwer es sei, einen Termin für die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu bekommen.

„Die Verwaltung nutzt aber alle Möglichkeiten aus, um so viele Termine wie unter Berücksichtigung der zu beachtenden Vorgaben vertretbar, anzubieten“, sagt Berger. Derzeit würden in den drei Bürgerservice-Einrichtungen (Sterkrade, Alt-Oberhausen, Osterfeld) bis zu 500 Anliegen täglich abgearbeitet.

Kurzfristige Termine für Notfälle möglich

Freie Termine beim Bürgerservice können sowohl online unter tevis.krzn.de/tevisweb360 als als auch telefonisch unter 0208/825-2158, 0208/825-3232 oder 0208/825-8141 gebucht werden.Für Notfälle werden nach Angaben der Stadt auch kurzfristige Termine angeboten. Vielfach geschehe dies dann am gleichen oder am Folgetag. „Typisches Beispiel ist eine anstehende Reise und die Feststellung, dass die Ausweispapiere abgelaufen sind“, so Stadtsprecher Martin Berger. Die persönliche Situation könne unter einer der genannten Rufnummern geschildert werden.

Die Pandemie habe es in den vergangenen Monaten erforderlich gemacht, dass – zum Schutz der Kunden und Mitarbeitenden – feste Termine in vorgegebenen Intervallen vereinbart werden mussten. „Die zeitlichen Abstände werden regelmäßig geprüft und optimiert“, sagt Berger, der betont, dass sich die Online-Terminvergabe bewährt habe.

Zudem erklärt der Stadtsprecher: Gerade in den Sommermonaten seien die Termine beim Bürgerservice stark nachgefragt und schnell ausgebucht. Das Personal sei aufgestockt worden, um den Wartezeiten entgegenzuwirken. „Zusätzlich werden zum Beginn eines jeden Arbeitstages noch für den gleichen Tag zusätzliche Termine im System freigeschaltet“ (Infobox). Um diese kurzfristig freiwerdenden Termine zu erhalten, müssen Bürgerinnen und Bürger aber natürlich etwas Glück haben – und schnell sein.