Essen/Gelsenkirchen. Ein Mann aus Gelsenkirchen muss sich wegen Kindesmissbrauchs in Essen vor Gericht verantworten. Eine Schauspielerin hat ihn überführt.
Auf den ersten Blick sah Hanna aus wie ein kleines Mädchen. Sie saß angeblich in ihrem Kinderzimmer, hatte ihr Alter im Internetchat mit zwölf angegeben. Tatsächlich war sie jedoch schon 20, befand sich in einem Fernsehstudio und war Schauspielerin. Ihr ist es zu verdanken, dass ein Mann aus Gelsenkirchen nun vor Gericht steht. Der Vorwurf: Kindesmissbrauch.
Es war ein Experiment des Fernsehsenders RTL, das den 28-Jährigen überführt hat. Der Angeklagte hatte über verschiedene Internetplattformen immer wieder Kontakt zu kleinen Mädchen aufgenommen, anschließend kam es zu sexuellen Handlungen vor der Kamera. Dabei war er schließlich auch auf „Lockvogel Hanna“ gestoßen.
Fernseh-Experiment
Die 20-Jährige war in die Rolle eines Kindes geschlüpft. Damit sollte dokumentiert werden, wie schnell Kinder online zu Opfern von Sexualstraftätern werden können. Angeblich sollen bei ihr und zwei Kollegen innerhalb von drei Tagen über 500 sexualisierte Kontaktanfragen aufgelaufen seien.
Zum Prozessauftakt hat der Angeklagte die Vorwürfe am Montag umfassend gestanden, darunter auch direkte sexuelle Missbrauchstaten mit 13-Jährigen. Mit zwei Schülerinnen hat er nach eigenen Angaben sogar eine Beziehung geführt.
„Total abgedriftet“
„Ich bin damals total abgedriftet“, sagte er den Richtern. Er habe praktisch nur noch vor dem Computer gesessen. „Mein normales Leben fand eigentlich nur am Wochenende statt.“ Dann habe er seine Wohnung in Gelsenkirchen-Buer auch mal verlassen und Party gemacht.
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Die Vorwürfe gehen zurück bis Dezember 2014. Während er selbst immer älter wurde, blieben die Mädchen, mit denen er sich umgab und die er sexuell missbraucht hat, immer unter 14. „Ich weiß nicht, was mich damals geritten hat.“
Inzwischen sitzt der 28-Jährige in Untersuchungshaft. Bei einer Wohnungsdurchsuchung Anfang des Jahres waren auch zahlreiche kinderpornografische Bilder und Videos sichergestellt worden.
Songs verkauft
„Es war schon ungewöhnlich, in welcher hohen Frequenz er immer wieder Mädchen angeschrieben hat“, so der Ermittlungsleiter der Polizei bei seiner Zeugenvernehmung. Durch die umfassende Kooperation des Angeklagten seien jedoch weitere Ermittlungen möglich gewesen. Andere Verdächtige hätten gefunden werden können.
Sein Geld hat der Angeklagte übrigens mit dem Schreiben von Songs verdient. Nach eigenen Angaben will er bereits über 300 eigene Lieder über das Internet verkauft haben – für bis zu 500 Euro. An wen, das weiß er nicht. „Es könnte auch sein, dass ein Song von mir in den Charts gelandet ist.“
Der Prozess wird fortgesetzt.
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