Oberhausen. Hajo Sommers tritt als Kandidat für „Die Partei“ bei der Bundestagswahl an. Ein Gespräch über Bratwurst, Herbert Wehner und schlechte Plakate.
Hajo Sommers (62), Fußball-Präsident bei Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen (RWO), tritt im Kulturtempel Ebertbad ab - und möchte nach Berlin. Doch sind seine Ziele für die Satire-Partei "Die Partei" als Direktkandidat aus dem Wahlkreis Oberhausen/Dinslaken in den Bundestag einzuziehen realistisch -- angesichts von zehn Konkurrenten, darunter der zweimalige Wahlkreisgewinner Dirk Vöpel (SPD)? Ein Interview.
Hajo Sommers, wo haben Sie zuletzt abgeschrieben?
Sommers: Beim Abi! Mein kleines Latinum habe ich nur durch Abschreiben geschafft.
Jetzt macht der Sommers auch noch Politik. Haben Sie diesen Satz schon gehört?
Sommers: Nicht genau so. Aber ich meine das ernst, dahinter steckt ja eine Idee. Mich hat geärgert, dass die Partei in vielen Nachbarstädten in die Stadträte gekommen ist und in Oberhausen nicht einmal kandidiert hat. Weil sich hier offensichtlich noch weniger bewegt als in anderen Ruhrgebietsstädten.
Eine Schnapsidee?
Sommers: Nicht einmal eine Bieridee. Ich möchte gewinnen. Einige tausend Stimmen wären ein Achtungserfolg. Schlecht wird es, wenn mich nur meine Verlobte wählt.
Sie kandidieren für die Partei, wer steckt dahinter?
Sommers: Die Partei ist jung. Ich bin mit 20 Jahren Vorsprung wahrscheinlich der Älteste. Wir sprechen vor allem die an, die keinen Block auf die anderen haben. Also alle unter 28 Jahren.
In der alternativen Szene sind „alte weiße Männer“ eigentlich nicht so angesagt?
Sommers: Eigentlich bin ich ein Grund, mich nicht zu wählen. Die Damen und Herren in Dinslaken und Oberhausen waren aber der Meinung, es wäre eine gute Idee zu kandidieren. Ich habe in der Kulturszene immer junge Menschen um mich gehabt.
Aus welchem politischen Lager stammen Ihre Wähler?
Sommers: Ich werde der SPD Stimmen kosten. Wahrscheinlich auch den Grünen und den Linken. Der FDP eher weniger.
Haben Sie keine Angst, dass die Politik Sie als Typ verändert?
Sommers: Bei Rot-Weiß Oberhausen habe ich eher den Verein angepasst als umgekehrt. Ich bin alt genug, um zu wissen, was ich tue. Außerdem habe ich keine Sado-, sondern eine Maso-Abteilung in mir. Die findet das gut. Aber: Mein Vorbild ist schon Herbert Wehner.
Herbert Wehner hat sich gerne duelliert. Wer ist Ihr bevorzugter Sparring-Partner?
Sommers: Gerne mit den Grünen. Weil ich die inhaltlich vollkommen in Ordnung finden. Da gibt es aber zu viele Bildungsbürgerkinder. Es hapert an der Umsetzung. Es geht nicht, dass man einfach etwas verordnet. Mit der AfD fetze ich mich nicht. Da kommt man auf ein Niveau, bei dem ich zwar wegen meiner Aussprache gewinne, aber aus dem ehrenwerten Bundestag dauernd rausgehen müsste.
Was hat Hajo Sommers für Wahlziele?
Sommers: Nicht blind einfach so für jeden deutschen Auslandseinsatz zu stimmen. Umweltpolitik für die Umwelt und nicht für die Wirtschaft machen.
Die Partei überschreitet mit Wahlplakaten bewusst Grenzen des guten Geschmacks. Da steht groß: „SUV anzünden“ Und in kleiner Schrift darunter: „Ist eine Straftat“. Finden Sie die alle in Ordnung?
Sommers: Nein. Die meisten finde ich witzig, aber eins, zwei gefallen mir gar nicht. Die sind mir zu platt.
Hat sich Parteichef Martin Sonneborn eigentlich bei Ihnen gemeldet?
Sommers: Ich habe zwei Mal mit ihm telefoniert. Er hat mir gratuliert.
Wie lief der Wahlkampf?
Sommers: Ich war in Oberhausen auf der Marktstraße und in Sterkrade unterwegs. Die erste Frage, die ich gestellt bekommen habe, war, warum die Bratwurst im Stadion nicht mehr von der Fleischerei Bischoff kommt.
Ihre Antwort?
Sommers: Dass die Neue trotzdem die Beste ist - und ein Spießbratenbrötchen hinzugekommen ist. Das fand der Fragesteller auch gut. Also haben wir uns darauf verständigt, dass die Wurst jetzt eben neu ist und es zusätzlich ein Spießbratenbrötchen gibt. So geht Politik.
Vieles in Oberhausen ist aber nicht ganz so witzig.
Sommers: Größte Baustelle ist das konzeptlose Planen. Wir haben ja ein Gewächshaus auf dem Jobcenter. Warum baut man da nichts an, womit man Geld verdienen kann? Da bleibt nur Hanf übrig, weil man sich damit, für medizinische Zwecke, dumm und dämlich verdienen kann. Tomaten machen keinen Sinn.
Und weiter?
Sommers: Vielleicht hätte die Stadt auf der Marktstraße früher Immobilien kaufen müssen, nicht um sie zu besitzen, sondern um sie zu entwickeln. Weil wir uns dann selber die Miete zahlen und nicht irgendwelchen Immobilienfonds. Und: Muss man Stricken in der Volkshochschule fördern? Warum werden Stadttheaterkarten subventioniert? Und dabei meine ich nicht das Kinder- und Jugendtheater.
Klingt nach Kommunalpolitik. Treten Sie nicht zur falschen Wahl an?
Sommers: Im Prinzip ja. Ich möchte aber aus Berlin Einfluss nehmen. Auf diese Kommune und auch die in Dinslaken. Es geht um Fördermittel für feine Ideen.
Sie treten ausgerechnet für eine Spaß- und Satire-Partei an. Ist Politik in Zeiten von Verdruss nicht zu wichtig, um sich darüber lustig zu machen?
Sommers: Es wird schwerer, sich darüber lustig machen, weil die etablierten Parteien kaum zu toppen sind. Sie meinen es aber ernst. Die Partei-Kollegen in Dinslaken nehmen ihre Aufgabe im Stadtrat sehr ernst - und das würde ich in Berlin auch so machen. Ich würde gerne in den Kultur-Ausschuss gehen. Da kenne ich mich aus. Viele wissen gar nicht, wie hoch die Förderung für die freie Kulturszene ist. Das ist lächerlich bis ganz lächerlich.
Wie verbringen Sie den Wahlabend?
Sommers: Wir organisieren eine Wahlparty im Ebertbad. Dafür haben wir gespart. Und darum hat unser Wahlkampf auch nur 500 Euro gekostet. Es gilt die 3G-H-Regel. H, weil du nachweisen musst, dass du mich gewählt hast.
Haben andere Parteien eigentlich irgendwann einmal bei Ihnen angefragt?
Sommers: Nein.
Was hätten Sie gesagt?
Sommers: Nein. Aber mich haben auch weder Rotarier noch Lions gefragt, ob ich bei ihnen mitmache.
Warum?
Sommers: Wahrscheinlich, weil sie Angst haben.
Dass Sie ja sagen oder nein?
Sommers: Vermutlich ja.