Gelsenkirchen. Die CDU verliert in Gelsenkirchen nicht so stark wie im Bund. Kandidatin Rosen ist zufrieden - und dankt ihren Eltern in einer emotionalen Rede.
Erst nachdem die ersten, für die CDU ernüchternden Bundesprognosen eingetroffen sind, begrüßt Direktkandidatin Laura Rosen im blauen Jumpsuit ihre Gäste im vierten Stock des Hans-Sachs-Hauses. Etwaige Unzufriedenheit über das Ergebnis ist kleiner als der Druck des Wahlkampfes, der von der 27-Jährigen abfällt. „Danke, dass ihr den Mut hattet, eine junge Frau aufzustellen“, sagt Rosen zu ihrem Kreisverband – und wendet sich, mit Tränen in den Augen, an ihre Eltern hinten im Saal: „Ich weiß, ihr seid nicht so politisch, aber danke, dass ihr mich als Nervenbündel ertragen habt die letzten Wochen, dass ihr mich aufgefangen habt, wenn ich einen heftigen Tag hatte.“
CDU-Chef Sascha Kurth: „Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht“
Es ist im Kreise der Union der emotionalste Moment an diesem Abend. Als die Stimmwahlbezirke aus Gelsenkirchen zusehends ausgezählt werden und klar wird, dass Laura Rosen in der Stadt über 20 Prozentpunkte hinter ihrem SPD-Herausforderer Markus Töns liegt, wirkt die CDU-Kandidatin zusehends abgebrühter - und analysiert nüchtern: „In Gelsenkirchen sind wir natürlich immer etwas unter dem Bundestrend, das war schon immer so. Wir haben hier bei den Zweitstimmen aber nur rund 3 Prozent verloren - also deutlich weniger als im Vergleich zum Bund." Und das, ergänzt Parteichef Sascha Kurth, sei der Fall, obwohl mit Laura Rosen jemand aufgestellt wurde, der eben nicht „bekannt wie ein bunter Hund so wie Oliver Wittke“ sei. „Das zeigt doch, dass wir und Laura einen guten Wahlkampf gemacht haben.“
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Oli Wittke selbst ist natürlich auch vor Ort. Gelsenkirchens Ex-Oberbürgermeister trat vor vier Jahren sein letztes Mal als CDU-Direktkandidat in Gelsenkirchen an und holte 25,4 der Erststimmen. Dass die CDU mit diesem Wert rund 6 Prozentpunkt besser da stand, als sie es jetzt an diesem Abend tut, gehe sicher nicht auf seine Person zurück, meint Wittke. „Das wäre doch vermessen.“ Es sei eben der Bundestrend, der sich auch in Gelsenkirchen niederschlage.
Verantwortlich für den sei aber keiner direkt. „Armin Laschet war ein guter Kandidat, der NRW hervorragend regiert. Klar ist aber auch: Die CDU hat jeden vierten Wähler verloren.“ Nach 16 Jahren Regierungsverantwortung sei das nicht ungewöhnlich. „Dennoch brauchen wir jetzt einen personellen Neuanfang und eine inhaltliche Erneuerung.“
CDU-Anhänger: „Jamaika ist die einzige Chance, die uns bleibt“
Wie soll das gelingen? Nach Ansicht vieler der anwesenden CDU-Sympathisanten nicht unbedingt in der Opposition. Hier hoffen mehrere darauf, dass die Union auch als zweitstärkste Kraft eine Regierung anführen wird und eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen bilden kann. „Das ist die einzige Chance, die uns bei diesem ernüchternden Wahlergebnis bleibt“, sagt etwa CDU-Ratsherr Guido Tann. „Aber ob die Grünen das mitspielen, wo sie soviel von Erneuerung gesprochen haben, ist eine andere Frage.“
Auch Oliver Wittke outet sich als Fan von einem Jamaika-Bündnis, „einer Reform-Koalition“, wie er es nennt. „Aber mir fehlt die Vorstellungskraft, dass die FDP darauf bestehen wird. Nach diesem Abend muss man deswegen womöglich sagen: Wer FDP gewählt hat, hat Olaf Scholz zum Bundeskanzler gewählt.“
Die nächste Koalition: Noch Zukunftsmusik. Viel drängender für die CDU Gelsenkirchen ist dagegen die Frage, ob Laura Rosen es in den Bundestag schafft oder nicht. Klar, als Direktkandidatin ist die Schalkerin raus. Aber noch ist an diesem Abend fraglich, wie weit die Landesliste der CDU zieht. Eine Antwort wird erst spät in der Nacht erwartet. „Die anderen sagen ja, dass ich wach bleiben sollte, bis das feststeht“, sagt Rosen. „Aber ich glaube, ich lege mich vorher schon hin.“