Mülheim. Es sollte das ersten gemeinsame Bühnenstück von Vier.Ruhr in Mülheim werden. Wegen Corona haben die beteiligten Künstlerkollektive umgeplant.
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Die Theaterallianz Vier.Ruhr gibt es seit Sommer 2019. Theater an der Ruhr, Ringlokschuppen und das „Stücke“-Festivalteam wollen zusammen neue künstlerische Wege beschreiten. „Die Eröffnung der Vier.Zentrale in der Innenstadt oder das digitale „Dekameron“-Projekt waren erste gemeinsame Schritte“, sagt Anna Bründl, Dramaturgin beim Viererbündnis. Am kommenden Freitag, 9. April, sollte nun die erste gemeinsame Bühnenproduktion Premiere haben. Doch daraus wird leider nichts.
Probenprozess dauerte ein Jahr an
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Das Kainkollektiv, Hausgruppe am Ringlokschuppen, das Collective M’alouba (Resident im Theater an der Ruhr) sowie das Boat People Projekt (Göttingen) wollten eigentlich Theater auf der Bühne zeigen, doch in einem Probenprozess, der über ein Jahr andauerte, änderte man das Konzept immer wieder – in Abhängigkeit von der aktuellen Pandemie-Situation. „Wir haben bestimmt sechs oder sieben Konzeptionen auf dem Tisch gehabt, von der begehbaren Installation bis zum Radio-Hörspiel. Am Ende sind wir doch wieder im Bühnenraum gelandet, haben dort aber einen Film produziert, der viel mehr ist als ein abgefilmtes Theaterstück“, erläutert Fabian Lettow, der zusammen mit Mirjam Schmuck Regie führte.
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Entstanden ist – mit Unterstützung von Filmkünstlern – eine „mehrstimmige Streaming-Performance“ in arabischer, englischer und deutscher Sprache. Sie wird Freitag, 9. April, um 20 Uhr kostenlos zu sehen sein auf dem offiziellen Youtube-Kanal von Vier.Ruhr. Für jede Sprache wird eine passende Untertitelung zur Verfügung gestellt. Das Geschehen spielt sich auf einer weiten Bühne ab: Ein Schriftsteller, ein Komponist, ein Maler und ein Erzähler gruppieren sich um ein Orakel, dem sie alle gemeinsam dienen. Drei Reisende erscheinen, sie sind mit ihren eigenen Anliegen beschäftigt und kommen aus ihrer ganz persönlichen Isolation. Kann das Orakel ihnen helfen? Kann es Antworten auf ihre Fragen geben? Und wird es ihnen zeigen, wer sie wirklich sind?
Überdosis an Realitätseindrücken
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„Das Stück spielt im leeren Raum, aber es ist richtig poetisch. Es gibt Szenen, Texte, Musik, ganz persönliche Statements, auch Kostüme – aber zwischendurch auch Interviews, die die eigene Situation als Schauspieler in der Zeit der Pandemie thematisieren. „Die Theater produzieren momentan ohne Ende Stücke und streamen sie – so, als ob alles normal sei. Nur ohne Zuschauer und im Internet. Wir aber finden, es fehlt etwas, einige ganz vitale Elemente des Theaters sind nicht vorhanden – etwa das Publikum. Und wir wollen diese Leere auch genauer betrachten“, so der Regisseur.
„Overdose - the unfinished show of pain and joy“ lautet der Titel der Performance. Das „unfinished“ wurde nachträglich eingefügt, denn: „Wir befinden uns mitten in einer Lebenssituation, deren Ende noch offen ist“, sagt Fabian Lettow. „Overdose“ (Überdosis) beziehe sich auf ein Spannungsfeld: „Wir spielen in einem leeren Theater und draußen gibt es gerade eine Überdosis an Realitätseindrücken, an Informationen, an Ungewissheit.“ Man spiele darüber hinaus auch an „auf den überentwickelten Kapitalismus, auf die durchglobalisierte Welt, in denen ein Virus mal eben blitzschnell um den Globus wandern kann“.
Der Zugang zum Youtubekanal ist über die Website von Ringlokschuppen oder von vier.ruhr möglich