Corona-Shutdown, zum Zweiten: Auch Obdachlose und Bedürftige in Gelsenkirchen leiden. Wie der Verein „Warm durch die Nacht“ an ihrer Seite steht.

Es ist der zweite Shutdown, den sie und all ihre Gäste erleben. Wieder einmal alles zurück auf Null. Wieder einmal neu denken, neu überlegen – und auf schon für gut Befundenes zurückgreifen: Wie „Gelsenkirchen packt an! – Warm durch die Nacht“, der Verein, dessen Mitglieder sich um all die kümmern, die so häufig gar keine Stimme mehr haben, mit der neuen, irgendwie doch bekannten Corona-Situation umgeht.

Shutdown: „Warm durch die Nacht“ an der Seite der Gelsenkirchener Obdachlosen

„Es ist alles nicht einfach“, sagt Petra Bec, Vorsitzende von Warm durch die Nacht am dritten Tag des Shutdowns. Viele Dinge, die bedacht werden müssen, viele Situationen, die durchgespielt werden müssen. Und doch: Es gibt auch vieles, was sie im Frühjahrs-Shutdown gelernt haben. Das hilft, nicht nur im Alltag, vor allem bei der Versorgung der Gäste.

„Wir sind seit dieser Woche wieder dabei, Care Pakete zu verteilen“, berichtet Petra Bec. Das war auch schon im März und April so. Dann, irgendwann, gab es für die Menschen ohne Dach über dem Kopf wieder ein warmes Essen, konnten die Gäste wieder bekocht werden. Die steigenden Corona-Zahlen machten das zunichte – und vieles andere auch.

Ausgabe der Care-Pakete ist in Corona-Zeiten optimiert

Nun ist die Essensausgabe auf dem Bahnhofsvorplatz in der Innenstadt optimiert, „um die Verweildauer zu verkürzen“, so Bec. In 15 Minuten teilt das „Warm durch die Nacht“-Team nun 100 Tüten mit Essbarem aus. Zuwendung, so wie sonst, läuft dieser Tage leider anders – „es gibt so viele Dinge, die im Moment einfach nicht gehen“, erläutert die Vereinsvorsitzende. Das fängt an beim längeren persönlichen Gespräch – und endet bei der liebevollen Umarmung, beim körperlichen Kontakt. Alles nicht möglich, schon wieder.

Und wie nehmen das all die Menschen auf, für die der Verein doch schon seit Jahren eine immense Stütze ist? „Unsere Gäste sind sehr verunsichert aufgrund der Lage, fragen: Wo soll ich denn hin? Was soll mit mir passieren? Sie gehen aber auch so vorbildlich mit der Situation um“, berichtet Bec. Um hinzuzufügen: „Sie sind aber auch sehr dankbar, dass wir noch da sind.“ Dann, so berichtet sie, sagen die Ehrenamtler immer: „So lange keiner kommt und es uns verbietet, sind wir für euch da.“

Obdachlose tauchen nirgendwo auf, in keiner Verfügung oder Verordnung

Und so soll es auch bleiben, definitiv, Corona hin, Covid her. Denn es ist ja so: „Obdachlose tauchen nirgendwo auf, in keiner Verfügung oder Verordnung. Es gibt überall Regelungen, bei den Obdachlosen aber nicht“, weiß Petra Bec. Bislang gab es noch keinen bekannten Corona-Fall unter den Bedürftigen. Doch es könnte jederzeit so weit sein. Mit der Stadt steht der Verein in ständigem Kontakt, auch hier gibt es Unterstützung, Hilfe.

Die fällt nun, in Zeiten von leeren Innenstädten, auf andere Weise nahezu völlig weg: Es sind wieder weniger Menschen in der Stadt unterwegs, „da kommt dann keiner, der mal eben ein Brötchen für unsere Gäste kauft“, so Bec. Oder seine Pfandflasche in den Mülleimer gibt. Oder mal einen warmen Kaffee spendiert. Wichtig ist den Mitstreitern von Warm durch die Nacht dabei vor allem eins: dass die Menschen trotzdem die Augen offen halten. Und zum Beispiel einfach mal einen Mund-Nasen-Schutz verteilen und spenden. Oder eben ein wärmendes Getränk.

Eine Weihnachtsfeier soll es in diesem Jahr nicht geben

Corona macht vieles schwierig, einiges nicht leicht. Trotzdem macht der Verein weiter – und plant, auch wenn es ungewiss ist. Das große Sommerfest fiel schon hinten rüber, eine Weihnachtsfeier, wie in all den Jahren zuvor, soll es ebenfalls nicht geben. Der 26. Dezember, der Tag, an dem sonst immer gefeiert wurde, soll trotzdem besonders werden. Wenn auch anders. Petra Bec und ihre Helfer planen, Weihnachtspakete zu verteilen. Und ein „schönes, lecker warmes“ Essen to go anzubieten. Geschenke soll es auch geben: Jeder der möchte, kann einen Gutschein für den Discounter Netto spenden.

Es gibt noch viele ungeklärte Fragen, auch nach so vielen Monaten Leben in der Pandemie. Petra Bec und ihre Mitstreiter bleiben positiv, und wenn das nicht reicht: pragmatisch. „Man muss sich auf das Jetzt konzentrieren. Wir werden immer alles Mögliche in Bewegung setzen“, verspricht die Vereinsvorsitzende.