Mülheim. Die gefragte Tanzkompanie Cocoon Dance hat ihr neues Stück im Ringlokschuppen als Deutschlandpremiere gezeigt. Das Publikum feierte die Tänzer.

Schemenhaft sind sie zunächst zu sehen - die sechs Wesen mit ihren zitternden Beinen, die sich anschicken, zwei völlig konträre Bewegungskulturen zu erkunden. „Hybridity“, die neue Produktion der viel gefeierten Bonner Kompanie Cocoon Dance, ergründet die Körpertechniken des klassischen Balletts und des Thai-Boxens – und verschmilzt deren Elemente zu etwas Neuem. Bei der Deutschlandpremiere im Ringlokschuppen faszinierte die sinnliche und spannungsreiche Arbeit das Publikum.

Bewegungsvokabular identifiziert

Spitzentanz trifft Faustschlag. Die Tänzer rund um Choreographin Rafale Giovanola und Dramaturg Rainald Endraß haben sorgfältig recherchiert, das Bewegungsvokabular des romantischen Balletts und der asiatischen Kampfsportart identifiziert und einzelne Vokabeln isoliert. Sie haben dabei auch auf die Unterstützung von externen Coaches, der Ballettexpertin Isabelle Fokine und dem Thaibox-Weltmeister Priest Tyron West, gesetzt. Aus den einzelnen „Bauteilen“ ist in Ensemble- und Improvisationsarbeit eine außergewöhnliche Choreographie entstanden, die auch tradierte Körperbilder (männlich-martialisch und weiblich-feenhaft) auflöst und zusammenführt.

Die Tänzer bewegten sich beim Auftritt im Mülheimer Ringlokschuppen zu elektroakustischen Musik.
Die Tänzer bewegten sich beim Auftritt im Mülheimer Ringlokschuppen zu elektroakustischen Musik. © Unbekannt | Foto: Klaus Fröhlich


In einer Sechsergruppe bewegen sich die Tänzer durch den Raum. Sind es zunächst nur ihre Beine, die mit zunehmender Dynamik auf Elemente des Balletts oder Muay Thai verweisen, so wird die Bewegungssprache mit der Zeit immer komplexer, der Rhythmus rasender. Die Tänzer sind „auf der Suche nach dem ungedachten Körper“, einem hybriden Wesen zwischen Mensch und Maschine, das Gegensätze vereint - das Trippeln des Boxers mit dem Federn der Ballerina, die grazilen Drehungen, Sprünge und Gesten der Balletttänzer mit der geschickten Hand- und Fußarbeit der Kampfkunst-Krieger. Die isolierten Moves variieren und kombinieren die Tänzer dabei immer wieder anders.

Körperlicher Kraftakt für die Tänzer

Zur elektroakustischen Musik (beziehungsweise Tönen und Geräuschen) von Frank Mento (nach Motiven einer Komposition von Jörg Ritzenhoff), in der mal das Filigrane und Liebliche, mal das Treibende und Martialische durchklingen, präsentiert die Kompanie geistreich entwickeltes und energiegeladenes Tanztheater, das neue Denkweisen und Definitionen anbieten will, künstlerisch anspruchsvoll und auch ein äußerst bewundernswerter körperlicher Kraftakt ist.


„Hybridity“ folgt als Teil 3 auf die Erfolgsstücke „Momentum“ und „Vis Motrix“. Am 7. November zeigt Cocoon Dance eine weitere Produktion im Ringlokschuppen: „Body Shot“.